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„Ja, ihr bergt Schutt und Abfall“, sagte Harruel.

Konya zuckte die Achseln. „Hresh meint, sie sind wertvoll. Er sagt, das sind die Schätze aus den Weissagungen, und sie werden uns helfen, die Welt zu beherrschen.“

„Wenn wir von dem Volk der Behelmten niedergemetzelt werden, Konya, werden wir nichts weiter in Besitz nehmen als unser Grab. Komm mit mir und hilf mir, das Grenzland der Stadt zu bewachen, und gib dieses gimpelhafte Graben in nutzlosem närrischen Nichts auf!“

Konya jedoch wollte ihm nicht nachgeben. Harruel dachte flüchtig daran, es ihm zu befehlen, als sein König, daß er ihn auf seinen Wachgängen begleite. Doch dann fiel ihm ein, daß er ja noch nicht König sei und — außer in seinem Hirn — über nichts und niemanden herrsche. Es wäre also vielleicht nicht gerade klug, Konyas Vasallentreue jetzt schon auf eine so schwere Probe zu stellen. Also mochte er ruhig weiter mit Hresh nach diesem Glitzerzeug und Unsinn herumscharren; er würde schon rechtzeitig wieder zur Vernunft zurückfinden.

Der Jungkrieger Sachkor setzte Harruels Überredungskünsten weniger Widerstand entgegen. Das war ein seriöser und pflichtergebener Soldat, ganz ohne den Ehrgeiz, ein Sucher werden zu wollen. Und seit er das Kopulationsalter erreicht hatte — anscheinend hatte er ein Auge auf das Mädchen mit Namen Kreun geworfen —, spähte Sachkor nach einer Möglichkeit, wie er sich im Stamm auszeichnen könne, um Kreuns Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Die Verbindung mit Harruel war dazu möglicherweise der rechte Weg. Harruel hegte einige Zweifel an Sachkors Vollwertigkeit als Held, denn er war schlank und wirkte nicht übermäßig kräftig; doch immerhin war er schnellen Fußes und mochte sich als Melder nützlich machen.

„Es halten sich Feinde in Verstecken in den Bergen auf“, erklärte Harruel ihm. „Sie haben rote Augen und auf dem Haupt häßliche Helme, und an einem dieser Tage werden sie herabsteigen und uns alle zu ermorden versuchen. Wir müssen darum beständig auf der Hut sein vor ihnen.“

Also begleitete von da an Sachkor an jedem Morgen Harruel hinauf in das Bergland. Er wirkte überglücklich, weil er nun eine bedeutsame Aufgabe zu erfüllen hatte, und manchmal sprudelte er dermaßen vor Übermut über, daß er wild die bewaldeten Hänge in überschwenglich losschnellender Geschwindigkeit hinanpreschte. Harruel, der mächtiger und gewichtiger war und älter und bei weitem nicht so flink an den Füßen, fand dieses Betragen ärgerlich und befahl Sachkor, sich mehr in seiner Nähe zu halten. „Es wäre unklug“, sagte er, „wenn wir beide uns hier draußen voneinander trennten. Bei einem Angriff müssen wir einander beistehen.“

Aber sie wurden niemals angegriffen. Sie sichteten einige seltsame Wildtiere, von denen aber nur wenige feindselige Absichten zu hegen schienen; vom Volk der Behelmten zeigte sich keiner. Dennoch zogen sie jeden Tag auf Spähgang aus. Harruel wurde des ständigen Gebrabbels von Sachkor mehr und mehr überdrüssig, denn dabei handelte es sich vorwiegend um die unentwegte Lobpreisung des dichten dunklen Fells der Jungmaid Kreun und ihrer langen zierlichen Beine. Doch Harruel riß sich zusammen, indem er sich sagte, daß ein Krieger bereit sein müsse jegliche erdenkliche Art Unbill zu ertragen.

Es gelang Harruel, unter den beschäftigungslosen Jungkriegern ein paar weitere Rekruten zu gewinnen: Salaman und Thhrouk. Nittin, der gar kein Krieger war, sondern eher eines von den zur Kopulation bestimmten Mädchen des Volkes, schloß sich ihm gleichfalls an. Er sei es leid, sagte er, seine Tage inmitten einer Säuglingsstation zu verbringen. Und es bestand ja wahrlich auch kein Grund, die altmodische Kastenstruktur hier draußen in der Freiheit fortzusetzen, oder? Anfangs verwirrte solche Rede Harruel, aber nach einigem Nachdenken erkannte er, wie vernünftig Nittins Angebot war. Denn wenn er später einmal mit Koshmar um die Herrschaft über das Volk streiten wollte, würde er die Unterstützung von möglichst vielen Fraktionen im Stamm brauchen. Und Nittin, mit seinen Verbindungen zu den Weibern und zu weiteren Zuchtmännern, tat da neue Möglichkeiten auf.

