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Plötzlich gab die Leine nach. Sie ließ sich ganz leicht hochziehen, und gleich darauf tauchte auch Seto auf.

Er hatte gerade noch die Kraft, sich auf den Baumstamm zu wälzen, dann wurde er ohnmächtig. Sein Körper war blau und zitterte vor Kälte. Der Atem des jungen ging keuchend.

Es war nicht leicht, den Baumstamm aus dem Bereich des Strudels ans Ufer zu rudern. Doch schließlich gelang es, und die Freunde trugen den noch immer bewußtlosen Seto an das noch schwach flackernde Feuer. Sie rieben seinen Körper und zogen ihm trockene Kleider über. Endlich kam wieder etwas Farbe in Setos Gesicht, und er schlug die Augen auf.

Kamo war wie immer ungeduldig. Er wollte wissen, was Seto unter Wasser erlebt hatte:

»Wie ist es gewesen?«

»Ich habe den Krug dicht über dem Spalt zerschlagen. Es ging ziemlich schwer. War denn kein Petroleum an der Oberfläche zu sehen?« fragte Seto, noch immer zitternd und mit schwacher Stimme.

»Nicht ein Fleckchen!«

»Fein, dann hat der Strudel alles mitgerissen«, sagte Seto, nun schon ganz munter und vergnügt. Er lächelte sogar, und allmählich bekamen auch die Wangen ihre frische Farbe wieder. »Um ein Haar, und der Strudel hätte mich mitgerissen. Ein Glück nur, daß ich angebunden war und daß der Spalt sehr schmal ist. Meine Füße waren schon drin.«

»Deswegen war es so schwer, dich rauszuziehen«, rief Grikor entsetzt.

»Nun ist ja alles in Ordnung«, sagte Aschot Stepanowitsch. »Wenn Seto sich jetzt frisch genug fühlt, wollen wir aufbrechen. Es ist schon spät, und wir haben noch viel vor.«

Sie stiegen schweigend die steinigen Pfade des Dali-Dagh hinab. Alle beschäftigte nur der eine Gedanke: War das Unternehmen gelungen? Wo würde das Petroleum wieder zum Vorschein kommen?

Die unterirdische Reise des Petroleums

Am Ufer des Gilli-Sees und an den kleineren Seen der Umgebung saßen schon seit mehreren Stunden Junge Pioniere und beobachteten angespannt die Wasserfläche, ohne sich von dem Gebrüll des ,Wassermanns’ einschüchtern zu lassen.

Auch Aram Michailowitsch hatte sich beteiligt. Er saß am Ufer des Sees, in dessen Sumpf Kamo beinahe ertrunken wäre.

Erbarmungslos brannte die Sonne herab, und ebenso erbarmungslos stachen Mücken und Fliegen. Die Jungen Pioniere warteten geduldig. Sie wußten, es ging darum, ob sich auf dem Wasser Spuren von Petroleum zeigten. Daher wandten sie kein Auge von der Wasserfläche.

Ein paarmal ließen sich die Jungen durch ölige Flecken, die aufgetaucht waren, täuschen. Atschik, der besonders ungeduldig war, sprang jedesmal, wenn er einen solchen Fleck in der Sonne schimmern sah, aufgeregt von seinem Platz hoch und schrie:

»Aram Michailowitsch! Petroleum, Petroleum!«

Sein Freund Suren, der am gegenüberliegenden Ufer des kleinen Sees seinen Platz hatte, hörte diese Rufe. Er entdeckte ebenfalls ölige Flecke, schöpfte sie zusammen mit dem Wasser in die hohle Hand, kostete davon und spie es wieder aus.

»Was du dir einbildest!« schrie er dem Kameraden zu. »Das ist doch kein Petroleum!«

Aram Michailowitsch ließ sich durch solche Flecken nicht irreführen; er wußte, daß es sich um Absonderungen der verfaulenden Sumpfgewächse handelte.

Doch nun sah der Lehrer plötzlich in der Mitte des kleinen Sees lange Fettflecke, die sich wie bläulich schimmernde Bänder über das Wasser zogen. Es war so weit ab, daß er nicht fest-stellen konnte, wovon sie herrührten. Aber gleich darauf wurde von allen Seiten gerufen:

»Petroleum! Petroleum ist zu sehen!«

»Hier auch!«

»Und bei uns auch! «

Mit einem Male wurde es um den See herum lebendig. Jetzt erst konnte man sehen, wie viele Kinder im Schilf gesessen hatten.

Überall waren ihre Stimmen zu hören. Einer überschrie den anderen.

Da griff Aram Michailowitsch ein:

»Ruhe! Paßt auf... Füllt eure Gefäße mit dem Petroleumwasser! Ich komme es mir ansehen!«

Aram Michailowitsch kroch durch das Schilf, und überall wurde er mit ungeduldigen Fragen bestürmt.

