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immer war er hilfsbereit und gastfreundlich gewesen, und es gab niemand im Dorf, der nicht schon von seiner Jagdbeute abbekommen hätte.

»Nun, wenn Großvater Assatur es sagt, dann muß die Sache wohl in Ordnung sein«, sagte Aschchen und ging, um eine Glucke zu fangen.

Nur Sona lärmte auf ihrem Dache weiter:

»Großvater macht seinem weißen Bart Schande, er ist kindisch geworden!«

»He, Tochter Atos!« rief ihr der Alte drohend zu. »Ich höre nicht auf das, was du da plapperst, sehe es aber deinem Gesicht an — es ist nichts Gutes. Du bist aus schlechtem Holz.

Sieh dir die Mütter dieser Kinder an, die sind anders als du. Ihre Kinder sind in der Schule die Besten, und jetzt werden sie eine Farm gründen. Anstatt zu brummen, solltest du dich lieber um deinen Sohn bekümmern und sorgen, daß er es zu etwas bringt und sich nicht in den Bergen herumtreibt.«

Die Kinder gingen weiter in die Häuser der Kolchosbauern. An jeder Tür setzte Asmik ihren Plan lang und breit auseinander. Grikor erweichte die Hartherzigen durch seine Späße, während Großvater Assatur die Bitten der Kinder durch seine Autorität unterstützte:

»Gebt, gebt«, drängte er, »erschwert es den Kindern nicht!«

Keines der Kinder traute sich, den Lehrer darum zu bitten, sie früher fortzulassen, weil ja die Eier so schnell wie möglich in die Brutöfen und unter die Glucken gelegt werden mußten.

In der Pause lief Asmik in das Obergeschoß, in dem sich die höheren Klassen befanden; sie traf im Flur auf Kamo und Armjon. Ihren Mienen nach zu urteilen, waren auch die Jungen sehr aufgeregt.

»Komm, Kamo, wir wollen den Lehrer um Urlaub bitten«, schlug Asmik hastig vor. »Wir verspäten uns sonst beim Gluckensetzen.«

Artusch hatte das Gespräch gehört. Er schlich sich heran. »Bruthennen wollt ihr setzen?« fragte er spöttisch. »Das ist ja das Neueste! Der Sekretär unseres Jugendverbandes hat wohl nichts Wichtigeres zu tun? Das ist allerdings eine dringende, unaufschiebbare Angelegenheit!« spottete er hämisch.

Die drei sahen ihn verdutzt an; er aber ließ sie stehen und ging weiter.

»Asmik, Kamo und Armjon haben an den Seen Eier gesammelt und setzen jetzt Glucken.« — Diese Neuigkeit wurde im Flüsterton in der ganzen Schule verbreitet.

»Wie kannst du auch so dumm sein und auf dem Flur so laut darüber reden, Asmik?« ereiferte sich Kamo. »Geh schnell in deine Klasse zurück und bleibe da, bis der Unterricht zu Ende ist!«

Alle drei blieben also in der Schule, und erst nach Unterrichtsschluß liefen sie im Eiltempo zum Kolchosstall, der sich am Rande des Dorfes befand. Lärmend folgten ihnen viele der Schulkinder.

»Wo werden die Glucken gesetzt? Was sind das für Bruthennen?« schwirrte es von allen Seiten durch die Luft. Artuschs spöttische Stimme übertönte das Geplapper der Kinder.

»Kamo will sich als Sekretär des Jugendverbandes durch eine außergewöhnliche Tat mit unsterblichem Ruhm bedecken«, stichelte er in gekünstelter Redeweise.

»Warum auch nicht?« warf einer seiner Kameraden ein. »Durch irgendwas muß der Mensch doch seine Tüchtigkeit zeigen!«

Kamo wandte sich um; erst jetzt sah er die Kinder, die ihnen gefolgt waren, und rief:

»Was wollt ihr eigentlich?«

Niemand achtete auf ihn. Die Kinder waren alle begierig, die Eier der wilden Vögel zu sehen, mit denen Asmik vor ihren Freundinnen geprahlt hatte.

Am Stall angelangt, blieben sie stehen und bildeten um den Eingang einen dichten Halbkreis. Diejenigen, die zuhinterst standen, stellten sich auf die Zehenspitzen oder kletterten auf Steine und reckten den Hals, um zu sehen, was nun käme. Einige besonders Unternehmungslustige waren sogar auf die Dächer der Nachbargebäude gestiegen.

