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»Ich habe es verschlafen, Mütterchen, mach schnell!« trieb er die Mutter an.

»Was hast du, willst du gar zum Mähen gehen?« wunderte sich die Mutter.

»Warum nicht? Kann ich es nicht ebensogut wie Grikor mit seinem lahmen Bein? Schnell, Mütterchen, gib mir ein Stück Brot!«

Er steckte das Brot in die Tasche, ergriff die Sense und eilte davon.

Die mit Sensen und Sicheln ausgerüsteten Kolchosarbeiter verließen in Gruppen und Grüppchen fröhlich plaudernd und lachend das Dorf und stiegen ins Tal hinab zu den Luzerne- und Kleefeldern, die am Ufer des Gilli-Sees lagen. Ein leichter Morgenwind wiegte die Halme und Gräser, und ihr Rauschen erfüllte die Herzen der Schnitter mit dankbarer Freude. Diese Felder waren leichter zu bewässern als die oben an den Hängen gelegenen.

Der Kolchosvorsitzende Bagrat holte mit seinem Schimmel die fröhliche Schar ein.

Als Seto den Vorsitzenden sah, senkte er den Kopf und hätte sich am liebsten versteckt. Er traute sich nicht, ihm in die Augen zu sehen.

Doch Bagrat zügelte sein Pferd und beugte sich zu dem Jungen herab.

»Willst du mähen helfen, Seto?« fragte er freundlich. Ohne den Kopf zu heben, antwortete Seto:

»Ja, Genosse Vorsitzender!«

Bagrat nickte ihm lächelnd zu:

»Was gewesen ist, soll vergessen sein. . . Asmik hat mir alles erzählt«, sagte er.

Als er aber merkte, wie verlegen der Junge war, ritt er mit einem kurzen Gruß weiter. Er rief den Gruppenführer zu sich und sagte zu ihm:

»Owsep, es sieht so aus, als wollte Seto seine Missetaten wiedergutmachen. Behandle ihn freundlich. Und sage es auch den Leuten in deiner Gruppe. Hast du mich verstanden? Tut so, als sei nichts gewesen. Damit helfen wir ihm am besten.«

»Wenn wir seinen Ehrgeiz wecken, wird er gut arbeiten«, erwiderte Owsep mit gutmütigem Lächeln. »Ein kräftiger Bursche ist er ja!«

Als drei Tage später in der Kolchosverwaltung die Auszeichnungen für die fleißigsten Mäher besprochen wurden, konnte Bagrat auch Seto für eine Prämie vorschlagen.

Die Mitglieder der Verwaltung waren überrascht.

»Er hat ja im ganzen nur wenige Tage mitgearbeitet, wofür soll er denn eine Prämie bekommen?« fragte einer von ihnen.

Doch auch der Gruppenführer Owsep, der an der Sitzung teilnahm, setzte sich für Seto ein.

»Man kann nur staunen, wie sich dieser Junge zu seinem Vorteil verändert hat«, sagte er. »Keiner aus meiner Gruppe hat so viel geschafft wie er; er kam morgens als erster aufs Feld und ging als letzter nach Hause. Während der Arbeit hat er keinen Unfug gemacht und war nur darauf aus, recht viel zu schaffen und dabei alles gut zu machen.«

»Wenn er sich so bewährt hat, soll er auch ein Paar Schuhe bekommen«, entschied Bagrat.

Am nächsten Tage wurden die Prämien an Owseps Gruppe verteilt. Seto traute seinen Ohren nicht, als er seinen Namen hörte.

»Das muß ein Irrtum sein, Genosse Gruppenführer«, stammelte er verlegen. »Ich habe keine Prämie verdient.«

»Es ist kein Irrtum, mein Junge! Die Verwaltung hat darüber beraten, und es ist beschlossen worden. Nimm deine Prämie und arbeite weiter so gut, wie du es in den ersten Tagen getan hast.«

Seto getraute sich immer noch nicht, vorzutreten.

»Geh, nimm die Schuhe«, flüsterte ihm seine Mutter zu. »Geh doch. Die andern, die eine Prämie bekommen haben, haben auch nicht besser gearbeitet als du.«

Nun gab sich Seto einen Ruck und trat einen Schritt vor. Der Gruppenführer reichte ihm die Schuhe, und Seto wollte sich bedanken, aber seine Stimme versagte, ihn würgten die Tränen im Halse.

Am Abend kamen Kamo und seine Freunde zu Seto, um ihm zu gratulieren. Seto war so aufgeregt, daß er kein Wort herausbringen konnte. Das Herz schlug ihm bis in den Hals. Die Freundlichkeit und das Wohlwollen, das ihm von allen Seiten entgegengebracht wurde, beschämte ihn.

