Выбрать главу

»Laßt euch nicht mit diesem verteufelten See ein. Das sind Dinge, die euch nichts angehen.«

Doch Armjon und Kamo hörten nicht auf ihn. Sie gingen schon zum Ufer, um das Boot loszumachen.

Grikor zögerte etwas. Aber Kamo rief ihm zu:

»Kommst du nicht mit?«

Grikor machte ein klägliches Gesicht.

»Ich kann doch die Kälber nicht im Stich lassen... Der Hirt hat sie mir anvertraut«, rief er.

»Da kommt er ja gerade«, sagte Armjon und wies auf den Pfad, der zum Dorf führte.

Grikor lief ihm entgegen.

»Du kommst wie gerufen!« rief er dem Hirten zu.

Asmik sah die Jungen flehend an:

»Nehmt mich auch mit!« bat sie. »Ich habe bestimmt keine Angst.«

Kamo warf dem Großvater einen fragenden Blick zu, doch dann entschied er:

»Komm nur mit, Asmik.«

Schließlich sprang noch Tschambar hinter den Jungen ins Boot. Nur Grikor fehlte.

Kamo und Armjon hielten die Ruder schon in den Händen und warteten ungeduldig. Grikor verhandelte mit Großvater Assatur und bat sich eine Ente als Wegzehrung aus.

»Nimm sie schon, du Freßsack«, sagte der Alte. »Du hast ja doch nur das Futtern im Sinn.«

»Großväterchen«, rief Kamo dem Jäger schmeichelnd zu, »sorge dich nicht, wir werden bald zurück sein! Und bestelle Tante Anaid, daß Asmik mit uns gekommen ist. Vergiß auch den Korb mit den Eiern nicht.«

Der Alte blickte vom Ufer aus den Kindern nach. Er machte eine sorgenvolle Miene und bekreuzigte sich.

Die Kinder lachten.

»Nun kann uns der Teufel bestimmt nichts mehr anhaben«, versuchte Grikor zu scherzen.

Doch unversehens beschlich auch die Kinder geheime Angst. Tschambar winselte ungeduldig — er bildete sich wohl ein, es gehe zur Jagd.

Eine verzauberte Stadt

»Armjon, du nimmst die Karte«, sagte Kamo. »Wir werden auf der Hinfahrt außerdem Kennzeichen im Schilf anbringen, damit wir uns nicht trotz der Karte auf der Rückfahrt verirren.«

Kamo und Grikor ruderten. Armjon breitete die Karte vor sich aus, studierte sie eifrig und bediente das Steuer.

Der See, auf dem sie sich befanden, umfaßte etwa einen Kilometer im Umkreis. Bald hatten die Kinder das gegenüberliegende Ufer erreicht. Sie hielten an.

»Wohin jetzt?« fragte Grikor. »Rudern wir zurück?«

»Schade«, sagte Asmik, »ich dachte, wir würden viel länger unterwegs sein. Jetzt sollen wir schon wieder zurück?« Armjon schlug vor:

»Wißt ihr was — wir wollen am Ufer entlang rudern! Nach Osten zu muß ein Kanal in einen anderen See führen.«

Kamo und Grikor griffen erneut zu den Rudern, und das Boot glitt langsam am gelblichgrün schimmernden Ufer entlang.

Eine fast undurchdringliche Schilfwand trennte sie vom Ufer. Plötzlich wich das Schilf zu beiden Seiten zurück, und eine Art Einfahrt tat sich auf. Kamo lenkte das Boot in den schmalen Kanal.

Der Wasserlauf verengte sich zusehends, und bald war es nicht mehr möglich, zu rudern. Kamo hatte sich in der Mitte des Bootes aufgestellt und stakte mit dem einen Ruder, das er bald links, bald rechts ins Wasser stieß.

Das Schilf war hier so hoch, daß die Spitzen über dem stehenden Kamo zusammenstießen und ein Dach über den Kindern bildeten, durch das die Sonnenstrahlen kaum hindurchzudringen vermochten. Das Wasser sah schwarz und düster aus. Plötzlich bog der Kanal links ab, und hinter der Biegung breitete sich vor den Blicken der Kinder ein neuer See aus.

Dieser See schien kleiner als der, aus dem sie gekommen waren. Er glänzte freundlich im Sonnenschein. Schwärme von Wasservögeln aller Art bevölkerten die Uferböschungen.

Als die Vögel, die bisher alleinige Herrscher an diesem See gewesen waren, das Boot erblickten, gerieten sie in helle Aufregung. Gänse, Enten, Steißvögel und viele andere kreischten wild durcheinander.

