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„Still“, sagte Koshmar. „Harruel, leugnest du die Vergewaltigung?“

Harruel schwieg.

„Wir müssen dem auf den Grund kommen“, sagte Koshmar. ‚Hresh, hol die Schimmersteine. Wir werden das Orakel befragen. Nein, noch besser, hol lieber deinen Wunderstein! Wir werden Harruel mit diesem befragen. Wir werden herausfinden, was zwischen ihm und Kreun war, wenn da wirklich etwas war, und wir werden.“

„Nein“, sagte Harruel plötzlich. „Diese Untersuchung ist unnötig. Und ich werde sie nicht zulassen. Und was die Aussage von Kreun angeht, da gab es keinen Zwang.“

„Lügner!“ schrie Kreun.

„Es gab keine Gewalt“, fuhr Harruel fort, „aber ich will nicht abstreiten, daß ich mit ihr kopuliert habe. Ich war auf dem Berg, um den Stamm gegen seine Feinde zu beschützen, eben jene Feinde, die jetzt direkt in unsere Mitte geritten kamen. Ich saß dort die ganze Nacht im Regen, um den Stamm zu schützen. Und am Morgen stieg ich herab, und ich traf Kreun, und Kreun wirkte meinen Augen angenehm, und ihr Duft war mir angenehm in den Nüstern, und so griff ich nach ihr und nahm sie und kopulierte mit ihr, und das ist die Wahrheit der Geschichte, Koshmar.“

„Und du tatest dies mit ihrer Zustimmung?“ fragte Koshmar.

„Nein!“ schrie Kreun! „Ich habe nicht eingewilligt! Ich war auf der Suche nach Sachkor und fragte Harruel, ob er ihn gesehen hatte, und daraufhin packte er mich — er war von Sinnen, er nannte mich Thalippa, er hielt mich für meine eigene Mutter — er packte mich und warf mich nieder auf die Erde und.“

„Ich sprach zu Harruel“, sagte Koshmar. „Also, Harruel, war das Geschehen einverständlich? Hast du sie gebeten, mit dir zu kopulieren, wie ein Mann ein Weib bittet — oder ein Weib einen Mann?“

Wieder schwieg Harruel.

„Dein Schweigen spricht dir das Urteil“, sagte Koshmar. „Auch ohne die Befragung mit dem Barak Dayir bist du verurteilt und verflucht, weil du Dinge getan hast, die bisher in diesem Stamm unbekannt waren, indem du Kreun ohne ihre Einwilligung genommen hast und indem du Sachkor niederge.“

„Ihre Einwilligung war nicht nötig“, sagte Harruel plötzlich.

„Nicht nötig? Nicht nötig?“

„Ich nahm sie, weil ich das Bedürfnis hatte, nachdem ich auf Wache für den Stamm eine schwere und einsame Nacht zugebracht hatte. Und weil ich sie begehrte, da sie mir schön und begehrenswert erschien. Und weil es mein Recht war, Koshmar.“

„Dein Recht? Ihr Gewalt anzutun?“

„Ja, mein Recht, Koshmar. Denn ich bin König und kann tun und lassen, was mir beliebt.“

Ihr Götter, schützt uns vor dem, dachte Hresh entsetzt.

Koshmars Augen wurden so groß, daß es schien, als würden sie ihr aus den Höhlen springen. Sie glotzte geradezu vor bestürzter Verblüffung.

Dann schien sie eine gewaltige Anstrengung zu machen, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Sie wandte sich mit gepreßter Stimme scharf an Hresh: „Was heißt dies, das Gerede um dieses Wort ‚König‘, das mir in diesen Tagen so oft an die Ohren schallt? Würde mir der Chronist das erklären?“

Hresh fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Es handelt sich dabei um einen Titel aus der Zeit der Großen Welt“, sagte er heiser. „Das Wort bedeutet eigentlich einen dank seiner Vornehmheit und seiner vorzüglichen Abstammung zur Führerschaft geeigneten Mann. Also, einen männlichen Stammeshäuptling, ganz so, wie Kreun das vorhin gesagt hat.“

„Es gibt in unserem Stamm keine Manns-Häuptlinge“, sagte Koshmar.

Von Harruel schwoll daraufhin eine gewaltige Woge heran, kraftvoll und fremdartig. Hresh spürte sie mit seinem Zweiten Gesicht auf, und ihre Stärke warf ihn beinahe um; es war, als stünde er in einem Sturmwind, der die Bäume samt ihren Wurzeln aus dem Erdboden riß.

„Die Herrschaft der Weiber ist vorbei“, sagte Harruel. „Denn vom heutigen Tage an bin ich König.“

Ruhig gab Koshmar Konya, Staip und Orbin ein Zeichen.

