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Er hält mich bestimmt für eine Idiotin, dachte Taniane bedrückt. Und er glaubt, ich bin hohl, ich bin einfältig.

Doch sie war jetzt kein Kind mehr. Sie entwickelte sich bestürzend rasch auf ihre Weiblichkeit hin. Wenn sie mit den Händen über ihren Leib strich, konnte sie die harten Knospen ihrer Brüste spüren. Ihr Pelz gewann an satter Färbung und wurde mehr und mehr zu einem schimmernden Dunkelbraun mit rötlichen Schattierungen, und er wurde dicht und seidig. Und sie wurde größer, fast war sie schon so lang wie manche der Vollreifen Frauen, etwa wie Sinistine oder Boldirinthe. Und jedenfalls war sie größer als Hresh, bei dem das Wachstum etwas langsamer voranzugehen schien.

In dieser Zeit begann Taniane sich Gedanken darüber zu machen, wen sie sich als Partner suchen solle.

Sie wünschte sich dafür Hresh. Das hatte sie schon immer getan. Sogar damals, als sie noch kleine Kinder und im Kokon waren und in den wilden Spielen, die sie spielten, von Wand zu Wand kullerten, den Fußringkämpfen, dem Handstand und dem Höhlensegeln. stets hatte sie davon geträumt, erwachsen zu sein, Kinderträgerin zu sein, davon geträumt, wie sie im dunklen Paarungstrakt des Kokons bei Hresh lag. Und auch wenn er so klein war, auch wenn er derart seltsam war, sie spürte in ihm eine drängende Kraft, eine Energie und eine vibrierende Erregtheit, die sie veranlaßt hatten, sich nach ihm zu sehnen, auch wenn sie damals noch nicht gewußt hatte, was Sehnsucht und Verlangen ist.

Jetzt aber war sie älter. Aber sie sehnte sich noch immer nach Hresh. Allerdings, so wie es aussah, behandelte er sie auch weiterhin als ganz beiläufig-nebensächlich und ohne ihr besonderes Interesse zu widmen. Er schien völlig in seiner Aufgabe als Chronist aufzugehen und in einer Welt für sich zu leben.

Und Chronisten wählten sich ja sowieso nie Fortpflanzungspartner. Selbst angenommen, Hresh würde sie so innig lieben wie sie ihn, was hatten sie denn für eine Chance, jemals zu einer Paarung zu kommen? Ach, nein, sie würde sich wahrscheinlich mit irgendwem sonst verkuppeln müssen, wenn es für sie an der Zeit war.

Orbin? Gut, der war groß und kräftig, und dabei in all seiner Stärke sanft. Aber — er war auch langsam im Denken und dumpf. Mit ihm würde sie sich sehr bald langweilen. Außerdem galt sein unverhohlenes Interesse der kleinen Bonlai, auch wenn die zwei, drei Jahre jünger war als ihre Altersgruppe. Diese Bonlai, die war genau die Art von bequemer derber und kumpelhafter Frau, wie Orbin sie bevorzugen würde. Und er, der ruhige, geduldig-gelassene Orbin, würde durchaus bereit sein (unterstellte Taniane), zu warten, bis Bonlai reif genug war.

Und damit blieb nur Haniman. Der einzige andere Jungmann ihrer Altersgruppe. Aber der Gedanke, sich mit Haniman paaren zu sollen, kam ihr doch als recht absonderlich vor. Als sie noch jünger waren, war der so eine erbärmliche Gestalt gewesen, so langsam, so träge, so feist, immer hechelnd hinter den anderen herjapsend. Damals — in den Kokontagen — hätte sie sich nicht vorstellen können, daß irgendeine Frau Lust darauf haben könnte, mit Haniman zu kopulieren — oder eine Tvinnr-Beziehung zu ihm einzugehen. oder überhaupt irgend etwas mit ihm anzustellen. Dennoch besaß er etwas Liebenswertes, oder er war vielmehr so ganz und gar unbedrohlich — und so hatte sie sich einfach zu ihm als zu einem Gefährten hingezogen gefühlt. Jetzt aber hatte er sich dermaßen grundlegend verändert. Langsam war er zwar immer noch ein bißchen, auch unbeholfen, immer noch ein Taps mit Dingen, und andauernd zerbrach er etwas. aber er war inzwischen ein starker Junge geworden, und der ganze wabblige Babyspeck war von seinem Leib verschwunden. Gewiß, faszinierend war er nicht — wie etwa Hresh es war. Aber. er war einigermaßen akzeptabel als Mannspartner — meinte sie jedenfalls. Außerdem war er möglicherweise tatsächlich ihre einzige Chance.

