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Es dauerte eine Stunde, ehe alles zur Ruhe kam.

Dann übertrugen sie Boldirinthe und Staip das Kommando, und dann schlichen sich Hresh und Taniane ein Stückchen weit in westliche Richtung davon, bogen dann rechts ab und zogen in nördlicher Richtung weiter auf das schaufeiförmige Flachplateau zu, das zwischen den Heerscharen der Hjjk und der von Harruel gegründeten Siedlung lag. Die Schatten wuchsen bereits länger, ehe Hresh den Ort erreichte, der ihm als am günstigsten erschien, um in den kreisrunden wallumzingelten Ort hinabzuschauen, den Harruel sich als Wohnsitz gewählt hatte. Aus dieser geringeren Entfernung erkannte Hresh, daß die geologische Rundformation eine Art Krater oder Trichter sein müsse, höchstwahrscheinlich hervorgerufen durch den Aufprall einer aus gewaltiger Höhe herabstürzenden Masse. Ja, höchstwahrscheinlich war hier ein Ort, auf den ein Todesstern niedergegangen war. Hresh bedachte dies eine Weile bei sich und überlegte, ob die Materie des Todessternes vielleicht dort noch immer begraben liegen könnte. Aber im Augenblick hatte er nicht die Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen.

Sie hatten mit sich gebracht ein Instrument aus der Zeit der Großen Welt. Hresh hatte es an einem Ende getragen. Taniane am anderen: diesen metallenen Hohlzylinder, an dessen einer Seite diese seltsame Haubenkappe war, in der ein Bereich unbegreiflicher Schwärze gefangenlag, und an deren Öffnung ein grelles Licht zischelte und knisterte. Hresh trug das Haubenende, Taniane den Fuß. Das Metall fühlte sich warm an, und Hresh fragte sich, was für Zauberwerk in dem Ding eingesperrt sein mochte, und wie er dem jemals auf die Schliche kommen könne, ohne in seinem Forscherdrang hinweggeführt zu werden, wohin immer die Rohre jene katapultierte, die ihr zu nahe kamen.

„Hier, meinst du nicht auch?“ fragte Hresh.

„Noch etwas näher an die Siedlung heran“, sagte Taniane. „Wenn dein Plan funktioniert und die Hjjk in Verwirrung gestürzt werden, können wir von der einen Seite über sie hereinbrechen und Harruel und seine Krieger von der anderen.“

„Gut“, sagte Hresh. „Wir gehen ein bißchen näher ran. Und, Taniane, mein Plan wird Erfolg haben. Ich weiß es!“

Also gingen sie ein Stück näher heran. Inzwischen senkte sich allmählich Dunkelheit über das Land. Taniane wies auf eine etwas erhöhte Stelle mit einer flachen Felsplatte, auf der sie den Tubus aufbauen konnten, und es lagen auch weitere Gesteinsbrocken umher, mit denen sie das Gerät abstützen konnten. Hresh brachte es in Position. Sobald es senkrecht stand, erwachte das Instrument zum Leben und knisterte von rätselhaften Lichterfunken. Und wieder verspürte er diese heimtückische Verführungskraft, die von dem Ding ausging, fühlte seine raffinierte Verlockung. Aber er war bereit und gewappnet dagegen und streifte den Sog von sich ab. Er trat zurück und prüfte die Funktionsbereitschaft des Apparates, indem er einen Stein auf die Haube zu schleuderte. Der Lichtring blitzte bläulich auf und rot und in heftigem Purpurrot, und der Stein verschwand mitten in der Luft.

Hresh murmelte einen Dankspruch an die Adresse Dawinnos. Er war dem Gott zwar sehr verbunden für die von ihm gewährten Gunstbeweise, doch inzwischen schwoll in ihm auch mehr und mehr eine leise Selbstzufriedenheit an. Der Plan würde funktionieren.

„Aber wie willst du die Hjjk heranlocken?“ fragte Taniane.

„Das überlaß ruhig mir“, sagte Hresh.

Harruel begriff nicht, konnte nicht begreifen, was los war. Die ganze Nacht hindurch hatten er und sein Volk wartend am Kraterrand ausgeharrt und gesehen, wie die Hjjk immer näher und näher herangerückt kamen, dann bei Sonnenuntergang haltgemacht hatten, und zwar in der offensichtlichen Absicht, erst bei Anbruch des nächsten Morgens auf den Krater vorzustoßen. Er hatte sich darauf eingestellt gehabt, heute, an diesem Tage, zu sterben, wenn das Hjjk-Volk in voller Wucht zum Angriff auf Yissou City ansetzte, und — um die Wahrheit zu gestehen — er war nicht nur zum Sterben bereit, sondern er sehnte sich geradezu danach, denn alle Lebenslust und alle Freude waren ihm vergällt. Und nun war die Morgendämmerung gekommen, und mit ihr der Angriff, sozusagen. Jedoch hatte er angenommen — und auch Salaman und Konya hatten es erwartet —, daß die Hjjk stumpfsinnig-brutal in planmäßiger Schlachtordnung angreifen würden, wie blindwütige Ameisen; denn etwas anderes waren sie ja m Grunde nicht, eine Art von Ameisen, wenn auch von vergrößerter Körpergestalt und mit weit höherer Intelligenz ausgestattet.

