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Nach dem Frühstück nahm ich ihn beiseite und fragte ihn, ob es nicht möglich wäre, jemanden hinter dem Mädchen herzuschicken und es wieder zurück nach Hause zu holen. Ich dachte dabei natürlich noch immer an die Möglichkeit, daß noch Masai in der Gegend waren. Und wenn Flossie in deren Hände geraten sollte, dann wäre das sicherlich nicht ungefährlich.

»Ich fürchte, das hätte keinen Zweck«, sagte er. »Inzwischen kann sie schon fünfzehn Meilen entfernt von hier sein, und es ist unmöglich zu sagen, welchen Weg sie genommen hat. Dort hinten sind die Hügel.« Er deutete auf eine lange Hügelkette, die sich beinahe parallel zum Verlauf des Tanaflusses hinzog und in der Ferne allmählich in eine mit dichtem Buschwerk bewachsene Ebene überging.

Ich schlug vor, auf den großen Baum im Innenhof zu klettern und die Umgebung mit dem Fernglas abzusuchen. Mr. Mackenzie gab noch schnell ein paar seiner Leute Anweisung, Flossies Fährte zu folgen, und dann stiegen wir auf den Baum. Der Aufstieg war trotz der beidseitig befestigten, soliden Strickleiter eine nicht ganz einfach zu bewältigende Aufgabe, zumindest für eine Landratte. Good hingegen kletterte so behende hinauf, als hätte er nie in seinem Leben etwas anderes gemacht.

Als wir die Höhe erreichten, auf der die ersten farnförmigen Äste aus dem Stamm kamen, stiegen wir ohne jede Schwierigkeit auf eine Plattform aus Brettern, die quer über mehrere Äste genagelt waren. Die Plattform bot Platz für mindestens ein Dutzend Leute. Die Aussicht, die sich uns von hier oben bot, war überwältigend. Meilenweit, soweit das Fernglas reichte, wogte der Busch in alle Richtungen wie ein grünes Meer, nur hie und da unterbrochen durch das hellere Grün bebauter Flächen oder durch die glitzernde Oberfläche eines Sees. Im Nordwesten erhob der Mount Kenia sein mächtiges Haupt, und wir konnten fast von seinem Fuße aus den Lauf des Tana verfolgen, der sich wie eine silbern glänzende Schlange durch das Meer von Grün wand, bis er, weit außerhalb unserer Sichtweite, in den Ozean mündete. Es ist ein herrliches Land, und es bedarf nur der Hand des zivilisierten Menschen, um zu einem höchst produktiven zu werden.

Aber soviel wir auch schauten, von Flossie und ihrem weißen Esel war nichts zu sehen, so daß wir schließlich enttäuscht wieder hinunterkletterten. Als ich auf die Veranda kam, traf ich Umslopogaas an, der dort saß und mit langsamen Bewegungen seine Axt schärfte. Er tat dies mit dem kleinen Wetzstein, den er ständig bei sich trug.

»Was tust du, Umslopogaas?« fragte ich ihn.

»Ich rieche Blut«, lautete seine Antwort. Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen.

Nach dem Mittagessen stiegen wir wieder auf den Baum und suchten die Umgebung mit einem Fernglas ab, aber auch diesmal ohne Erfolg. Als wir wieder unten waren, war Umslopogaas noch immer damit beschäftigt, Inkosi-kaas zu schärfen, obwohl sie schon eine Klinge wie ein Rasiermesser hatte. Vor ihm stand Alphonse und beäugte ihn mit einer Mischung aus Furcht und Faszination. Umslopogaas bot in der Tat einen furchterregenden Anblick: Er hockte da, in der Manier der Zulus, die Beine über Kreuz, schaute mit drohenden Augen aus seinem wilden und dennoch intelligenten Gesicht und schärfte ohne Unterlaß seine mörderische Axt.

»Oh, das Ungeheuer, der schrecklichste Mann!« rief der kleine französische Koch, wobei er in höchster Verwunderung die Arme hob. »Sehen Sie nur das Loch in seinem Kopf! Die 'aut darauf schägt auf und ab wie die von eine kleine Bebe! Aber wer würde schon so eine Bebe auf den Schoß nehmen?« Bei diesem Gedanken fing er laut prustend an zu lachen.

Umslopogaas schaute von seiner Beschäftigung auf, und ein drohender Glanz trat in seine Augen.

»Was sagt die kleine >Büffelkuh<?« (Umslopogaas hatte ihm diesen Namen gegeben wegen seines Schnauzbartes und seines weibisch anmutenden Gehabes.) »Er soll sich vorsehen, sonst stutze ich ihm seine Hörner. Hüte dich, kleiner Affe, hüte dich!«

Zu seinem Unglück jedoch lachte Alphonse, der inzwischen seine Furcht überwunden zu haben schien, immer lauter über »ce drole d'un monsieur noir«. Gerade wollte ich ihm die Warnung zurufen, daß er besser damit aufhören solle, als plötzlich der riesige Zulu mit einem gewaltigen Satz von der Veranda sprang und vor Alphonse landete. In seinen Augen leuchtete eine Art bösartiger Begeisterung. Er begann, seine Axt im Kreise dicht über dem Kopf des Franzosen wirbeln zu lassen.

