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Koshmar sagte: „Ach, es war weiter nichts als törichtes Getuschel, nichts weiter als Vermutungen. Als man es vor mich brachte, konnte ich nur lachen, und dann mußte auch der Tratscher lachen und eingestehen, daß für eine solche ungeheuerliche Sache wenig Wahrscheinlichkeit spreche. Keiner hat deine Ehre angetastet, Harruel. Niemand zweifelt an deiner Treue. Also geh denn nun und schare deine Mannen um dich, und dann nehmt eure Patrouillen wieder auf. Du erweist uns eilen damit einen großen Dienst.“

Harruel trat ab. Er fragte sich, wer solche Gedanken in Koshmars Kopf geflüstert haben mochte.

Konya war der einzige, zu dem er jemals über seinen ehrgeizigen Plan gesprochen hatte, Koshmar aus der Stammesherrschaft zu vertreiben und selbst unter dem Titel eines Königs die Herrschaft über das Volk anzutreten. Und Konya hatte sich geweigert, an den Streifzügen teilzunehmen. Dennoch, Harruel vermochte es einfach nicht zu glauben, daß Konya ihn verraten haben könnte. Es war unmöglich.

Also? Wer dann?

Hresh?

Da hatte es einmal vor langer Zeit, erinnerte Harruel sich, diesen Vorfall gegeben, als Hresh gerade frisch zum Chronisten ernannt worden war, und er, Harruel, mit seinen Fragen über die geschichtliche Bedeutung der Königherrschaft an den Knaben herangetreten war. Hinterher war er zu der Überzeugung gelangt, daß es gefährlich sein könnte, Hreshs Aufmerksamkeit zu stark auf derlei Dinge zu lenken, und er hatte die Sache dem Jungen gegenüber nie wieder angeschnitten. Aber dieser Hresh verfügte über einen eigenartigen Verstand, einen brütenden Verstand, in dem die Dinge lange keimten und reiften, bis er die tieferen Zusammenhänge zwischen ihnen knüpfte.

War es aber Hresh, der Koshmar den Gedanken des Argwohns ins Ohr geflüstert hatte, so sah Harruel derzeit nicht, was er dagegen unternehmen könnte. Vernünftig wäre es allerdings, Hresh von nun an als einen Feind zu betrachten und sich dementsprechend zu verhalten. Aber die Zeit war noch nicht gekommen, sich ihm offen entgegenzustellen. Zuerst mußte alles klar durchdacht werden. Jedenfalls, man mußte sich vor diesem kleinen Hresh hüten: er war viel zu scharfsinnig, er sah die Dinge viel zu klar. und er verfügte über große Macht.

Es fuhr Harruel auch durch den Sinn, daß Koshmar vielleicht nur darum seine täglichen Streifzüge vor die Stadt so freundlich begrüßte, weil er ihr auf diese Weise nicht in die Quere geraten konnte. Solange er sich halbe Tage lang in den Vorbergen herumtrieb, stellte er in der Siedlung keine Bedrohung ihrer Autorität dar. Vielleicht glaubte sie, daß das äußerst nett seinerseits sei.

Und so zog Harruel weiter Tag um Tag hinaus, gewöhnlich in Begleitung von Nittin oder Salaman, seltener der Sachkors. Irgendwie war ihm die Geduld abhanden gekommen, sich unablässig anhören zu müssen, wie wundervoll und wunderschön die von Sachkor geliebte Kreun war.

Das Volk der Behelmten blieb weiterhin unsichtbar. Widerwillig begann Harruel mit dem Gedanken zu spielen, daß es ‚den Feind‘ vielleicht überhaupt nicht gebe. Womöglich war dieser erste Späher ein Einzelgänger gewesen, ein weitab allein und fern von seinem Volke umherstreifender Wanderer. Oder vielleicht hatten ihn die Helmträger auf dem Durchmarsch in der Nähe Vengiboneezas, das sie als bereits besiedelt von Koshmars Stamm erkannten, vorgeschickt, auf daß er herausfinde, wie man ihn empfangen würde; und als er dann nicht zurückkehrte, waren die Helmleute einfach weitergezogen.

Der Gedanke war nur schwer zu schlucken. Harruell hoffte, das Volk der Behelmten möge sich zeigen und möglichst auf Zwist und Kampf aus sein. Oder wenn schon nicht die Behelmten, dann eben irgendein anderer Feind — jeder, aber wirklich jeder beliebige Feind wäre ihm recht gewesen. Dieses satte, friedliche Stadtleben hatte ihn von den Fußsohlen bis zu den Haarwurzeln auf seinem Schädel, ja bis ins Mark seiner Knochen mit Unrast erfüllt. Wirklich, es schmerzte ihn bis ins Mark. Er sehnte sich nach einem richtig schönen fröhlichen Schlachtgemetzel, nach einem heftigen ausgedehnten Krieg.

