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Artusch, einer von Kamos Klassenkameraden, hatte zwar nicht den Mut, in der Versammlung etwas dagegen zu sagen, entrüstete sich aber hinterher um so lauter und wortreicher.

»Sind wir denn alle so dumm?« schrie er. »Müssen wir uns von so einer hergelaufenen Rotznase aus Jerewan was vorerzählen lassen?«

Kamo stammte tatsächlich aus Jerewan. Seine Mutter, eine Tochter des Jägers Assatur, hatte einen Mann aus Jerewan geheiratet und war nach dort gezogen. Als der Krieg ausbrach, war Kamos Vater an die Front gekommen, und die Mutter war mit ihrem Sohn in ihr Heimatdorf Litschk zurückgekehrt. Sie war im Dorf wie eine Ortszugehörige aufgenommen worden und arbeitete nun schon lange in einer Kolchosbrigade der Tabakplantage. Kamo besuchte die Dorfschule. Nachdem dann sein Vater, Samson, im Jahre 1946 aus der Roten Armee entlassen worden war, kam auch er in das Dorf.

Es gefiel Samson hier sehr gut. Er war ein tüchtiger Mechaniker und wurde von Bagrat überredet, wenigstens so lange im Dorf zu bleiben, bis Kamo aus der Schule kam. Er sollte die Schmiede in Gang bringen und die landwirtschaftlichen Maschinen reparieren.

Samson erklärte sich bereit, und sie blieben.

»Warum auch nicht?« meinte der Schmied. »Ich werde hier-bleiben und mit euch zusammen arbeiten. Wenn Kamo mit der Schule fertig ist, werde ich ihn nach Jerewan auf die Universität schicken.«

Kamo lernte gut; er war beliebt bei seinen Kameraden und wurde bald zum Sekretär des Kommunistischen Jugendverbandes gewählt. Aber Artusch war auf Kamos Erfolge und seine Beliebtheit bei den Kameraden neidisch. Denn sicher, so dachte er, hätten sie ihn zum Sekretär gewählt, wenn Kamo nicht dagewesen wäre. Jetzt fraß der Neid an ihm und machte ihn heimtückisch und schlecht.

Kamos Versuche, Artusch seine Einbildungen auszureden und ihn für sich zu gewinnen, waren bisher immer gescheitert.

Auf der Suche nach Bruthennen

»Nein, diese Asmik! Was fangen wir nur mit dem Mädel an, Sb Großväterchen Assatur? « klagte die gutmütige Tante Anaid. »Im vorigen Jahr hat eine von unseren Glucken zwanzig Entlein ausgebrütet, wie viele Bruthennen werden die Kinder jetzt haben wollen? Du willst wirklich allzu viele Küken ausbrüten lassen, Asmik.«

»Mach dir keine Sorge, Mütterchen, Bruthennen werden wir schon finden«, schmeichelte Asmik. »Großväterchen Assatur wird uns eine leihen; er hat es mir versprochen. Nicht wahr, Großväterchen?«

»Gewiß, gewiß, wie sollte man eine solche Sache nicht unter-stützen! Unbedingt werden wir bei meiner Alten eine Glucke loseisen. Und bei den andern Bauern werden wir auch welche bekommen. Jetzt sitzen ja die Hennen überall auf den Eiern. Wo sind eigentlich deine vorjährigen Küken, Asmik? Leben sie noch? Zeig mal, was für Wunderdinger das geworden sind! «

»Ja, ich kann sie dir nicht zeigen, Großväterchen. Sie sind doch den ganzen Tag draußen auf dem Fluß. Wenn du graue siehst, mit marmorierten Federn — das sind unsere. Solche hat niemand anders.«

»Und sie fliegen nicht weg?« fragte der Großvater. »Wir haben ihnen ja die Flügel beschnitten. Vorher sind sie mal ganz weit weggeflogen. Sie sind aber von selbst wiedergekommen... Großväterchen, hilf uns bitte, bitte dabei, Bruthennen zu besorgen! « flehte Asmik. »Alle Leute im Dorf haben dich gern. Dir wird es keiner abschlagen.«

»Versuchen wir es, Kindchen, komm nur« willigte der Großvater ein. »Gehen wir erst mal zu meiner Alten!«

Asmik strahlte und trippelte neben dem Großvater her.

»Alte, eine von deinen Hennen gluckt doch, soviel ich weiß«, sagte der Großvater, als sie zu Hause ankamen. »Leihe sie doch dem Mädchen hier.«

Die alte Nargis war sprachlos. Wie komme ich dazu? stand auf ihrem Gesicht geschrieben.