»Bewegen Sie sich nicht!« rief ich. »Bleiben Sie ganz still stehen, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist. Er wird Ihnen nichts tun.« Ich bezweifle, daß Alphonse mich überhaupt hörte. Zu seinem Glück schien der Schreck ihn fast versteinert zu haben, so daß er sich auch ohne meine Warnung nicht vom Fleck rührte.

Was dann folgte, war die außergewöhnlichste Darbietung mit dem Schwert, oder besser, mit der Axt, die ich jemals gesehen habe. Zuerst kreiste die Axt über Alphonses Kopf, mit einem scharfen Pfeifton und einer so immensen Geschwindigkeit, daß die Schneide aussah wie ein durchgehendes Band aus blitzendem Stahl. Der wirbelnde Kreis kam immer näher an den Kopf des unglückseligen Alphonse, bis er schließlich wie eine Sense durch den Haarschopf des Kochs fuhr. Plötzlich änderte der singende Kreis seine Richtung, und nun flog die Schneide buchstäblich am Körper des Franzosen entlang, immer auf und ab, nie mehr als ein Achtelzoll von den Gliedmaßen entfernt, ohne sie jedoch auch nur zu streifen. Es war ein faszinierender Anblick: Der kleine Mann, dem offenbar klar geworden war, daß er sich nicht bewegen durfte, ohne einen raschen Tod zu riskieren, stand zur Salzsäure erstarrt da, während sein schwarzer Peiniger sich drohend über ihm erhoben hatte und ihn mit den stählernen Blitzen seiner Axt gleichsam einwickelte. Dies ging so länger als eine Minute, bis ich plötzlich das pfeifende Ungeheuer seitlich am Kopf des Franzosen vorbeihuschen sah. Es folgte ein bogenförmiger Schwung nach außen, und dann blieb die Schneide abrupt hoch erhoben in der Luft stehen. Ein schwarzes, buschiges Etwas fiel im selben Moment zu Boden; es war eine der hochgezwirbelten Bartspitzen des kleinen Franzosen.

Umslopogaas lehnte sich auf den Stiel von Inkosi-kaas und brach in ein langanhaltendes, dröhnendes Lachen aus. Alphonse sank, überwältigt und ermattet vor Furcht, auf die Knie, während wir wie gebannt dastanden, noch immer gefangen in atemloser Faszination über diese Lehrstunde nahezu übermenschlicher Meisterschaft in der Handhabung einer Waffe. »Inkosi-kaas ist scharf genug!« rief Umslopogaas. »Der Hieb, der der Büffelkuh das eine Horn abschnitt, hätte ausgereicht, den Schädel eines Mannes vom Scheitel bis zum Kinn zu spalten. Nur wenige hätten ihn so führen können wie ich; und keiner hätte ihn außer mir so führen können, daß er nicht auch die Schulter mit abgehackt hätte. Sieh her, du kleines Kalb! Glaubst du noch immer, daß man ungestraft über mich lachen kann? Nur um Haaresbreite bist du dem Tode entronnen. Lache nicht noch einmal, sonst wird diese Haaresbreite schwinden! Ich habe gesprochen!«

»Was soll diese Narretei?« rief ich Umslopogaas empört zu. »Bist du verrückt geworden? Zwanzigmal warst du nahe daran, den Mann zu töten!«

»Und doch habe ich ihn nicht getötet, Macumazahn. Dreimal erschien in mir, als Inkosi-kaas noch über ihm kreiste, das Begehren, ihm ein Ende zu bereiten und sie ihm mit lautem Krachen durch den Schädel fahren zu lassen. Und doch tat ich es nicht. Nein, es war nur ein Scherz. Aber sag der >Kuh<, daß es nicht gut ist, einen wie mich zu verspotten. Und nun gehe ich mir einen Schild machen, Macumazahn, denn ich rieche Blut; fürwahr, ich rieche Blut. Hast du nie gesehen, wenn vor der Schlacht plötzlich die Geier am Himmel erscheinen? Sie riechen das Blut, Macumazahn, und meine Nase ist feiner als ihre. Dort hinten ist eine getrocknete Ochsenhaut; daraus werde ich mir einen Schild machen.«

»Da haben Sie aber einen ungemütlichen Gefolgsmann bei sich«, sagte Mr. Mackenzie, der Zeuge dieser außergewöhnlichen Szene gewesen war. »Er hat Alphonse zu Tode erschreckt; schauen Sie doch nur!« Er machte eine Geste in die Richtung des kleinen Franzosen, der sich wieder aufgerappelt hatte und mit kalkweißem Gesicht und zitternden Knien ins Haus wankte. »Ich glaube kaum, daß er noch einmal seine Späße mit >le monsieur noir< treiben wird.«