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»Wir können es ja versuchen«, sagte der Großvater nicht sehr zuversichtlich. »Rauskommen wird nichts dabei. Aber ich werde euch da oben wilde Böcke zeigen, daß ihr staunen sollt.

In den Büchern steht sicher viel zuwenig darüber. Das muß man mit eigenen Augen sehen.«

Es wurde allmählich heller, und als sie endlich auch den Langschläfer Grikor aus dem Bett geholt hatten, ging bereits die Sonne auf.

In der Geflügelfarm trafen sie auf Seto. Er half Asmik grade, die Vögel zu versorgen, und ließ sich ohne Widerspruch von ihr anstellen; er schleppte das Futter für die Küken heran, reinigte die Ställe und tat alles, worum Asmik ihn bat.

»Seto, du bist doch der Sohn eines Fischers?« sagte Kamo.

»Ja, das weißt du doch!«

»Hör mal. Du kannst doch sicher schwimmen und tauchen?« »Mit mir kommen nicht mal die Fische mit.«

»Weißt du was«, rief Kamo, »du läufst schnell nach Hause, holst dir was zu essen und ziehst deine Bastschuhe an. Wir wollen auf den Dali-Dagh, ganz hoch auf die Spitze. Dafür sind Bastschuhe besser als Lederschuhe.«

»Ja, das weiß ich«, rief Seto und stürmte davon.

»Auf mich müßt ihr ein bißchen warten, ich habe noch was Wichtiges vor«, rief Armjon.

Er lief zu Onkel Bagrat und sprach lange mit ihm. Worüber, verriet er nicht. Aber das Ergebnis der Unterhaltung war eine Anweisung für den Rechnungsführer Mesrop, die er sehr ungnädig entgegennahm.

»Wie soll ich das verbuchen?« knurrte Mesrop. »Ich muß als Rechnungsführer doch wissen, wozu die Produkte gebraucht werden. «

Mesrop hatte recht, aber Armjon war überzeugt, daß er auch dann Einwände gemacht haben würde, wenn man ihm Genaueres gesagt hätte. Die Abneigung dieses Menschen gegen die jungen Naturforscher war allen ein Rätsel.

»Der Vorsitzende läßt dir sagen, du bekämst noch Bescheid. Ich glaube aber, daß wir so viel Vertrauen verdienen, daß man uns fünfzehn Liter Petroleum gibt.« Armjon wiederholte da-mit nur das, was Onkel Bagrat ihm gesagt hatte.

Im Lager erhielt Armjon fünfzehn Liter Petroleum und fünf leere Drei-Liter-Ballons.

Nachdem er das Petroleum umgefüllt und die Ballons sorgfältig verschlossen hatte, kehrte er zu den Kameraden zurück.

»Jeder von euch muß jetzt schnell von zu Hause einen Sack holen und dann zum Kolchoslager kommen«, rief Armjon. »Ich werde inzwischen schnell noch mal zu Aram Michailowitsch laufen. «

Die Freunde sahen sich erstaunt an.

»Was staunt ihr Bauklötze?« rief Grikor munter. »Ist doch klar! Onkel Bagrat will uns für den Weg Proviant mitgeben!« Und er stürmte freudestrahlend nach Hause, um den Sack zu holen.

Seine Enttäuschung war groß, als anstatt des Proviants ein Ballon mit Petroleum in seinen Sack gesteckt wurde!

»Was ist denn das für ein schlechter Scherz?« Grikor wollte auffahren, aber Armjon begütigte:

»Nimm an, es ist ein Scherz!« sagte er lachend. »Jeder nimmt seinen Packen. Los, Freunde! Was zögert ihr? Wozu wir das brauchen, das sage ich euch vorläufig nicht, ihr werdet es schon sehen.«

»Der Armjon ist nicht dumm, er weiß, was er tut«, half ihm der Großvater und nahm ebenfalls einen Ballon mit Petroleum und verstaute ihn in seinen Rucksack.

»Ich möchte so schrecklich gern wissen, was Armjon vorhat«, bettelte Asmik, die ihre Neugierde kaum bezwingen konnte.

Aber niemand konnte ihr etwas verraten. — So warfen denn alle die Säcke mit ihrem seltsamen Inhalt über die Schulter und machten sich, gefolgt von den beiden Geologen, auf den Weg.

Im Krater des Vulkans

Jühselig kletterte der Trupp über die verschiedenen jGebirgskämme, die auf dem Weg zum Gipfel des Dali-Dagh lagen. Es ging bergauf, bergab. Oft mußten tiefe Fels -spalten überquert werden. Die Felsenpfade waren schmal und unwegsam. Nur langsam kamen sie vorwärts. Dazu brannte die Sonne unbarmherzig herab, und von den Felswänden schlug ihnen glutheiße Luft entgegen.

