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Aber — da waren sie. Kleine rundliche Maschinen, die in den Trümmern herumstocherten.

Auch sie schenkten ihm ebenso wenig Aufmerksamkeit wie die kurzbeinigen Pelztierchen es getan hatten. Er näherte sich ihnen von hinten und beobachtete sie bei ihrer Arbeit. Ja, es war eindeutig, sie versuchten aufzuräumen, Ordnung zu schaffen: sie saugten die Steinstaubwolken in sich hinein, sie schoben große Tragbalken und Blöcke zu ordentlichen Haufen zusammen, sie stützten Bögen und Türeinfassungen ab. Dann berührte einer von ihnen, während Hresh hingerissen zusah, mit einem metallenen Auswuchs eine rote Steintür, die schrägwinkelig im Boden saß, und die Tür glitt beiseite wie auf gutgeölten Gleitschienen. Von drinnen strömte scharfes Licht. Hresh spähte an dem kleinen Mechanischen vorbei und erblickte einen hell erleuchteten unterirdischen Raum, in welchem in Reihen angeordnet allerhand funkelnde Maschinen standen, die anscheinend durchaus funktionstüchtig waren. Es war ein erregender, ein fast unerträglich quälender Anblick für ihn: eine neue Schatzkammer aus den Tagen der Großen Welt, und er hatte nichts von ihr gewußt! Er beugte sich vor und spähte fasziniert.

Dann berührte ihn eine Hand von hinten — und er sprang vor Furcht und Verblüffung in die Luft, und dann spürte er, wie man ihn packte und festhielt.

Eine rauhe Bengstimme bellte: „Wer bist du? Was hast du hier zu schaffen?“

Hresh wand sich in dem Griff und erblickte einen ziemlich beleibten Krieger des Helmvolks, ein Pfannkuchengesicht, finster und beinahe so erschreckend in seiner dummen Bedrohlichkeit wie Harruel. Auf dem Kopf trug er einen monströsen Bronzekegel als Helm, von dem gewaltige abstruse Metallgeweihe hervorsprangen, die schrecklich hoch in die Luft ragten. Die scharlachroten Augen des Mannes waren böse und furchterregend, seine Lippen zornig zusammengepreßt. Und hinter ihm erhob sich der ungeschlachte Riesenleib eines Zinnobären.

„Ich bin Hresh vom Stamme des Koshmar-Volkes“, sagte Hresh mit so fester Stimme, wie er es nur konnte, obwohl seine Stimme selbst ihm in den eigenen Ohren keineswegs als besonders sicher erschien.

„Du hast hier nichts zu suchen“, lautete die barsche, eisige Antwort.

„Aber hier ist das Heiligtum des Gottes Dawinno, zu dem ich eine heilige Wallfahrt gelobt habe. Ich möchte dich bitten, wegzugehen und mich meine Gebete verrichten zu lassen.“

„Es gibt keinen Gott Dawinno. Und Leute deiner Gattung dürfen hier nicht herkommen.“

„Auf wessen Befehl?“

„Auf Befehl des Hamok Trei, König der Beng. Ich bin dir heute abend durch die halbe Stadt gefolgt, aber du wirst nicht wieder fremdes Gebiet betreten. Dein Leben ist verwirkt.“

„Verwirkt?“

Der Beng hatte einen Speer, und an seinem Leibgurt hing in einer Scheide ein kurzes Breitschwert. Hresh blickte starr vor sich hin und versuchte seine Angst zu verhehlen. Der Beng war doppelt so groß wie er, also wäre ein wie immer gearteter Kampf nicht in Frage gekommen, sogar wenn Hresh bewaffnet gewesen wäre, was nicht der Fall war. Kehrtmachen und fliehen, das war wohl ebenso illusorisch und dumm. Aber vielleicht konnte er diesen Krieger mit dem Zweiten Gesicht verwirren, aber auch dies war eine riskante und unsichere Sache. Dennoch, hier sterben zu sollen, allein, von der Hand eines Fremden. und nur weil er an einen Ort gegangen war, an dem Hamok Trei ihn nicht haben wollte.

Hresh richtete sein Sensororgan auf und schickte sich an, es einzusetzen. Fest richtete er seinen Blick auf die unerbittlichen Scharlachaugen des Behelmten. Der Beng hob seinen Speer.

Wenn er mich damit berührt, dachte Hresh, dann will ich ihn mit all meiner Stärke strafen. Und es ist mir gleich, ob ich ihn dabei töte oder nicht.

