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Haniman überbrachte Hresh diese Neuigkeit; der aber schüttelte den Kopf. „Sie begeht einen Riesenfehler, wenn sie das glaubt. Die Beng haben dreimal soviele Krieger wie wir. Und diese riesigen gezähmten Bestien. Es gibt keine Möglichkeit, wie wir sie je innerhalb von Dawinno Galihine unter Blockade halten könnten.“

„Aber wenn die alten Häuser einstürzen, wie sollten sie dann herauskönnen?“

Hresh lächelte. „Sie würden die Zinnobären einsetzen, um die Trümmer beiseite zu räumen. Meinst du etwa, das würde denen schwerfallen? Und dann würden sie direkt auf unsere Siedlung zugepoltert kommen und alles niedertrampeln, was sich ihnen entgegenstellt.“

Haniman vollführte eine ganze Kette heiliger Abwehrzeichen in der Luft. „Yissou soll uns schützen, meinst du wirklich, daß es dazu kommt?“

Mit einem Achselzucken sagte Hresh: „Sie sind viele, wir nur wenige, und wir haben gerade die meisten unserer besten Krieger verloren. Wäre ich an Koshmars Stelle, ich würde äußerst liebenswürdig zu den Beng sein — und im übrigen das Beste hoffen.“

Tatsächlich aber schienen die Beng kein Interesse am Kampf zu haben. Wie sie es versprochen hatten, luden sie das Volk des Stammes in der ersten Nacht zu einem Fest ein und spendierten großzügig Fleisch und Früchte und Wein. Das Fleisch stammte von Tieren, wie sie Hresh noch nie vorher gesehen hatte; kurzbeinige, rundliche Tie re mit flachen schwarzen Nasen und dichtwolligen grauen rotgestreiften Decken. Auch die Früchte, die das Beng-Volk mitgebracht hatte, waren unbekannt, leuchtend gelb mit drei geschwollenen in einem Nippel endenden Lappen, sahen sie wie Brüste aus, und sie besaßen ein süßes moschusartiges Aroma.

Es gab danach noch weitere Feste, und man gab sich allgemein Mühe, den Anschein von Freundlichkeit zu erwecken, obwohl es dem allem an Wärme mangelte. Oft stellten sich vier oder fünf der behelmten Beng in die Siedlung des Volkes, standen da herum, glotzten, zeigten mit den Fingern und versuchten Gespräche anzuknüpfen. Doch was sie in der ihnen eigenen Bellsprache sagten ergab für keinen einen Sinn, nicht einmal für Hresh.

Manchmal zog Hresh seinerseits mit ein paar Gefährten aus, um diese Besuche zu erwidern. Das Helmvolk hatte sich in Dawinno Galihine eingenistet, als entspreche es perfekt ihren Bedürfnissen, und sie hatten damit begonnen, Schutt fortzuräumen und mit erstaunlicher Zielstrebigkeit und Schnelligkeit beschädigte Bauten zu restaurieren. Unablässig bosselten sie fieberhaft in ihrem Stadtsektor herum, sie gruben und hämmerten und reparierten. Hresh erschienen die Neukömmlinge viel, viel mehr Energie und Unternehmungsgeist zu besitzen als sein eignes Volk, auch wenn er dabei zugeben mußte, daß er selbst gegenüber dem Neuen und Exotischen ein gewisses positives Vorurteil hegte. Besonders ein Bau schien im Mittelpunkt ihrer Mühen zu liegen: ein schmaler schwarzer Steinturm, schimmernd, wie von Wasser überflössen, und um den sich in Reihen angeordnete offene Ringgalerien zogen. Hresh versetzte es einen Stich, als er die bengischen Arbeiter auf diesem feingestalteten nach oben zu sich verjüngenden Turm herumkrabbeln sah, denn es war eines der Bauwerke, zu deren Erforschung er bisher nie gekommen war. Und wenn er sich ihm jetzt näherte, betrachteten ihn die Beng mit Unbehagen, und einmal sprach ihn ein scharfnasiger Obrist in einem wuchtigen Bronzehelm mit brüsken wegscheuchenden Gesten an, was ja nicht eben wie eine Einladung zur Besichtigung aussah.