Ein Versuch, auch Staip zu rekrutieren, führte allerdings ins Leere. Staip, ein halbes Jahr älter als Harruel, war stark und zuverlässig, aber ein irgendwie farbloser Mann, und Harruel erschien es, als besitze er überhaupt keinen Funken von Kämpferseele. Er tat, was ihm aufgetragen ward. und ansonsten tat er gar nichts. Aus eben diesem Grunde hatte Harruel geglaubt, ihn leicht für sich einnehmen zu können; aber als er dann mit Staip sprach und den behelmten Mann erwähnte, die Bedrohung, die dieser darstelle, starrte Staip ihn nur begriffsstutzig an und sagte: „Aber der ist doch tot, Harruel.“

„Das war nur der erste von denen. Aber da stecken mehr von denen in den Bergen und lauern nur darauf, über uns herzufallen.“

„Meinst du wirklich, Harruel?“ fragte Staip gleichgültig.

Er konnte — oder wollte — nicht begreifen, wie wichtiges war, beständige Patrouillen durchzuführen; und nach einigem Hin und Her hob Harruel erzürnt die Hände gen Himmel und ließ den Mann einfach stehen.

Bei Lakkamai, dem vierten Seniorkrieger, widerfuhr Harruel ähnliche Widerwärtigkeit. Der wortkarge, übellaunige Lakkamai schien kaum zuzuhören, als Harruel ihn anging. Ungeduldig fiel er ihm ins Wort, noch ehe Harruel mit seinem Spruch zu Ende war. „Das geht mich nichts an. Ich werde nicht mit dir in den Bergen herumkraxeln, Harruel.“

„Aber wenn sich dort der Feind versteckt hält und darauf lauert, uns Böses zu tun?“

„Der einzige Feind sitzt in deinem verwirrten Hirn“, sagte Lakkamai. „Mich laß in Frieden. Ich habe eigene Aufgaben, die ich erfüllen muß, und zwar hier in der Stadt.“

Und Lakkamai ging davon. Harruel spuckte hinter ihm drein. Eigene Aufgaben, pah! Was konnte von höherer Wichtigkeit sein als die Verteidigung des Stammes? Aber Lakkamai, soviel war klar, würde sich nicht herumkriegen lassen, ebenso wenig noch weitere von den älteren Männern. Es sah also so aus, daß nur die Jungmänner bereit sein würden, sich dem hehren Heldentum zu verpflichten, jene, die noch voller voranstrebender Säfte steckten und nicht wußten, worauf sie ihren Ehrgeiz lenken sollten. Nun, so sei es denn, dachte Harruel. Genau die werde ich brauchen können, wenn ich mich anschicke, mein neues Königtum zu errichten, sie, und nicht Staip, nicht Lakkamai, ja nicht einmal Konya.

Koshmar war indessen kundig geworden, daß tagtäglich mehrere Männer unter Harruels Führung zu geheimnisvollen Ausflügen ins Bergland aufbrachen. Also ließ sie ihn rufen und verlangte eine Erklärung von ihm.

Harruel erläuterte genau, was er getan habe und warum, und er machte sich auf eine hitzige Auseinandersetzung bereit.

Zu seiner Verblüffung erfolgte keine. Koshmar nickte nur ruhig und sprach: „Du hast uns guten Dienst geleistet, Harruel. Dies Volk der Behelmten ist vielleicht die größte Gefahr, die uns droht.“

„Wir werden die Streifzüge fortsetzen, Koshmar?“

„Ja. Ja, das sollte man unbedingt. Vielleicht werden sich einige der anderen Männer anschließen wollen. Das einzige, worauf ich bestehe“, sagte sie, „wenn du künftig derlei Sachen organisierst, wirst du mich bitte vorher unterrichten, was du vorhast. Es gibt da nämlich ein paar im Volk, die vermuten, du bildest dir da vielleicht in den Bergen eine Privatarmee aus und hast vor, uns anzugreifen, um — wer weiß? — uns deinen Willen auf zuzwingen.“

Harruel erwiderte mit wütendem Augenfunkeln: „Den Stamm angreifen? Aber das wäre doch Wahnwitz, Koshmar!“

„Eben. Genau dies dachte auch ich.“

„Sag mir, wer derartige Lügen über mich verbreitet! Ich will ihm die Haut abziehen und sie ausstopfen lassen! Ich werde ihn zu einem Fußschemel machen! Ein eigenes Heer? Um den Stamm anzugreifen? — Götter! Wer ist der lästerliche Leumundschänder?“