Выбрать главу

»Was wollt ihr jetzt machen?« rief der Großvater zurück. »Was kann ich tun? Soll ich euch vielleicht helfen?« Er hatte die Hölle und seine Angst davor offenbar ganz vergessen.

»Nein, Großväterchen, wir haben keine Sprengkapseln mehr. Wir kommen erst mal runter.«

Kamo war ganz betrübt.

»Wie schade, daß wir keine Kapseln mehr haben! Was hätte das wieder für ein Krachen gegeben! Das ganze Dorf wäre angelaufen gekommen... Nun müssen wir warten.«

Sie kletterten an der Strickleiter zur Bergspitze hinauf und stiegen von dort in die Schlucht hinab.

Kamo war schon bis an die Eiche gekommen, als hinter ihm Asmiks fröhliche Stimme ertönte:

»Hier, Hier! Wir haben uns vor dem Regen verkrochen!« Leichtfüßig sprang sie den Freunden entgegen.

In diesem Augenblick krachte ein Donnerschlag von solcher Heftigkeit, als hätte der Blitz den ganzen Berg auseinander-gesprengt. Asmik hatte sich vor Schreck auf die Erde geworfen, und auch Armjon, Grikor und Seto duckten sich. Kamo wurde wie von einer unsichtbaren Gewalt durch den Luftdruck hoch-gehoben. Er schwenkte die Arme und fiel der Länge nach hin.

Die vom Blitz getroffene Eiche loderte auf wie eine Riesenfackel.

Der alte Jäger kroch entsetzt hinter der Felswand vor. Als er die am Boden liegenden Kinder sah, schwenkte er verzweifelt die Arme und schrie:

»0 Satael[15]! о Gott der Hölle! Wie soll ich vor die Mütter und Väter dieser Kinder treten? Oh, du grausamer, herzloser Satan! «

Asmik machte den Mund abwechselnd auf und zu, wie ein aufs Trockne geworfenes Fischlein. Sie erholte sich rasch von ihrem Schrecken und stand schwankend auf. Seto und Grikor kamen ebenfalls zu sich, und bald darauf auch Kamo.

Erschrocken und verstört guckten sich die Kinder um. Sie blickten in das ängstlich verzerrte Gesicht des Großvaters und auf den brennenden Baum...

Als erster fand Grikor die Sprache wieder. 

»Beinah' war's aus mit uns, und noch bevor wir das Wasser gefunden haben«, rief er und lachte schon wieder.

» Kommt, Kinderchen, kommt! « drängte der Großvater.

Auf dem Wege ins Dorf zurück fragte der Alte:

»Glaubt ihr immer noch nicht, daß es der Teufel war, der euch niedergeschlagen hat?«

»Wie könnten wir denn jetzt am Leben sein, wenn uns der Teufel niedergeschlagen hätte?« sagte Kamo und lächelte.

Der Großvater sah seinen Enkel zweifelnd an. Er konnte von den alten abergläubischen Vorstellungen nicht loskommen.

»Und der Baum? Hat er nicht den Baum zerschmettert?«

»Es gibt ja gar keinen Teuf ei«, sagte Armjon. »Den Baum hat der Blitz getroffen. Und der Kupferkrug hat den Blitz angezogen. «

»Mag sein«, sagte der Großvater und rieb sich nachdenklich den Nacken. »Der verstorbene Simon, Mukels Vater, ist im Gewitter mit einem Spaten über der Schulter gegangen, da hat ihn auch der Blitz getroffen. Er war gleich tot. .. Ihr meint also, es gibt gar keinen Teufel?«

Der Großvater zeigte auf einmal eine so überschwengliche Freude, als sei ihm die ganze Welt zum Geschenk gemacht worden.

»Es hätte aber schlimm ausgehen können«, sagte Kamo. »Wenn wir nur einen Augenblick später gekommen wären, hätten wir gerade bei der Eiche gestanden. Dann hätte uns der Blitz wahrscheinlich getötet, und dem armen Aram Michailowitsch wäre es schwergefallen, Tante Sona und den Alten im Dorf klarzumachen, daß es nicht der Teufel gewesen ist, der uns niedergeschlagen hat.«

»Dreht euch mal um, sieht das nicht herrlich aus?« rief Armjon.

Die Kinder blieben stehen und blickten zurück.

Wie eine gigantische Fackel loderte am Fuße des Tschantschakar die vom Blitz zerschmetterte Eiche, und eine dicke schwarze Rauchwolke stieg zum Himmel empor.