Wie es seine Art war, gierte Hresh danach, mehr über dieses neue Volk in Erfahrung zu bringen. Er wollte Bescheid wissen über die Geschichte und alles hören, was ihnen auf ihrer Wanderung durch die Welt nach Vengiboneeza widerfahren war. Er überlegte, ob es ihnen vielleicht gelungen war, mehr als er über die Zeit der Großen Welt herauszufinden. Es drängte ihn, von ihrem Gott, Nakhaba, zu hören und darüber, wie er sich von Göttern des eigenen Stammes unterscheide. Und fünfzig weitere Fragen blubberten in seinem Hirn. Er wollte alles erfahren. Alles, alles, alles!

Aber — wo beginnen, und wie?

Da er noch immer nicht viel Sinn in der Bengsprache zu entdecken vermochte, versuchte Hresh es mit der Sprache der Gestik. Er zog einen quadratschädligen klobigen Behelmten beiseite, der irgendwie gemütlich und zugänglich aussah, und mühte sich, ihn mittels umständlicher Gestikulation auszufragen, wo das Helmvolk in früherer Zeit gelebt habe. Der Beng antwortete ihm mit dröhnendem Lachen, bellte und rollte wild die scharlachroten Augen. Doch nach einiger Zeit schien er doch zu begreifen, worauf Hreshs mühselige Pantomimik hinaussollte, und er begann seinerseits Zeichen zu machen. Er wedelte eindrucksvoll mit den Armen, seine funkelnden Augen rollten von einer Seite zur ändern. Hresh gewann den Eindruck, als wolle der Mann ihm bedeuten, daß die Beng von Süden und Westen gekommen seien, von nahe dem Rand eines gewaltigen Ozeans. Aber ganz sicher war er sich dessen nicht.

Die Sprachbarriere stellte ein ernsthaftes Problem dar. Durch den versteckten Einsatz seines Zweiten Gesichts erwarb Hresh sich einiges Gefühl für Rhythmus und Tonalität der bengischen Sprechweise, und es schien ihm beinahe, als verstünde er auch die Bedeutung des gesprochenen. Doch zu glauben, daß man die Bedeutung von etwas verstehe, das war eben leider nicht das gleiche, wie etwas wirklich zu verstehen. Wann immer er sich bemühte, einen Bengsatz in seine eigene Sprache zu übersetzen, begann er zu tasten, und es mißlang ihm.

Koshmar erteilte ihm den Befehl, sich eifrig der Erlernung der bengischen Sprache zu widmen. „Dring in das Geheimnis ihrer Worte ein“, sagte sie, „und tu es rasch! Sonst stehen wir ihnen hilflos gegenüber.“

Eifrig und voller Zuversicht begab er sich ans Werk. Wenn einer wie Sachkor ihre Sprache erlernen konnte, dann würde vermutlich auch er keine Schwierigkeiten damit haben.

Wie sich herausstellte, war die Sache jedoch mühsamer, als er erwartet hatte. Zunächst wandte er sich an Noum om Beng, da dieser gebrechliche verhutzelte Alte im Beng-Stamm den gleichen Rang innehatte wie Hresh bei seinem Volk. Noum om Beng hatte sich in einem labyrinthischen Gebäude niedergelassen, das in den Tagen der Großen Welt möglicherweise ein Palast gewesen war. Es lag dem Spiralturm direkt gegenüber, und hier thronte er auf einer schwarzen Steinbank, über die eine festliche vielfarbige Webdecke gebreitet lag, und hielt den ganzen Tag lang Hof in der hintersten und unzugänglichsten Kammer des Hauses, einem kahlen, leeren schmucklosen Gemach mit weißen Wänden.

Er schien gern bereit, ihn zu unterrichten, und sie verbrachten immer wieder lange Stunden zusammen; Noum om Beng redete, und Hresh lauschte aufmerksam und mühte sich — mit höheren Erwartungen, als von Erfolg gekrönt —, die Bedeutung des Gesagten aus der Luft zu erhaschen.

Es fiel Hresh überhaupt nicht schwer, die Bezeichnungen für Dinge zu erlernen: Noum om Beng brauchte nur auf etwas zu zeigen und das Wort zu sagen. Doch wo es um abstrakte Begriffe ging, fand Hresh die Geschichte weitaus zäher und komplizierter. Nach und nach gelangte er zu der Überzeugung, daß Sachkors Behauptung, die Beng-Sprache zu verstehen, zu einem Teil leichte Wörter, zu drei Teilen Herumraterei und zu sechs Teilen Angabe gewesen sein müsse.