„Umzingelt ihn!“ befahl sie. „Ergreift ihn! Er hat den Verstand verloren, und wir müssen ihn vor ihm selbst schützen.“

„Keiner komme mir nahe!“ sagte Harruel. „Wage niemand es, mich zu berühren!“

„Du magst ja vielleicht König sein“, sagte Koshmar, „doch in dieser Stadt bin ich Häuptling und Führerin. Und der Häuptling befiehlt: Packt ihn!“

Harruel drehte sich um und blitzte Konya kalt an, der völlig bewegungslos blieb. Dann schaute Harruel Staip und Orbin an. Und auch sie rührten sich nicht.

Und dann wandte er sich wieder Koshmar zu.

„Du kannst von mir aus Häuptling sein, soviel du willst, Koshmar“, sagte er mit dunkler ruhiger Stimme. „Die Stadt gehört dir. Oder vielmehr, sie gehört jetzt dem Volk der Behelmten. Ich werde mich hinwegbegeben von hier und damit künftig dir keinen Anlaß zu Besorgnis bieten.“

Er ließ seine Blicke schweifen. Unterdes hatte sich der ganze Stamm eingefunden und stand wartend da. Auch die Frauen mit den Kindern, die sich im Tempel verbarrikadiert hatten, als die Kunde von den Eindringlingen kam, waren herzugeeilt. Harruels schwerer düsterer Blick heftete sich bald auf diesen, bald auf jenen. Hresh fühlte, wie dieser schwarze, bedrohliche Blick sich auf ihn senkte, und, unfähig, ihm zu begegnen, richtete er seine Augen zu Boden.

Harruel sprach: „Wer will mit mir ziehen? Diese Stadt hier bedeutet Krankheit und Übel, und darum müssen wir aus ihr fortziehen! Wer unter euch will mit mir an der Gründung eines großen Königreiches, weit weg von hier, mitwirken? Du, Konya? Du, Staip? Du? Und du? Und du?“

Noch immer standen alle starr und stumm. Das Schweigen war schrecklich.

„Warum sollten wir uns noch länger in dieser Totenstadt zusammenkauern? Ihre Tage des Ruhms sind seit langem dahin! So seht doch, der stinkende Kot der Tiere unserer Feinde häuft sich bereits auf dem Boulevard. Und dabei wird es nicht bleiben. Diese Stadt wird im Mist der Fremden begraben werden. Tretet hier herüber, ihr, denen die Weiberherrschaft ein Ärgernis geworden ist! Kommt auf meine Seite, ihr, die ihr euch nach Land sehnt, nach Reichtum und Ruhm! Wer hält zu Harruel und zieht mit ihm? Wer? Wer?“

„Ich ziehe mit dir“, sagte Konya mit rauher, brüchiger Stimme. „Wie ich vor langem mich verschworen habe.“

Hresh hörte, wie Koshmar heftig einatmete.

Konya schaute hinüber zur anderen Seite des Kreises von Stammesangehörigen, wo Galihine stand, seine Zuchtpartnerin. Ihr Leib zeigte die Schwellung eines heranreifenden Ungeborenen. Nach kurzem Zögern schritt sie mitten durch den Kreis und stellte sich an Konyas Seite.

„Wer noch?“ fragte Harruel.

„Das ist der reine Wahnsinn“, sagte Koshmar. „Fern von der Stadt werdet ihr zugrundegehen. Ohne Häuptling und Führerin werden euch die Götter mit Abscheu strafen, und ihr werdet vernichtet werden.“

„Wer sonst will noch mit mir ziehen?“ fragte Harruel.

„Ich“, sprach Nittin. „Und Nettin mit mir.“

Nettin sah ziemlich verdattert drein, als hätte er ihr einen Schlag mit einer Keule versetzt. Dennoch schritt sie gehorsam durch den Kreis zu ihrem Mann hinüber. Ihren Säugling, Tramassilu hielt sie fest mit beiden Armen umfangen.

Harruel nickte.

„Ich komme mit“, sagte Salaman überraschend. Weiawala folgte ihm, ebenso der Jungkrieger Bruikkos, und, nach einem kurzen Zögern, auch das Mädchen Thaloin, die vor zwei Tagen erst dem Bruikkos als feste Gefährtin anverlobt worden war. Hresh fühlte, wie sich in seinem Herzen eine schauerliche Kälte ausbreitete. Er hatte nicht damit gerechnet, daß irgendeiner vom Stamm es in Erwägung ziehen könnte, Harruel Gefolgschaft zu leisten; aber was jetzt geschah, war eine Katastrophe! Der Stamm brach auseinander!