Die Belohnung

Der Bezirkssekretär des Kommunistischen Jugendverbandes fragte eines Tages seinen Kollegen, den Kolchosvorsitzenden Bagrat:

»Weshalb bekommen eigentlich eure jungen Naturforscher keine Prämien? Es gibt Prämien für die Melkerinnen und die Mäher; aber die Kinder, die eine Geflügelfarm gegründet und wertvolle Altertümer entdeckt haben, sollen leer ausgehen?«

»Ehrlich gesagt«, erwiderte Bagrat, »ich weiß nicht einmal, ob man für so etwas Prämien verteilen kann. Wir geben denjenigen Prämien, die die festgesetzten Arbeitsnormen über-erfüllt haben. Aber gibt es denn irgendwelche Normen für die Errichtung einer Geflügelfarm oder für die Entdeckung altertümlicher Werte? Nein, solche Normen gibt es nicht. Und wie Sie wissen, ich bin ein Feind jeder Anarchie, bei mir gibt es nur eines - Disziplin.«

Der Bezirkssekretär lächelte. Er kannte die Schwäche dieses sonst so tüchtigen Mannes.

»Gewiß, Genosse Bagrat, in den Bestimmungen ist darüber nichts gesagt, aber das, was unsere Jungpioniere leisten, sind sehr wertvolle Beiträge für die Wissenschaft.«

»Zugegeben, daß diese Leistungen wertvoll sind, aber ich weiß trotzdem nicht, ob. . .«

»Da ihre Neuerungen die Normen des auf diesem Gebiete Üblichen übersteigen, verdienen sie auch eine Belohnung.«

»Gut, ich werde mit der Parteiorganisation sprechen, viel-leicht findet sich ein Ausweg«, sagte Bagrat.

In der nächsten Sitzung der Kolchosverwaltung war diese Frage auf die Tagesordnung gesetzt worden. Man kam über-ein, die Jungpioniere Kamo, Armjon, Grikor und Asmik durch wertvolle Geschenke auszuzeichnen.

»Wie wär's mit einem Radioapparat?« schlug Aram Mi-chailowitsch vor. »Es sind intelligente, wißbegierige Kinder. Sie werden die Übertragungen aus Moskau und aus anderen großen Städten hören, und das wird für sie von großem Nutzen sein. Alles, was sie hören, werden sie außerdem auch den an-deren Schülern und den Kolchosarbeitern mitteilen, und sie sind hell genug, um den anderen manches zu erklären. Auf solche Weise werden die Radioapparate dem ganzen Kolchos Nutzen bringen.«

»Sie sind aber teuer«, wandte Bagrat ein.

»Ja, teuer sind sie, aber die jungen Leute haben eine wertvolle Belohnung verdient.«

»Und wie ist es mit dem Großvater Assatur?«

»Ihm, dem alten Jäger, geht ein gutes Schießeisen über alles andere in der Welt«, warf der Gruppenführer Owsep scherzend ein. »Wir wollen ihm ein modernes Gewehr schenken. Sein jetziges stammt, wie er selber sagt, noch aus dem Kaukasischen Krieg.«

Die Vorschläge wurden angenommen, und es wurde beschlossen, die Geschenke in Jerewan zu besorgen.

Als Seto von den Beschlüssen der Kolchosverwaltung erfuhr, empfand er zum ersten Male keinerlei Neid darüber. Er wunderte sich selbst. Es kränkte ihn nicht im geringsten, daß seine bisberigen Widersacher auf so großartige Weise ausgezeichnet und belohnt werden sollten, und er dachte nur daran, wie er sich geärgert hätte, wenn das alles zehn Tage früher geschehen wäre.

Während er noch über diese Dinge nachdachte, wurde er in die Kolchosverwaltung gerufen.

»Seto, mach dich reisefertig«, sagte Bagrat zu ihm, »du sollst morgen nach Jerewan fahren.«

»Wozu?« fragte Seto erstaunt.

»Du wirst beauftragt, die Geschenke für deine Kameraden einzukaufen«, erklärte Bagrat und sah den Knaben dabei durchdringend an.

Über Setos Gesicht glitt ein fröhliches, breites Lächeln. Seine schwarzen Augen funkelten.

»Sie schenken mir solches Vertrauen?« fragte er.

»Das tun wir«, erwiderte der Vorsitzende lächelnd.

Seto war so aufgeregt, daß er ganz blaß wurde. Seine Lippen bten, und er konnte kein Wort hervorbringen. Der Molkereiverwalter Artjom, ein hochgewachsener Mensch mit ernstem Gesicht, sah Bagrat mißbilligend an.

Das gab Seto, der den Blick aufgefangen hatte, einen Stich. Wahrscheinlich, dachte er, ist Artjom unzufrieden damit. Er hat sicher kein Vertrauen zu mir. Nun gut, ich werd' ihnen eben beweisen, daß ich ihr Vertrauen verdiene.