Die Rache des »Teufels«

Schon in den Morgenstunden war im Dorfe bekanntgeworden, daß Kamo und seine Freunde zu den Schwarzen Felsen gezogen waren. Bagrat hatte lachend zu den Kolchosarbeitern gesagt:

»Unsere Jungpioniere haben Spitzhacken genommen und wollen dem ,Drachen' zu Leibe gehen. Er soll das verschwundene Wasser rausrücken.«

Tante Sona stand auf dem Dach ihres Hauses und schrie: »Dein ganzes Geschlecht soll vom Erdboden verschwinden, Assatur, du alter Narr! Was lockst du meinen Sohn in den Schlund der Hölle? Daß dich der Teufel hole! Daß dich. . .« Die auf der Straße stehenden Kinder stellten sich Seto im

,Schlund der Hölle' vor und lachten laut, wodurch sie die erzürnte Sona aber nur noch mehr aufbrachten.

Der Rechnungsführer Mesrop nestelte an seiner Gebetschnur und flüsterte den alten Weibern zu:

»Seht euch nur die Wolken an... Es ist nicht möglich, daß der Satan diese Vagabunden unbestraft läßt!...«

Die Dorfbewohner sahen, daß eine riesige schwarze Wolkenwand langsam im Westen aufstieg. Das finstere Gewölk ballte sich über den Schwarzen Felsen zusammen.

Die erste Explosion im Innern des Felsens wurde von einem Donnerschlag übertönt.

»Über den Schwarzen Felsen blitzt und donnert es!« schrie Sona und schwenkte ihre knochigen Arme in der Luft. »Woher kommen an einem so sonnenklaren Tag die schwarzen Wolken? Der Drache rächt sich! Wütend ist er geworden, der Satan in der Hölle... Mit einem brennenden Knüppel bedroht er meinen Sohn! «

»Hör doch auf mit deinem Gekrächze«, rief ihr der Schmied Samson zu.

Der ehemalige Pope Mesrop, der sich bisher noch zurückgehalten hatte, rief jetzt mit schallender Stimme:

»Tut Buße, ihr Leute! Groß sind unsere Sünden! ... Unglück haben diese Jungpioniere über uns gebracht... Opfert, opfert! Seit wie vielen Jahren habt ihr keine Opfer gebracht!« redete er auf die Alten ein, die sich vor der Kolchosverwaltung angesammelt hatten.

Der Schmied hielt dem ehemaligen Priester seine schwere Faust dicht unter die Nase.

»Ich sag' ja nichts ...«, stammelte Mesrop und schwieg erschrocken. »Was geht es mich auch an. . . «

Doch nun zuckte abermals ein Blitz über den Schwarzen Felsen herab, und ein gewaltiger Donnerschlag erschütterte die Luft.

»Feuer, ihr Leute, seht doch!« wehklagte Sona. »Die Hölle hat sich aufgetan! Gott ist gegen uns, und die Hölle auch... Das ist die Rache Sataels! Seto, wo ist mein Seto? Der böse Geist hat ihn umgebracht! «

Sona kletterte von ihrem Dach herunter und lief zum Dorf hinaus und den Pfad entlang, der zu den Schwarzen Felsen führte.

Die allgemeine Aufregung hatte auch Kamos Mutter angesteckt.

»Samson«, sagte sie, »unser Junge kommt da oben vielleicht wirklich ums Leben... Beeil dich doch! Hilf ihm...«

Der Schmied Samson, ein von Natur ruhiger und besonnener Mann, sprang, als er die Rauchwolke und die Flammen über den Schwarzen Felsen sah, gleichfalls auf und stürmte, so wie er war, in seinem Lederschurz und ohne Mütze, hinter Sona her. Die Donnerschläge und die über dem Felsen aufsteigende Rauchwolke beunruhigten auch ihn.

Grikors und Asmiks Mutter liefen hinterdrein, und hinter ihnen her kamen auch die anderen Frauen gelaufen.

Als letzte kam ein kleines Mütterchen aus dem Dorf heraus und trippelte mit hastigen Schritten den übrigen nach. Es war die alte Nargis.

»Himmlische Mächte«, flüsterte sie, »himmlische Mächte, nehmt meinen armen Assatur in euren Schutz!«

Wie groß aber waren das Erstaunen und die Freude der alten Nargis, der zänkischen Sona und des Schmiedes Samson, als ihnen an einer Wegkrümmung alle Totgeglaubten fröhlich singend entgegenkamen! Auf den vergnügten Gesichtern der jungen Leute war keine Spur irgendwelcher überstandener Schrecknisse zu sehen.

Nargis fiel ihrem Alten um den Hals, die Mütter umarmten ihre Kinder. Fragen und Antworten schwirrten durcheinander.

вернуться

15

Satael = Teufel