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Weiawala schob ihren Arm unter den seinen. Salaman spürte die Hitze ihres Schenkels auf seinem Fell. Dann streifte ihn ihr Sensororgan sanft.

Nein, sie will nicht kopulieren, dachte er. Sie will tvinnern.

Salaman war davon nicht begeistert. Aber schließlich konnte er es ihr kaum verweigern.

Tvinnern war bislang das schwächste Glied in ihrer Verbindung gewesen. Weiawala war eine großartige Kopulationspartnerin, aber lausig im Tvinnr, so einfältig war ihre Seele. Da war nichts, keine Fülle, keine Weite. Wäre er in Vengiboneeza geblieben, er hätte sich aller Wahrscheinlichkeit nach zwar trotzdem mit ihr verehelicht, doch für sein Tvinnern hätte er sich doch wohl lieber an jemanden wie Taniane gewandt. Die besaß Feuer — und Tiefe. Doch hier gab es keine Taniane, und Harruel versuchte die Bildung von Tvinnr-Beziehungen der alten Art in Yissoucity möglichst zu verhindern, denn die Bevölkerung war so gering, daß zu befürchten war, derartige Beziehungen, die herkömmlicherweise ja extramarital stattzufinden pflegten, könnten zu Feindseligkeit und Zerwürfnissen führen. Ab und zu hatte Salaman mit Galihine getvinnert, und die besaß einen Hauch von Geistesfunkeln, nach dem ihn verlangte; aber dies war eben nur selten geschehen. Wenn er nun überhaupt tvinnerte, dann mit Weiawala, wenn auch ohne große Begeisterung. Und so berührte er sie nun, Sensororgan gegen Sensororgan, um die Aufforderung dankend zu erwidern.

Doch als er mit ihr in Kontakt kam, fühlte Salaman etwas Seltsames, etwas Beunruhigendes, etwas äußerst Unvertrautes, das aus großer Ferne an seine erweckten Sinne drang.

„Hast du das gespürt?“ fragte er und zog sich von ihr zurück.

„Was denn?“

„Ein Laut. Wie Donner. Als unsere Sensororgane sich berührten.“

„Ich hab nichts gespürt, bloß dich ganz nah bei mir, Salaman.“

„Ein Dröhnen im Himmel. Oder in der Erde. Ich war nicht sicher, woher. Und ein bedrohliches Gefühl — wie von einer Gefahr.“

„Ich hab aber nichts gemerkt, Salaman.“

Wieder berührte er ihr Sensororgan mit dem seinen.

„Nun? Spürst du.?“

„Still, Weiawala!“

„Ich muß doch sehr bitten!“

„Bitte! Stör jetzt nicht und laß mich hören!“

Sie verzog beleidigt das Gesicht und nickte kurz. In der endlich eingetretenen Stille lauschte er erneut, zapfte die Energien ihres Sensororgans an, um die Reichweite und Empfindlichkeit seines eigenen zu verstärken.

Donner in den Hügeln im Süden? Aber der Tag war doch hell und klar.

Trommeln?

Tierhufe auf der Erde? Eine gewaltige dahinziehende Herde?

Es war alles zu schwach und undeutlich. Er fing nur einen Hauch auf, ganz schwach, eine zarte Vibration, eine Empfindung, daß etwas nicht in Ordnung sei. Vielleicht würde er über sein Zweites Gesicht mehr herausfinden. Doch Weiawala begann die Geduld zu verlieren. Ihr Sensororgan glitt an dem seinen auf und ab und überlagerte seine Wahrnehmungen mit ihrem wildflutenden dumpfen Verlangen. Vielleicht bilde ich mir das Ganze ja nur ein, dachte er. Vielleicht fange ich nichts weiter auf als Ameisen, die durch einen unterirdischen Tunnel in der Nähe marschieren. Und er verdrängte die Sache aus seinem Kopf.

In diesem Augenblick, in dem Weiawala sich heiß und bebend an ihn schmiegte, konnte er unmöglich sich irgendwelchen Besorgnissen wegen eines fernen Donners an einem hellen Sonnentag oder wegen des eingebildeten Trommelns ferner Hufe hingeben. Tvinnern, jedes, sogar dieses lauwarme mit der breiseeligen Weiawala, war etwas Unwiderstehliches. Er wandte sich ihr zu. Nebeneinander sanken sie zur Erde. Seine Arme umschlangen sie, die Sensororgane stießen zueinander, und ihr Bewußtsein strömte in die Vereinigung hinüber.