Im Verlauf dieser spannungsgeladenen Periode eines ungestörten Friedens legte sich Harruels Kopulationspartnerin, Minbain, nieder und wurde von einem kräftigen, prächtigen männlichen Kind entbunden. Es gefiel ihm, daß er Vater eines Sohnes geworden war. Hresh wurde gerufen und vollzog das Namensritual. Und Hresh verlieh seinem neuen Halbbruder den Namen des Samnibolon, was Harruel ganz und gar nicht gefiel, denn Samnibolon war der Name des früheren Kopulationspartners der Minbain gewesen, Hreshs leiblichen Vaters. In gewisser Weise kam Harruel sich betrogen und geleimt vor, daß dieser Name in Verbindung mit seinem eigenen leiblichen Sohn ins Stammesregister zurückkehren sollte.

Und Hresh ist es, der mir dies angetan hat, dachte er grimmig.

Jedoch, der Alte Mann des Stammes hatte den Namen in Gegenwart der Eltern ausgesprochen und vor der Opferfrau, also war dieser Name nicht rückgängig zu machen. Samnibolon-Sohn-des-Harruel, so würde es von nun an heißen. Aber den Göttern sei gedankt, es war nur der Geburtsname. Der Knabe würde sich, wenn in neun Jahren sein Benamungstag kam, selbst seinen Dauernamen wählen, und Harruel wollte es sich gewißlich zur Aufgabe machen, daß der Name ein anderer sein sollte. Dennoch, neun Jahre, das war eine lange Zeit, wenn du deinen Erstgeborenen bei einem Namen rufen mußt, der dir im Mund wie eine vorwurfsvolle Bitternis aufquillt. Harruel gelobte sich insgeheim, daß er Hresh dies eines Tages auf irgendeine Weise heimzahlen werde.

Es war eine schwere Zeit für Harrueclass="underline" Mond über Mond in friedlicher Folge — und dann, ein Sohn geboren, und er bekommt einen widerwärtigen Taufhamen. Grämlicher Ärger kochte brodelnd in Harruels Herzen.

Nicht lange würde es währen, bis das Gift im Kessel überkochte.

* * *

Es ergaben sich kaum triumphale Erfolge, aber viele Mißgeschicke im Verlaufe der Bemühungen Hreshs, die Fundsachen zu begreifen, die er in den Ruinen Vengiboneezas ausgegraben hatte.

Die Leute der Großen Welt — oder die Mechanischen, die für sie als Handwerker und Instrumentenbauer gearbeitet hatten — waren offenbar bestrebt gewesen, ihre Geräte und Apparaturen für die Ewigkeit zu bauen. Manche von diesen waren einfache Konstruktionen, verschiedenfarbige Metallstreifen in raffinierten Mustern angeordnet. Es gab nur wenige Anzeichen von Rost oder andere Abnutzungs- und Zerfallsmerkmale. Oft waren kostbare Steine eingelagert, die anscheinend Teile der Mechanik und nicht pure Schmuckstücke waren.

Manchmal bereitete es überhaupt keine Schwierigkeit, die Apparate zum Funktionieren zu bringen. Einige wenige besaßen kompliziert angeordnete Druckpunkte und Hebel, doch die meisten hatten nur aller-simpelste Kontrollpaneele, wenn überhaupt. Wie aber sollte man wissen, welche Funktion eine Schaltung zu erfüllen hatte? Oder welche Katastrophe man auslösen könnte, wenn man sie auf falsche Weise betätigte?

Die anfänglichen Experimente, die Hresh durchführte, endeten in der Mehrzahl mit kleineren Katastrophen und selten erfolgreich. Da war etwa dieses Instrument — nicht länger als sein Arm —, das sofort nachdem er einen kupfernen Knubbel an seiner Schauze berührt hatte, damit begann, ein Netz zu weben. Mit märchenhafter Geschwindigkeit spuckte es feine klebrige, fast unzerreißbare Fäden aus seiner Schnauze und schoß sie in wilden Schleifen dreißig Schritt weit umher. Sobald er sah, was passierte, ließ Hresh zwar den Kontrollknopf los, aber inzwischen hatte er Sinistine, Praheurt und Haniman in einem festen Netz dieses Stoffes gefangen. Es dauerte Stunden, bis man sie wieder daraus losgeschnitten hatte, und Tage, ehe ihr Fell wieder völlig sauber war.

Ein anderer Apparat, den er zum Glück fern von Leuten und draußen im Tempelhof ausprobierte, schien Erde in Luft verwandeln zu können. Mit einem raschen Feuerstoß schnitt Hresh eine Grube aus dem Grund, die hundert Schritt breit und fünfzehn Schritt tief war, und es blieb nichts übrig von dem, was sich da zuvor befunden hatte — außer einem schwachen Brandgeruch. Vielleicht hatte der Apparat dazu gedient, Gelände zu roden, oder vielleicht war es eine Waffe. Voll Abscheu versteckte Hresh das Ding, wo es wohl kaum jemand je wieder würde finden können.