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„Um sich das Leben zu nehmen? Warum sollten sie so etwas tun wollen?“

„Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Aber ich habe gesehen, wie sie es taten. Diese glühende Öffnung oben — sie kann alles aufsaugen, was ihr nahekommt, egal wie groß es ist. Und im Innern ist eine Art Schwärze, die so was wie eine Schleuse anderswohin ist, oder vielleicht auch nirgendwohin. Die Saphiräugigen sind zu dem Ding gegangen und haben praktisch direkt die Nase da hineingesteckt, und plötzlich hat es sie verschlungen. Ich habe keine Ahnung, wie, aber plötzlich waren sie weg. Es ist ein unheimliches Ding, aber sehr verführerisch. In meiner Vision bin ich zu einem hingegangen, und das hätte auch mich erwischt, nur daß ich es ja eben nur in einer Vision erlebte. Aber das da ist echt.“

Er gab ihren Arm frei und ging langsam auf die Maschine zu.

„Hresh — nein, mach das nicht.“

Er lachte. „Ich wollte es bloß mal testen.“

Er hob ein Fragment eines Bildwerks vom Boden auf, schwang es ein paarmal hin und her und warf es sodann aus der flachen Hand auf die Schlitzhaube zu. Das Steinstück schwebte kurz wie aufgehängt knapp außerhalb des Bandes von flackerndem zischendem Licht, dann verschwand es. Hresh stand erwartungsvoll da, lauschte auf den Aufprall des Steinchens auf dem Boden. Aber es geschah nichts.

„Es funktioniert! Es funktioniert immer noch!“

„Versuch es noch einmal!“

„Klar doch!“ Er nahm ein weiteres Steinstück, ein schmales, so lang wie sein Arm, und hielt es behutsam an die Öffnung der Maschine. Er fühlte ein Brennen in der Hand und dem Unterarm, und plötzlich hielt er nichts mehr in der Hand. Er starrte seine Finger an.

Er trat näher heran.

Was passiert, wenn ich meine Hand hineinstecke? überlegte er.

Er verharrte auf demselben Fleck vor der Metallsäule, wippte auf den Fußballen nach vorn, runzelte die Stirn, überlegte. Die Versuchung war erstaunlich stark. Diese Maschine war heimtückisch. Er gedachte jener riesigen röhrenden Maulköpfe vor langer Zeit, damals auf der großen Sandebene, wie die ihn zu sich hingezogen hatten mit ihrem unerbittlichen Trommelgedröhn. Hier war es ähnlich. Er konnte fühlen, wie das Ding ihn in sich hineinzuziehen suchte. Halb war er bereit, dies geschehen zu lassen. Mehr als nur halb, vielleicht. Das Ding würde ihm. vielleicht. Frieden schenken. Vielleicht.

Taniane mußte wohl erraten haben, was ihm durch den Kopf ging, denn sie trat hastig zu ihm, packte ihn bei den Schultern und zog ihn zurück.

„Was hast du grad eben gedacht?“ fragte sie.

Hresh schauderte zusammen. „Ich war bloß neugierig. — Vielleicht — zu neugierig.“

„Hresh, laß uns von hier verschwinden. Irgendwann mal wirst du dermaßen neugierig werden, daß es dir leid tun wird.“

„Warte“, bat er. „Ich möchte nur noch etwas überprüfen.“

„Hresh, das Zeug ist todbringend!“

„Das weiß ich. Warte. So warte doch.“

„Hresh!“

„Ich werde diesmal vorsichtiger sein.“

Er schob sich, halb in der Hocke, etwas näher, wandte die Augen von der hellen Lichtzone an der Spitze weg. Dann neigte er sich nach vorn und legte den Arm um die Mitte des Metalltubus, und wie er es irgendwie beinahe erwartet hatte, konnte er ihn mühelos von seinem Postament aus Grünstein heben. Die Röhre fühlte sich warm an, und sie war hohl; wahrscheinlich hätte er sie mit leichtem Zudrücken seines Armes zerquetschen können. Und ohne Schwierigkeiten trug er das Ding dann durch den Raum und stellte es gegen eine Wand ab. Die Flackerlichter der Haube, die erloschen waren, als er das Ding hochhob, setzten sofort wieder ein.

