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„Kleiner Affe, Äffchen!“ sagte der linke Riese beinahe zärtlich. „Ach, du ungeduldiges kleines Äffchen!“

„Sagt es mir!“

Aber sie gönnten ihm nichts weiter als ihr zischendes Lachen und ihr hochmütig-herablassendes Krokodillächeln.

Ein, zwei Monate später befand sich Hresh mit Hanuman in jenem Stadtsektor, den er Emakkis Boldirinthe genannt hatte, als er endlich das erste noch funktionstüchtige Artefakt aus der Großen Welt entdeckte.

Emakkis Boldirinthe war ein Distrikt im Norden der Stadt und war von außergewöhnlicher Schönheit und hohem Liebreiz. Er lag halbwegs zwischen der See und den Vorbergen, und drei Dutzend schlanke, sich nach oben hin verjüngende Türme aus dunkelblauem Marmor waren als Ring um einen weiträumigen Platz angeordnet, der mit schimmernden schwarzen Schieferplatten ausgelegt war. Die Scheiben in den dreieckigen Fenstern der Türme waren heil und strahlten im Spätnachmittagslicht in einem funkelnden rosa Widerschein. Raffiniert gearbeitete doppelt mannshohe Metallportale saßen noch fest auf ihren massiven Drehangeln, als warteten sie nur darauf, bei jeder Berührung sich aufzutun. Die Bauten selbst wirkten, als seien sie gerade erst vorgestern verlassen worden. Hresh bestaunte sie ergriffen und spürte, wie sich die Last ihres unvorstellbar hohen Alters drückend auf ihn senkte, und es war ein Gefühl, als werde die Zeit als Ganzes in diesen einen einzigen Augenblick zusammengedrückt. Ein Prickeln lief ihm über den Nacken, als werde er von Myriaden unsichtbarer Augen beobachtet.

„Was meinst du?“ fragte Haniman. „Sollen wir versuchen hineinzugehen?“

Sie hatten den ganzen Tag lange gesucht. Es ging ein feuchter Wind. Hresh fühlte sich müde und mutlos.

„Ich war bereits drin“, sagte er, obwohl es gelogen war. Er hatte zwar diese Türme inzwischen mehrmals aus der Entfernung gesehen und war ihnen auch einmal genauso nahe gekommen, doch auf eine widerwärtige Weise hatte ihn eben ihre Unversehrtheit entmutigt und vom Betreten abgehalten. Irgendwie war es ihm als sinnlos erschienen. Sie würden ebenso leer sein wie die übrigen alle; und seine Enttäuschung würde dann nur um so schmerzlicher sein, weil sie so guterhalten wirkten.

„Warste schon? In allen? In jedem einzelnen?“

„Zweifelst du an meinem Wort?“ fragte Hresh scharf.

„Es ist ja bloß, es sind so viele davon da — und es besteht ja schließlich immer mal die Chance, daß einer irgendwo weiter drüben in dem Kreis was enthält. irgendwas.“

„Also schön“, sagte Hresh. Ihm fehlte der Mut, seine Schwindelei noch länger aufrecht zu erhalten. Es ist ja bloß, weil ich dermaßen müde bin, dachte er, daß ich keine Lust habe, diese Türme zu untersuchen, und dabei habe ich mir doch so viele ganz und gar nicht so vielversprechende Gebäude angesehen. Und ein Hresh, der stolz war auf den Namen Hresh-voller-Fragen und Hresh-der-sie-beantwortet, der sollte es eigentlich nicht nötig haben, daß Kerle wie Haniman ihn dazu drängen müssen, eine Inspektion jetzt und sofort in Angriff zu nehmen. „Also schön, schauen wir das uns mal an, und dann machen wir für heute Schluß.“

Haniman zuckte nur die Achseln.

„Ich geh zuerst rein“, sagte er.

Und ohne auf Hreshs Erlaubnis zu warten, lief er zu dem nächstgelegenen Turm und blieb dann vor dem großen Eingangstor kurz stehen. Dann streckte er die Arme aus, soweit sie reichten, als wollte er das Gebäude damit umarmen, dann preßte er sich fest dagegen und schob kräftig. Die Tür tat sich so überraschend auf, daß Haniman mit einem überraschten Schrei vorwärts in die Eingangshalle taumelte und dort in der Dunkelheit verschwand.

Hresh stürzte hinter ihm drein. In einem langen Lichtstrahl sah er dicht hinter der Türschwelle Haniman bäuchlings daliegen.

„Alles in Ordnung?“ rief Hresh.