Nur Gurgen Mirosjan hatte es wegen der Hitze und der Insektenplage nicht mehr ausgehalten und war ins Dorf zurückgekehrt. Er wußte nichts von dem Petroleum.

Zur gleichen Zeit mit ihm kamen die müden Wanderer vom Dali-Dagh schweißtriefend im Dorfe an. Es war schon spät, als sie endlich, erhitzt und erschöpft, auf den Steinen neben Setos Haus Rast machten.

Dort traf Gurgen, der vor den Mücken und der Hitze Reiß-aus genommen hatte, die jungen Leute.

Als Gurgen Armjon sah, blieb er unschlüssig stehen. Kamo rief ihn heran und fragte:

»Woher kommst du? Warst du am Gilli-See?«

»Ja... «

»Na und, was habt ihr gesehen?«

»Gänse und Enten. . .«, stotterte der Junge.

»Und das Wasser? Wie war das Wasser?«

Der Junge schwieg.

»Hat sich denn kein Petroleum auf dem Wasser gezeigt?« »Petroleum?... Habt ihr denn Petroleum hineingegossen?...«

»Was glaubst du denn, warum man dich ans Ufer gesetzt hat? Ist dir nichts aufgetragen worden?«

»Doch, auf das Wasser zu sehen... Das hab' ich auch gemacht.. . «

Die Kinder lachten. Nur Armjon war enttäuscht.

»Wir haben uns also geirrt. Es besteht wohl doch keine Verbindung zwischen den Seen... «

Seto wurde verlegen. Sicher glaubten die Freunde nun, er sei schuld, daß sich auf dem Gilli-See kein Petroleum gezeigt hatte:

»Ich hab' aber alles so gemacht, wie ihr's gesagt habt. Der Strudel hat das Petroleum mitgerissen, das weiß ich genau.«

»Du bist nicht schuld, Seto«, beruhigte ihn Kamo. »Du hast getan, was du konntest. Wir haben uns eben geirrt — auch die Geologen. Das Wasser muß zum Kasach oder sonstwohin abfließen.«

»Die Geologen brauchen sich nicht geirrt zu haben«, ent-gegnete Armjon. »Ihre Feststellung stimmt sicher: das Wasser aus dem See muß in der Richtung des Gilli-Sees fließen. Damit ist noch nicht gesagt, daß es unbedingt in den Gilli-See münden muß... Wichtig ist, daß es irgendwo unter unsern Feldern einen unterirdischen Abfluß hat.«

»Was nutzt uns das? Wenn wir das unterirdische Flußbett nicht finden, dann können wir auch nichts mit dem Wasser anfangen...«

Asmik und Grikor waren jetzt auch herangekommen, und gleich darauf kam auch Großvater Assatur.

»Was gibt's Neues?« fragte Asmik, und als sie von dem Mißerfolg hörte und die niedergeschlagenen Mienen der Jungen sah, wurde auch sie recht betrübt.

Sie hockten noch immer traurig und stumm da, als in der Ferne eine ganze Karawane von Kindern auftauchte. An der Spitze ging Aram Michailowitsch, die Jungen folgten ihm aufgeregt schwatzend.

Kamo lief ihnen entgegen.

Lächelnd zeigte der Lehrer auf die Becher, die die Jungen behutsam trugen, um nichts zu vergießen.

»Doch Petroleum!« rief Kamo aufgeregt.

Er packte einen der Becher, nahm einen winzigen Schluck, spuckte ihn sofort wieder aus und schrie vor Freude laut los:

»Petroleum! Petroleum! . . . Los, Handwerkszeug holen, Spitzhacken, Brecheisen... Schnell, kommt mit.«

Kamo griff nach einer Spitzhacke, die an der Hauswand lehnte, und stürmte den Pfad entlang, der zum Dali-Dagh hinaufführte.

Armjon, Grikor und Seto nahmen sich ebenfalls Spaten und Spitzhacke. Alle Müdigkeit war verflogen. Sie eilten hinter Kamo her, den Berg hinauf. Auch Asmik und der Großvater Assatur ließen sich nicht zurückhalten.

Als Sona die wilde Jagd die Schwarzen Felsen hinauf sah, schimpfte sie hinter den Kindern her:

»Den Kopf verdreht hat man den Kindern! ... Seto«, schrie sie, »du kommst sofort nach Hause! Nach Hause, sag' ich dir!«

Aber Seto war schon weit weg und hörte sie nicht mehr. Als Armjon sich umdrehte und Asmik erblickte, sagte er: »Weshalb kommst du mit, Asmik? Du bist doch müde - geh lieber nach Hause!«