Statt dessen aber sah es so aus, als hätte die Hjjk ein kollektiver Wahnsinn befallen.

Ihre Stoßrichtung mußte sie direkt ins Zentrum des Kraters bringen. Aber während Harruel nun benommen und ungläubig zusah, löste sich ihre Schlachtreihe auf. Die Kampfkolonnen zerstreuten sich und schwärmten wirr und ungeordnet umher. Benommen stierte Harruel hinaus auf die Hjjk, die wirr in alle möglichen Richtungen über die Ebene rannten, kleine Grüppchen bildeten, die sofort wieder auseinanderbrachen und sich neu formierten und wieder auseinanderstoben. Alle schienen ziellos und kopflos um einen festen Kampfkern herumzuirren, der anscheinend standzuhalten schien inmitten der ganzen brodelnden, wogenden Masse.

War das eine List? Aber zu welchem Zweck?

Aber auch die Zinnobären schienen vom Wahnsinn befallen worden zu sein. Im ersten Frühlicht war Salaman mit der bestürzenden und verwirrenden Meldung zu Harruel gekommen, daß er gesehen habe, wie diese Riesentiere allesamt gen Westen davongedonnert und in den unwirtlichen Schluchten und Moränen verschwunden seien, die dort lagen. Doch wenig später erwies es sich deutlich, daß nur etwa die Hälfte der Zinnobären dorthin geflüchtet war. Die übrigen waren ausgebrochen und wanderten nun zu zweit oder dritt, oder auch ganz allein, überall auf dem Plateau im Norden umher. Aber ringsum herrschte völlige Verwirrung. Und natürlich war es noch immer eine Gefahr, derart viele Tiere dieser Größenordnung irgendwo in der Nähe der Stadt umherstreunen zu lassen. Eines jedenfalls schien sicher zu sein: Die Hjjk würden nicht mehr in der Lage sein, ihre Monster in geordneter Kampfformation auf den Krater zu und in ihn hinein als Kampfmaschinen einzusetzen. Die Hjjk hatten die Kontrolle über ihre Zinnobären völlig verloren. Und — wie es den Anschein hatte — auch über sich selbst.

Harruel schüttelte den Kopf. „Was kann sie bloß soweit bringen?“ fragte er Salaman.

„Hresh — glaube ich.“

„Hresh?“

„Ja. Er ist irgendwo in der Nähe.“

„Ja, bist du denn auch schon verrückt geworden?“ brüllte Harruel.

„Ich hab ihn in der vergangenen Nacht gespürt“, sagte Salaman. „Als ich oben auf meinen Hochsitz saß, wo ich die allererste Vision bekam von diesen Heerscharen, die nun rings um uns herumtoben. Ich sandte mein Zweites Gesicht aus und fühlte, daß Hresh ganz in meiner Nähe sei. Und andere von Koshmars Stamm ebenfalls, fast alle. Nur Koshmar selber nicht — und Torlyri. Sie sind unserer Spur durch den Wald gefolgt, und sie befanden sich direkt östlich von der Stadt.“

„Du bist so wahnsinnig wie die Hjjk da draußen“, knurrte Harruel. „Hresh sollte hier sein? Und das Volk?“

„Da, schau doch mal dort hinaus!“ sagte Salaman. „Wer hätte so etwas bei den Hjjk und ihren Zinnobären bewirken können? Wer, außer Hresh? Meine allererste Vision hat mich nicht getrogen, Harruel. Also vertraue mir auch hierin!“

„Hresh!“ brummte Harruel. „Und der sollte herkommen und uns unseren Krieg auskämpfen? Ja, wie denn, wo denn, was denn? Wie könnte so was geschehen? Wie?“

Und dann stand er da und glotzte vor sich hin, und während die Sonne höher heraufstieg, versuchte er in dem, was da im Norden geschah, irgendwie einen Sinn zu entdecken, so unbegreiflich es ihm auch erscheinen mochte. Das von Osten nun gewaltig heranströmende Licht erhellte mittlerweile die Hälfte des Plateaus. Ja, in dem Wirrwarr gab es tatsächlich einen festen Kern: die Hjjk schienen allesamt eifrig darum bemüht zu sein, an eine etwas erhöhtere Stelle als die andern zu gelangen, über dem gigantischen chaotischen Massenbrei von Insektenähnlichen, der sich da bereits angesammelt hatte. Harruel bemühte sich, Hresh irgendwo zu erspähen, doch von dem war nirgendwo etwas zu sehen. Salaman muß ihn sich erträumt haben, dachte er.