Schön, also werde ich mich mit Haniman zur Kopulation verbinden, beschied sie sich und schmeckte sozusagen diese Vorstellung bei sich ab, um zu sehen, was sie dabei empfinde. Taniane und Haniman. Haniman und Taniane. ja, aber in den Namen steckte doch sogar eine Klangassonanz! Das paßte ja ganz gut zusammen. Taniane und Haniman. Haniman und Taniane.

Und trotzdem. trotzdem.

Sie brachte es doch nicht so ganz über sich. Eine Kopulationspartnerschaft mit Haniman, nur weil er der einzig greifbare Partner war? Mit Haniman, dem Lahmlack, Haniman, dem Außenseiter, der bei jedem Spiel immer die allerletzte Wahl gewesen war. auch wenn er jetzt ja ein bißchen verändert war, für sie blieb er doch und würde es immer sein, der gleiche Haniman: ein Junge, den sie gern zum Freund hatte, aber als Kopulationspartner? — Nein, das nicht, o nein.

Vielleicht stießen sie irgendwann einmal bald auf einen anderen Stamm von Leuten, wie Hresh das immer so kühn mutmaßte. Und dann würde sie einen Kopulationspartner in diesem anderen Stamm finden. da sie ja Hresh selbst nicht haben konnte.

Oder aber sie würde sich überhaupt nicht binden. Diese Möglichkeit gab es schließlich immer noch. Torlyri hatte nie kopuliert. Koshmar hatte nie kopuliert. Also — man mußte nicht unbedingt verpartnert sein, nicht wahr? Koshmar war eine hervorragende Stammesführerin, fand Taniane, auch wenn sie manchmal den Eindruck erweckte, als sei sie von irgend etwas gehetzt, als sei sie engherzig und hart. Aber in Koshmars Leben war nun einmal kein Platz für einen Kopulationsgefährten: das äußerste, was sie sich in der Hinsicht erlauben durfte, war das, was sie mit Torlyri machte, nämlich die Tvinnr-Sache, aber eben keine nachwuchsorientierte Kopulation. Aber schließlich war sie ja Stammesführer. Der Stammeshäuptling paarte sich nicht, das war so Brauch. Oder vielleicht war es auch Gesetz. Und in Koshmars Fall war es zweifellos auch das, was sie selbst vorzog.

Aber traurig war das schon, sich auszumalen, daß man nie, gar nie einen Kopulationspartner haben sollte. Andererseits, wenn das der Preis war, den man dafür zu bezahlen hatte, daß man Stammesoberling sein durfte, dann war es vielleicht auch wieder nicht zu viel.

„Nimmt sich der Häuptling wirklich niemals einen Kopulationspartner?“ fragte Taniane Torlyri.

„Vielleicht haben sie es früher getan“, antwortete Torlyri. „Du könntest ja Hresh dazu fragen. Aber eins ist sicher, keine Führerin, von der ich je gehört habe, hatte einen Partner.“

„Aber ist es das Gesetz — oder bloß ein Brauch?“

Torlyri lächelte. „Da ist der Unterschied nicht besonders groß zwischen den beiden. Aber wieso fragst du? Meinst du, daß Koshmar sich einen Kopulationspartner suchen sollte?“

„Koshmar?“ Taniane brach in schallendes Lachen aus. Die Vorstellung von Koshmar mit einem männlichen Partner war vollkommen absurd. „Aber nein, bestimmt nicht!“

„Nun, aber du hast mich gefragt.“

„Ach, das war nur so ganz allgemein. Wo sich doch inzwischen so viele unserer alten Bräuche verändern, da habe ich eben wissen wollen, ob das auch hier der Fall ist. Jetzt paaren sie sich doch fast alle, nicht bloß die zur Zucht bestimmten Paare. Und vielleicht kommt ja mal eine Zeit, wo Häuptlinge das auch tun.“

„Höchstwahrscheinlich wird das so sein“, sagte Torlyri. „Aber ich glaube, nicht bei Koshmar.“

„Würde es dir Kummer bereiten, wenn Koshmar sich paart?“