Asmik, die zuerst leichtfüßig wie ein Zicklein von einem Stein zum anderen gehüpft war, blieb jetzt häufig stehen, um Atem zu schöpfen. Auch Armjon war schon recht müde, versuchte aber, Asmik nichts davon zu zeigen. Auch wollte er nicht hinter Kamo zurückstehen, der unverdrossen weiterkletterte und offenbar gar nicht müde wurde. Grikor wäre von allen der beste Bergsteiger gewesen, hätte ihn nicht sein lahmes Bein gehindert. Aber auch so kam er mit den anderen gut mit und ermunterte die Freunde durch seine Späße.

Der Großvater ging mit ruhigen Schritten allen voraus; er hastete nicht, blieb aber auch nicht zurück. Sein gleichmäßiges Vorwärtsschreiten war den Kindern ein Ansporn, und sie hätten sich geschämt, hinter dem Alten zurückzubleiben.

Am frischesten zeigte sich Kamo. Manchmal nahm er, um die anderen mitzureißen, einen Anlauf und stürmte vorwärts wie ein junger Hirsch. Hatte er dann eine Höhe erreicht, so sah er sich stolz nach ihnen um. Sein Gesicht glühte, und seine Augen funkelten. Er war sehr aufgeregt, denn er hoffte, daß dieser Tag für alle von entscheidender Bedeutung sein werde.

Seto war ebenso ausdauernd und unternehmungslustig wie Kamo. Er war richtig in seinem Element. Seine ganze Aufmerksamkeit gehörte den Steinen, ihrer Zusammensetzung und den verschiedenen Gesteinsschichten. Alle Augenblicke bückte er sich nach irgendeinem Stein oder brach ein Stück von einem Felsblock ab, um es in seinen Beutel zu stecken. Er sprach fast gar nicht mit den Freunden, sondern hielt sich ständig in der Nähe der beiden Geologen auf und hörte zu, was sie miteinander redeten. Die Freunde nahmen ihm das nicht weiter übel - sie kannten ja seine Leidenschaft.

Aber schließlich blieb Seto zurück und trabte keuchend hinter den anderen her. Die Steine, mit denen er den Beutel und alle seine Taschen vollgestopft hatte, waren nun doch zu schwer geworden. Er schüttete seine ganzen Schätze kurzer-hand in einen verborgenen Winkel unter einem Felsen. Ich werd' sie auf dem Rückweg mitnehmen, dachte er und eilte in großen Sätzen den Freunden nach.

Endlich waren sie am Ziel.

Kamo war begeistert:

»Hier ist's ja herrlich, ein richtiges Paradies!«

Was sie hier sahen, war der krasseste Gegensatz zu den steinigen, von der Sonne ausgedörrten Abhängen auf der Südseite des Dali-Dagh.

Zwischen smaragdgrünen, mit Frühlingsblumen besäten Bergwiesen lag ein wunderschöner See. Das Wasser war so klar und durchsichtig, daß man vom Ufer aus jeden Kiesel auf dem Grund sehen konnte. Hoch oben, auf dem Gipfel des Dali-Dagh, lag noch Schnee. Doch er taute, und mit munterem Plätschern stürzten sich die Schmelzbächlein herab in den See. Asmik jubelte:

»Es ist wunderschön - guckt doch nur, da sind Ziegen.«

Und richtig, am anderen Seeufer sprangen schlanke, langbeinige Tiere in Richtung der schneebedeckten Bergkuppe davon, blieben einen Augenblick stehen, sicherten und sprangen weiter, bis sie hinter den Felsen verschwunden waren. Nur der Leitbock, ein schönes großes Tier mit riesigen, spiralförmigen Hörnern, war auf der Höhe des Kamms stehengeblieben. Mit vorgestrecktem Hals beobachtete er jede Bewegung der Eindringlinge.

»Das waren keine Ziegen«, sagte der Großvater, »das waren Wildschafe. Wir haben sie beim Trinken gestört.«

»Ach«, rief Armjon, »Wildschafe sind das — Mufflons? Ich habe darüber mal gelesen.«

»Wißt ihr auch, warum die Wildschafe ein weißes Hinterteil haben?« fragte der Alte. »Die meisten Tiere nehmen doch, damit man sie nicht sieht, die Farbe der Steine, der Erde oder überhaupt ihrer Umgebung an.«

Die Jungen sahen einander fragend an. Auch Armjon wußte es nicht; in den Büchern stand nichts davon.

»Dann will ich es euch sagen«, fuhr der Großvater selbstgefällig fort und strich über seinen langen weißen Bart. »Das hat die Natur so eingerichtet, damit das Lämmchen auch in der Dunkelheit seine Mutter finden kann und sich nicht verläuft«, sagte der Alte.