Er sah, wie Haniman sich langsam aufrappelte, sich den Staub aus dem Pelz klopfte und dann nach oben starrte. Hresh folgte seinem Blick, und ihm stockte der Atem. Das Gebäude war innen hohl, ein einziger dunkler offener Raum, der nichts weiter enthielt als eine spiralige Anordnung metallischer Streben und Röhren, die wenige Fuß über dem Grund begann und dann in Zickzacksprüngen von Wand zu Wand verlief, höher und höher hinauf, in einem derart komplizierten Muster, daß ihm schwindlig wurde, als er versuchte, ihm zu folgen. Zunächst konnte er das Muster nur ein paar Stockwerke hoch nachvollziehen, doch je mehr sich seine Augen an die Düsternis gewöhnten, desto besser erkannte er, daß die sich überkreuzenden Strukturen immer höher und höher, vielleicht gar bis an die Spitze des Turmes hinaufreichten. Es war wie ein gewaltiges Netzgewebe. Hresh überlegte sich, ob vielleicht in den fernen oberen Bereichen eine gigantische Spinne bebend auf sie lauerte. Aber nein, das hier war ja ein Metallgeflecht, unbezweifelbar Metall, schimmerndes leichtes silbernes Material, das sich kühl und glatt unter den Händen anfühlte.

„Ob wir da raufklettern?“ fragte Haniman.

Hresh schüttelte den Kopf. „Versuchen wir zuerst mal rauszufinden, was das hier für ein Ort ist.“

Er langte nach oben und berührte die nächste Sprosse. Sie ertönte in einem satten musikalischen Klang, tief und erstaunlich schön, der langsam und feierlich in die nächste Schicht des Gewebes aufstieg und zur übernächsten und so fort und auf jeder Stufe widerhallende Klänge auslöste. Wundersam vibrierende Töne hallten überall um sie herum wider, wurden stetig intensiver, je höher sie im Turm nach oben stiegen, bis zu einem betäubenden Getöse anschwollen, von dem das ganze Innere des Baus erfüllt war.

Hresh starrte benommen, entzückt, aber auch furchtsam hinauf und dachte, daß der Klang im nächsten Augenblick die Spitze erreichen müsse und daß unter der Gewalt dieses schrecklichen ansteigenden Getöses der ganze Bau über ihnen niederbrechen könne.

Aber es tat sich nichts weiter, als daß der Ton, nachdem er ein atemverschlagendes, hirnsprengendes Höchstvolumen erreicht hatte, sehr rasch wieder schwächer und zarter wurde. Und Augenblicke darauf war er völlig verklungen, und sie standen in bestürzender Stille da.

„Mach deine Lampe an“, sagte Hresh. „Ich will sehen, was auf der ändern Seite ist.“

Vorsichtig umkreisten sie den Innenraum, wobei sie sich dicht an der Außenwandung hielten. Jedoch schien das schimmernde Metallgewebe über ihren Köpfen alles zu sein, was der Bau enthielt. Zu ebener Erde jedenfalls war nichts Bemerkenswertes irgendwo zu entdecken. Der Boden bestand aus nackter, trockener und harter brauner Erde. Als sie wieder beim Eingang angelangt waren, winkte Hresh Haniman zu, und sie traten ins Freie und gingen über den Platz zum nächsten Turm in dem Kreis. Er entsprach genau dem ersten — raffinierte Metallstrukturen in einer dunklen hohlen Schale. Und so war es auch beim dritten, vierten und fünften Turm. Erst als sie beim zehnten Bau der Serie angelangt waren, stießen sie auf eine Verschiedenheit.

In diesem Turm nämlich war ein rechteckiger schimmerndschwarzer Steinquader von der selben Art Stein, wie er draußen zur Pflasterung des Platzes verwendet worden war, glatt in dem nackten Boden genau in der Mitte des Raums eingelassen. Es hätte eine Art Opferstelle sein können, oder aber vielleicht war es auch der Verschluß über einer unterirdischen Kammer.

Du solltest tiefer schürfen, hatte der Künstliche der Saphiräugigen gesagt. Hresh verzog die Stirn und schüttelte den Kopf. Ganz bestimmt hatte doch die Kreatur damit nicht etwas so töricht Wortwörtliches gemeint wie, daß er unter der Erde suchen solle.

Er kniete nieder und rieb die Hände über das schwarze Steinviereck. Es fühlte sich kühl an und sehr glatt, wie etwa schwarzes Glas, und es waren darauf keinerlei Inschriften, die Hresh hätte entdecken können, ja nicht einmal Spuren von solchen. Dann trat er in die Mitte des Steines und blickte in das verwirrende Strebenwerk über ihm hinauf. Die untersten Sprossen lagen hier in der Mitte des Turmes knapp außerhalb seiner Reichweite.