Torlyri entdeckte Hresh in seinem Gemach im Tempel, wo er über den Chronikbänden brütete. Sie gab ein warnendes Hüsteln von sich, als sie eintrat — man drang nicht überraschend bei dem Chronisten ein, wenn er die Heiligen Bücher aus der Lade genommen hatte —, und er blickte beinahe schuldbewußt zu ihr hin und verdeckte in merkwürdiger Hast das Buch. Wie wenn ich mir anmaßen möchte, den Geheimnissen des Chronisten nachzuspionieren! dachte Torlyri. „Was gibt es?“ fragte er scharf.

„Störe ich dich? Ich kann später wiederkommen.“

„Ich habe nur gerade ein paar unbedeutende historische Einzelheiten eingetragen“, sagte Hresh. „Nichts von Bedeutung.“ Seine Stimme klang leicht, übertrieben beiläufig. „Also, was kann ich für dich tun, Torlyri?“

„Also ja.“ Sie trat ein paar Schritte näher zu ihm hin. „Lehre mich die Worte, die das Helmvolk spricht. Zeig mir, wie man mit den Beng redet.“

Seine Augen wurden groß. „Ach! Aber sicher.“

„Willst du das tun?“

„Ja“, sagte Hresh. „Ja, das will ich, Torlyri. Gewiß. Nur laß mich erst noch ein paar Wochen länger.“

„Jetzt!“ sagte sie.

„Ach“, sagte er noch einmal, als hätte sie ihm einen Stoß unter das Herz versetzt, und bedachte sie mit einem derart bestürzten Blick, daß sie lächeln mußte.

Torlyri erteilte in der Regel keine Befehle, darum hatte ihn offenbar ihr frischer Ton überrascht. Sie stand da und betrachtete ihn ernst und fest und war nicht bereit, ein Quentchen ihres so plötzlich errungenen Vorteils wieder preiszugeben. Hresh schaute unbehaglich drein und schien seine Antwort mit bei ihm ungewohnter Sorgfalt zu erwägen, als sondere er erst diese Möglichkeit aus, dann jene. Und sie betrachtete ihn weiter mit untypischer Festigkeit, stand sehr dicht neben ihm, so daß er sich ihrer ganzen Größe und Kraft sinnlich bewußt wurde.

Schließlich sagte er ein wenig bedrückt: „Also schön. Ich denke, ich beherrsche die Sprache inzwischen soweit. Vielleicht kann ich sie dir auf vernünftige Art übertragen. Ja. Ja, ich glaube, ich werde es können.“

„Jetzt?“

„Du meinst, jetzt, in diesem Augenblick?“

„Ja“, sagte sie. „Es sei denn, du hast gerade vordringliche Pflichten.“

Auch darüber dachte er lange nach. Dann sagte er nach einer ausgedehnten Pause: „Nein. Wir können es jetzt tun, Torlyri.“

„Ich bin dir sehr dankbar. Wird es lang dauern?“

„Nein. Nicht lange.“

„Sehr gut. Sollen wir es hier drin tun?“

„Nein“, sagte Hresh. „In deiner Tvinnr-Kammer.“

„Was?“

„Wir werden es beim Tvinnern tun. Das ist die schnellste Methode. Und die beste, meinst du nicht?“

Und nun war Torlyri an der Reihe, verstört zu sein. Aber als die Opferpriesterin hatte sie ja schon mit Hresh getvinnert; sie hatte das mit allen im Stamm getan; für sie war es nicht weiter schwierig. Also nahm sie ihn mit in ihr Tvinnr-Gemach, und wieder betteten sie sich zueinander und umarmten sich, und ihre Sensororgane verflochten sich, und sie wurden eins in ihren Seelen. An jenem seinem Erst-Tvinnr-Tag hatte Torlyri in Hresh eine große Fremdheit und Seltsamkeit wahrgenommen und die Kompliziertheit seines Denkens gespürt, und eine Einsamkeit in ihm, die er vermutlich sich selbst nicht eingestand; und nun spürte sie all dies erneut, aber viel intensiver, so als leide er Schmerzen. Sie vergaß ihr Verlangen und wollte Hresh in Liebe und Wärme einhüllen und seinen Kummer lindern, doch war dies etwas, das er nicht zu erlauben beabsichtigte. Sie hatten an diesem Tag andere Aufgaben zu erfüllen. Und so wuchtete er hastig eine Barriere nieder, um seine persönlichen Gefühle abzuschirmen — Torlyri hatte nicht gewußt, daß es möglich sei, dies zu tun, sich dermaßen vollständig vom Tvinnr-Partner abzuschotten; doch natürlich war Hresh ja nicht wie andere Leute — und dann, verborgen hinter dieser undurchdringlichen Wand, griff er zu ihr herüber, benutzte die Tvinnr-Vereinigung als Brücke und begann sie ganz nüchtern und sachlich in der Sprache der Beng zu unterrichten.