„Hresh? Was machst du denn da?“

„Es ist beweglich, siehst du? Wir können es mit uns nehmen.“

„Nein! Laß es in Ruhe, Hresh! Es jagt mir Angst ein.“

„Mir auch. Aber ich will mehr darüber rausfinden.“

„Du willst immer mehr über alle Dinge herausfinden. Aber das da wird dich umbringen. Laß es hier, Hresh!“

„Nein, das lasse ich nicht da. Es ist vielleicht das einzige seiner Art auf der ganzen Welt, das es noch gibt. Willst du denn, daß es den Beng in die Hände fällt?“

„Also — wenn es sie auffrißt, wie es den Stein verschluckt hat, den du ihm gegeben hast, dann wäre das womöglich gar keine so schlechte Idee.“

„Aber wenn sie verhindern, daß es ihnen schadet, und wenn sie einen Verwendungszweck dafür entdeckten?“

„Es dient zu nichts, Hresh, außer dem Zerstören. Wenn du dir Sorgen machst, daß sie es kriegen könnten, dann schmeiß doch einen schweren Stein drauf, vielleicht geht es dann kaputt. Aber laß uns jetzt hier verschwinden!“

Er blickte sie lange fragend an.

„Ich verspreche dir, Taniane, daß ich mit dem Ding vorsichtig umgehen werde. Aber ich beabsichtige, es mitzunehmen.“

Sie seufzte.

„Hresh...“, sagte sie und schüttelte resignierend den Kopf. „Ach, Hresh. Ach, du.“

Harruel lag in Entzückungstaumelträumen gefangen. Die Welt war von einem Teppich von Blumen in hundert sanften Farben bedeckt, und ihre weichen Düfte erfüllten die Luft wie Musik. Er lag in einem glatten Steinzuber, Weiawala im einen, Thaloin im anderen Arm, und warmer goldener Süßwein bedeckte sie alle drei und schwappte ihm gegen das Kinn. Und rings um ihn her standen die Söhne seines Fleisches, ein ganzes Dutzend, hochgewachsene prachtvolle Krieger, ihm gleich an Gesicht und Heldentugend, und sangen mit schmetternden Stimmen ein Preislied auf Harruel.

„Harruel!“ brüllten sie. „Harruel, Harruel, Harruel!“

Und dann mischte sich auf einmal ein Mißklang in das alles, und jemand sang mit brüchiger, verrosteter, kreischender Stimme.

„Harruel! Harruel!“

„Nein, du nicht“, stammelte er mit schwerer Zunge. „Du machst alles kaputt. Wer bist du überhaupt? Kein Sohn von mir, mit so einer Stimme! Geh fort! Geh weg!“ „Harruel, wach auf!“

„Hör auf, mich zu belästigen. Ich bin der König.“ „Harruel!“

Eine Hand legte sich ihm an den Hals, Finger gruben sich tief ins Fleisch. Er fuhr sogleich empor, stieß ein rasendes Röhren aus, während sein Traum in Trümmern um ihn zerscherbte. Weiawala — fort Thaloin — fort. Der lustvoll-fröhliche Chor seiner Söhne — alles dahin und fort, fort, fort! Eine graue knirschende Weintresterschicht lag auf seinem Hirn und erstickte seine Seele. Er hatte Schmerzen an zehn verschiedenen Körperstellen, und jemand hatte es gewagt, mit seinem Mund Kotbrocken zu essen. Minbain ragte über ihm auf. Und sie hatte ihn nicht an der Kehle gepackt, sondern seitlich im Nacken. Er konnte den Griff ihrer Finger noch spüren. Sie sah ganz wild aus und ganz durcheinander, als hätte sie etwas Wichtiges zu melden.

Zornig grollte er: „Wie kannst du es wagen, mich zu stören, wenn.“

„Harruel, die Stadt wird angegriffen.“

„.ich versuche ein wenig Ruhe zu finden nach.“ Er holte schnaufend Luft. „Was? Angegriffen? Wer? Koshmar? Ich bring sie um! Ich werd sie auf dem Feuer braten und fressen!“ Harruel rappelte sich auf die Beine und röhrte: „Wo ist sie? Bringt mir meinen Speer! Ruft Konya! Salaman!“

„Sie sind bereits draußen.“ Minbain rang ärgerlich die Hände. „Und es ist nicht Koshmar. Da Harruel, dein Speer, dein Schild. Es sind die Hjjk-Leute, Harruel! Die greifen uns an. Die Hjjk!“

Er stand ganz auf und taumelte auf die Tür zu. Von draußen drang Waffengetöse und stach störend durch sein nebeldumpfes Wahrnehmungsvermögen.

Was? Hjjk-Leute? Hier?

Salaman, der hatte doch neulich irgendwas gesagt, daß er einen Angriff von einem Heer von Hjjk befürchtete. Irgendeine Vision, die er gehabt hatte, oder ein wüster Traum. Harruel hatte wenig damit anfangen können, aber er glaubte sich dunkel zu erinnern, daß Salaman gesagt hätte, die Eindringlinge seien noch weit weg, sie würden erst in vielen, vielen Monden eintreffen. Das hat er jetzt davon, wenn er sich auf seine Visionen verläßt, dachte Harruel.