Tschambar war nicht mehr zu halten. Er sprang auf und begann laut und ungestüm zu bellen. Er konnte sich gar nicht beruhigen, winselte kläglich und leckte sich mit seiner roten Zunge die Schnauze.

Auch Asmik geriet ganz außer sich und rief entzückt:

»Was für ein herrlicher See! Seht doch nur, wie schön es hier ist!«

Grikor, dem beim Anblick des vielen Geflügels das Wasser im Munde zusammenlief, bekräftigte:

»Und was für leckere Braten es hier gibt!«

In der Mitte des Sees entdeckten sie eine kleine, von Schilf überwucherte Insel.

Als sich das Boot dem kleinen Eiland näherte, glitt ein Otter, der sich gesonnt hatte, vom Ufer und verschwand im Wasser.

»Ach«, seufzte Kamo, »hätt' ich doch jetzt das Gewehr des Großvaters bei mir!«

»Wohin rudert ihr? Wir müssen doch rüber - dort muß es weitergehen«, rief Armjon nach einem Blick auf die Karte.

Sie kamen jetzt an einen Kanal, der noch dunkler und enger war als der erste. An Rudern war hier überhaupt nicht mehr zu denken.

»Wir wollen zurück«, rief Asmik, die furchtsam in das düstere Wasser blickte, »ich habe Angst.«

»Nicht doch, wir müssen weiter«, widersprach Armjon und fügte hinzu: »Hier werden wir schneller vorwärts kommen als mit dem Rudern. Packt nur das Schilf und zieht es zu euch heran! «

Kamo und Grikor taten es. Sie griffen nach dem Schilf und stellten befriedigt fest, daß das Boot so rasch weiterglitt.

Ein wenig Bange hatten die Kinder doch bekommen. Wohin mochte dieser enge, düstere Wasserlauf führen?

Es war indessen immer dunkler geworden. Das Laub des dicht wuchernden Ufergestrüpps bildete über ihren Köpfen ein fast undurchdringliches Dach. Im Wasser, zu dem kein Sonnen-strahl und kein Windstoß dringen konnte, wucherten üppige Wasserpflanzen. Ein dichter dunkelgrüner Moosteppich bedeckte den Grund. Wie Arme streckten die Schlingpflanzen ihre Ranken aus und klammerten sich an die Bootswände.

Je weiter sie kamen, desto schmaler wurde die Wasserstraße, um so üppiger aber wucherten die Schlingpflanzen. Schließlich ging es nicht mehr weiter, weder vorwärts noch zurück. Das Boot war in der grünen Finsternis festgefahren, und es schien, als könnten sie es nicht wieder freibekommen.

»Wo sind wir bloß? Was machen wir jetzt? Du bist schuld, Armjon! « jammerte Asmik.

Auch Grikor riet, umzukehren.

Die Jungen versuchten, das Boot rückwärts in Bewegung zu setzen, doch es rührte sich nicht von der Stelle. Es gelang nicht, mit dem stumpfen, breiten Heck das Gewirr der Schlingpflanzen zu zerreißen.

Die Kinder überlegten, wie sie sich aus der ungemütlichen Lage befreien könnten:

»Wollen wir nicht versuchen, ans Ufer zu kommen?« schlug Armjon vor.

Doch Kamo weigerte sich.

»Was stellt ihr euch vor? Es ist nichts als überall Sumpf und Wasser! Da versinken wir. Und wohin sollen wir dann? Hier gibt es doch nur Seen und Kanäle.«

»Wir werden hier verhungern! Das fehlte gerade noch!« unkte Grikor. »Wir müssen zurückrudern!«

Aber Kamo meinte:

»Nein, auf keinen Fall! Wir müssen weiter!«

Er packte eines der Ruder, schlug damit zwischen die Wasserpflanzen am Bug des Bootes und schleuderte die nassen Knäuel grünlich-schleimiger Fasern beiseite. Armjon kam ihm mit dem zweiten Ruder zu Hilfe. Grikor und Asmik halfen mit den Händen nach. Schnell waren die Bootswände von den Wasserpflanzen befreit, und das Boot glitt weiter und gelangte schließlich wieder in ein neues, größeres Wasserbecken.

Als es heller geworden war, atmeten die Kinder erleichtert auf. Es kam ihnen vor, als wären sie einem finsteren Kerker entronnen.

»Seht doch, die vielen Gänse!« schrie Asmik mit einem Male begeistert los.

Ein riesiger Schwarm Wildgänse war aufgeflogen und erfüllte die Luft mit aufgeregtem Geschnatter. Schneeweiß leuchtete ihr Gefieder im grellen Sonnenlicht.