Aber dies war nicht nötig. Der Behelmte wies mit einer raschen brüsken Bewegung mit dem Speer auf Hresh und danach über seine Schulter, einigermaßen vage in Richtung auf die Siedlung des Helmvolkes. Er hatte also weiter nichts im Sinn, als Hresh vor den Hamok Trei zu führen. „Du wirst mit mir reiten“, sagte er und wies auf seinen Zinnobären. Und so einfach, als wäre Hresh aus Luft, hob ihn der Beng mit einer Hand hoch und setzte ihn zwischen den voluminösen Buckeln des Riesentieres ab. Dann sprang er ebenfalls herauf und berührte mit seinem Sensororgan den Schädel des Zinnobären am Hinterkopf. Und das gewaltige rote Vieh setzte sich mit langsamen qualvollen Schaukelbewegungen, die Hresh augenblicklich Magenkrämpfe verursachten, in Richtung auf die Beng-Siedlung in Gang.

Doch es erschien dann Noum om Beng, nicht Hamok Trei, und saß in jener Nacht zu Gericht. Der gebrechliche Alte, den Hreshs Fänger aus seinen Gemächern holte, kam verwirrt dahergestolpert. Doch als man ihm die Situation erklärt hatte, begann er zu lachen.

„Du darfst nicht an verbotene Orte gehen, Junge“, sagte der Chronist der Beng, und gab Hresh einen sanften Backenstreich. „Hast du die Markierungen nicht gesehen?“

Hresh antwortete nicht. Er war nicht willens, sich von den Verbotsschildern der Beng in seinen Streifzügen durch die Stadt behindern zu lassen.

Noum om Beng schlug ihn erneut, noch leichter diesmal, wie das Streicheln mit einer Feder war es. Dann wandte er sich ab. Dem Krieger, der Hresh gefangen genommen hatte, befahl er brüsk: „Bring den Knaben zu seinem Volk zurück.“

Im kaltschimmernden Licht des mitternächtlichen Mondes fand Hresh sich wieder in seiner Siedlung ein. Alles schlief, außer Moarn, der Wachdienst hatte. Während der Beng-Krieger davonritt, blickte Moarn Hresh ohne besonderes Interesse an.

Es währte lange, bis der Schlaf zu Hresh kam, und dann träumte er von kleinen schimmernden mechanischen Geschöpfen, die wie stumme Heerscharen durch endlose zerstörte Straßen rollten, und von seltsamen geheimnisvollen Objekten, die in den Tiefen der Erde verborgen lagen.

Am nächsten Morgen machte er sich für den mächtigen Zorn Koshmars bereit, der auf ihn niederfallen würde. Aber zu seiner Erleichterung — und irgendwie auch zu seiner Kümmernis — schien keiner seine Abwesenheit überhaupt bemerkt zu haben.

Hundertmal hatte Torlyri die Worte geprobt. Doch als sie sich nun der Siedlung der Behelmten näherte, waren sie aus ihrem Kopf wie fortgeblasen, und sie fühlte sich völlig verloren, durcheinander und verwirrt und war nicht einmal fähig, ihre eigene Sprache richtig zu sprechen, geschweige denn die der Beng.

Seit dem Tvinnr mit Hresh waren drei Tage verstrichen. Doch erst heute hatte sie genug Mut fassen und diesen Gang antreten können. Es war ein heißer, feuchter Morgen, ein hartnäckiger schwüler Wind fegte graue Staubwolken in den ausgetrockneten Straßen auf und wirbelte sie ärgerlich um Torlyri herum. Immer wieder dachte sie daran, lieber wieder umzukehren. Ihr Besuch erschien ihr auf einmal als völliger Wahnsinn. Nie im Leben würde es ihr gelingen, sich verständlich zu machen. Doch auch wenn es möglich wäre und wenn es ihr gelingen sollte, den Mann zu finden, den sie treffen wollte, wozu sollte das gut sein? Sie würde nichts als Schmerz davon haben, dessen war sie sich sicher, und Schmerz und Kummer hatte sie bereits zur Genüge erfahren.

Angespannt und mit verkniffenem Gesicht zwang sie sich zum Weitergehen. Die lange enge Zufahrt zwischen den zerstörten weißen Häuserfassaden hinab, die in den Bezirk Dawinno Galihine führte. Am Eingang zur Beng-Siedlung tauchte ein behelmter Wachposten auf und blickte sie forschend an.

„Wirst du erwartet?“ fragte er. „Was ist dein Geschäft? Wen zu sprechen bist du hier?“

Er sprach in der scharfen bellenden Bengzunge. Seine Worte hätten für Torlyri unverständliches Kauderwelsch sein müssen. Und doch hatte sie keinerlei Mühe, hren Sinn zu begreifen. Also hatte es geklappt! Hresh hatte sie — getreulich seinem Wort — tatsächlich die fremde Sprache verstehen gelehrt!