Asmik zeigte ihr ein großes Ei und sagte:

»Das ist das Ei von einer Wildgans, Großmütterchen. Wir werden solche Eier der Henne unterlegen, dann werden drollige Küken herauskommen, flauschige, goldgelbe Dingerchen.. . «

»O-o-och, erblinden möchte ich! Hat jemand schon erlebt, daß man einer zahmen Henne die Eier wilder Vögel unterlegt? Was für Neuigkeiten!« Die Greisin bekreuzigte sich. Großvater Assatur schüttelte mißbilligend den Kopf.

»Nun, hast du dich bekreuzigt? Brauchst nichts zu befürchten - bringe die Bruthenne und mach keine Geschichten.«

»Was soll denn das?« murrte die Alte. »Ich selbst wollte der Henne gerade einige Eier unterlegen. Sollen wir denn ohne Küken bleiben?«

»Schon gut, schon gut, murre nicht!« begütigte der Großvater. »Hühner hast du ja genug. Es wird sich auch eine zweite Bruthenne für uns finden.«

»Großmütterchen, wenn bei euch noch eine Henne zu brüten anfängt, bring' ich dir Eier vom schwarzen Wasserhuhn, soll ich?« fragte Asmik eifrig.

Die Alte ließ sich erweichen und ging, um die Henne zu holen.

Asmik half ihr beim Einfangen und stand dann, das Huhn an die Brust gedrückt, stolz und zufrieden da.

Großvater Assatur aber sagte:

»Mein liebes altes Frauchen, das junge Volk bei uns erfüllt die Welt mit Wundern! Dafür sind sie ja auch im Kommunistischen Jugendverband. Und diese Pioniere - ewig sollen sie leben - bringen alles fertig, was sie wollen. Glaub nur, sie bringen es fertig... Und finden sie keine lebenden Bruthennen, dann werden sie eben Bruthennen aus Eisen nehmen.«

Die erste vom Großvater entliehene Glucke half der Sache der Kinder vorwärts. Aram Michailowitschs Frau erklärte sich bereit, den Kindern eine weitere Bruthenne zu geben. Sie gingen auch zu Grikors Mutter, die zwar zuerst murrte, aber Grikor verstand es wie immer, sie zum Lachen zu bringen und dadurch zu erweichen.

»Nani-dshan[3]«, sagte er zärtlich, »ich werde dir mit dem Huhn ein ganzes Regiment Küken zurückbringen. Gib sie uns und sei nicht bange!«

»Ach, du Schelm, wirst du jemals so werden wie Armjon?« sagte sie und mußte, ob sie wollte oder nicht, auch lachen; sie öffnete die Tür zum Hühnerstall.

Grikor umarmte seine Mutter stürmisch.

»Ich will doch später mal Professor werden, Mütterchen.« »Dann lerne erst ordentlich in der Schule«, meinte die Mutter.

»Ich werde, ich werde. Es hat Zeit, Mütterchen — blinder Eifer schadet nur. . .«, rief Grikor übermütig. »Gib mir das Huhn.« Er nahm es ihr einfach aus den Händen und lief davon.

Großen Lärm schlug Setos Mutter, Tante Sona. Die Kinder hatten sich gar nicht an sie gewandt, aber Sona hielt es für notwendig, sich einzumischen. Auf dem flachen Dach ihres Hauses stehend und mit den Armen fuchtelnd, schrie sie: »Solchem Gesindel wie euch werde ich kein Huhn geben! «

Grikor wollte sie beschwichtigen und rief ihr zu:

»Tante Sona, hör doch erst zu, wir gründen eine Farm. Verstehst du — eine Geflügelfarm! Wir werden uns im Dorf vor Gänsen und Enten und Wasserhühnern nicht mehr retten können... Tante Aschchen«, wandte er sich an eine der Frauen, »gib du uns doch für fünfundzwanzig Tage ein Bruthenne. Du bekommst dann auch die Hälfte der ausgebrüteten Küken.«

»Dummkopf, die wilden Vögel werden gerade darauf warten, daß du sie verschenkst!« mischte sich der von dem Streit angelockte Seto in das Gespräch.

Es wurde Grikor ungemütlich. Der freche Seto war nicht leicht unterzukriegen. Da erdröhnte unerwartet Großvater Assaturs Baßstimme.

»He, Aschchen, Astchik! He, ihr Frauen und Mädchen, bringt jede, wenn ihr sie habt, eine Bruthenne und gebt sie diesen Kindern! Zurückbekommen werdet ihr, sie bestimmt. Ich bürge dafür. Geschwind! Geschwind! Was sperrt ihr den Mund auf?« kommandierte er energisch.

Der alte Jäger genoß große Achtung im Dorfe. Auch in der Kriegszeit fanden die Nachbarn stets Unterstützung bei ihm;

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Nani-dshan = liebes Mamachen.