Kamo, Armjon und Asmik machten sich, ohne auf ihre neugierigen Schulkameraden zu achten, an die Arbeit. Sie fertigten aus Stroh weiche Nester an, in die sie behutsam je zehn oder zwölf Eier legten. Die anderen kamen in die Brutöfen. Dann wurden die Glucken geholt und auf die Nester gesetzt. Damit sie auch ja nicht davonfliegen konnten, banden ihnen die Kinder die Füße fest, denn die Tiere waren durch den Lärm und die vielen Menschen sehr unruhig und wollten zuerst nicht auf den Eiern sitzenbleiben.

Es war nur gut, daß Großvater Assatur kam und sofort ärgerlich loswetterte. Energisch verjagte er die Neugierigen, die den Stall umdrängten:

»Habt wohl noch keine Hühner gesehen?«

»So etwas Närrisches«, rief jemand. »Ihr verderbt ja die ganzen schönen Eier. Rührei sollte man lieber draus machen!« Doch die Kinder ließen sich nicht beirren.

»Was sollen wir mit diesen Eiern machen, Großväterchen?« fragte Asmik und zeigte auf den Korb mit den aussortierten Möwen- und Reihereiern.

»Mit diesen hier? Das habe ich euch doch schon gesagt, ihr sollt sie beim Fischtrust abliefern.«

»Sollten wir sie nicht lieber aufheben?« schlug Armjon vor. »Wir können damit vielleicht später unsere Küken füttern. Denen gibt man doch zuerst feingehackte gekochte Eier.«

»Armjon ist klüger als wir alle«, gab Kamo neidlos zu. »Wir wollen die Eier aufheben! Etwas Besseres können wir gar nicht damit machen.«

Auch der Großvater war mit dem Vorschlag einverstanden.

Drei Wochen lang hegten und pflegten Asmik und ihre Freundinnen geduldig und liebevoll die brütenden Hennen. Armjon hatte Akkumulatoren besorgt und paßte auf, daß die Temperatur in den Brutöfen gleichmäßig blieb. Drei Wochen lang bewachte Großvater Assatur, einen langen Dolch im Gürtel und das Gewehr über der Schulter, den Kolchosstall. Jedesmal, wenn er Seto von weitem sah, drohte er:

»Lungere du mir hier ja nicht herum wie ein Fuchs, sonst zieh' ich dir das Fell über die Ohren!«

Auch der Alte war von der allgemeinen Ungeduld angesteckt worden. Alle Augenblicke ging er in den Stall und musterte die Reihe der Körbe mit den still dasitzenden Glucken, an denen nur die Augen Leben verrieten. Dann warf er einen neugierigen Blick durch die Glaswände der beiden Brutöfen. Einmal fragte er Armjon:

»Sag mal, welcher Gelehrte hat sich eigentlich diese Dinger da ausgedacht?«

»Die Brutöfen, Großväterchen? Sie wurden von Sowjetingenieuren hergestellt.«

Der Großvater schien von dieser Auskunft befriedigt; er stellte sich wieder vor die Tür und ließ seine scharfen Augen über die Kolchosfelder schweifen. Er wollte feststellen, ob nicht irgendwo weidendes Vieh Schaden anrichten konnte.

Da sah er, daß am Fuße des Berges, oberhalb des Dorfes, eine Staubwolke aufstieg, die sich rasch vergrößerte.

Schirmend hielt der Greis die Hand über die Augen.

Was bedeutet das? wunderte er sich. Warum treibt man die Schafe heute so früh nach Hause?

Die Staubwolke kam immer näher. Sie hatte jedoch nichts mit heimkehrenden Schafen zu tun. Von Grikor angeführt, zerrten etwa ein Dutzend Schuljungen stachlige Schlehdornbüsche hinter sich her. Grikors große schwarze Augen leuchteten in seinem schweißnassen, staubbedeckten Gesicht.

Als die Kinder im Dorf angekommen waren, machten sie sich gleich, ohne auszuruhen, an die Arbeit. Die einen fingen an, einen Graben auszuheben, die anderen steckten die Dornbüsche mit den Wurzeln hinein, schütteten Erde darauf und stampften sie fest. So entstand um den Stall herum bald eine dichte, undurchdringliche Hecke.

Während diese Arbeit noch in vollem Gange war, kamen, gefolgt von Kamo, Bagrat und Aram Michailowitsch.

Grade wollte der leicht erregbare Kolchosvorsitzende in den zornigen Ruf: ,Anarchie...' ausbrechen, da besann er sich eines Besseren. »Weißt du«, sagte er zu dem Lehrer, »bei denen hat alles Hand und Fuß. Anerkennen kann ich ihre Farm aber erst, wenn die Küken da sind.«

»Und was soll bis dahin werden?« fragte Kamo besorgt.