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„Ja, Sir“, erwiderte der technische Offizier und fügte hinzu: „Ich hab das fehlende Unfallopfer noch nicht finden können, Doktor. Ich werde jetzt auch an allen unmöglichen Stellen nach ihm suchen.“

Da Conways Helm noch immer geschlossen war, hatte Murchison das Gespräch zum einen über die Lautsprecher auf dem Unfalldeck sowie Conways Äußerungen über das Außenübertragungssystem seines Anzugs mitgehört. Gereizt sagte sie: „Zwei Fragen, mein Lieber: Weißt du, was dem Patienten fehlt? Und hat das irgend etwas damit zu tun, daß du diesen ohrenbetäubenden Anzuglautsprecher benutzt, anstatt dein Helmvisier zu öffnen und normal mit uns zu sprechen?“

„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete Conway.

„Vielleicht mag er mein Parfüm nicht“, wandte sie sich verärgert an Dodds.

Conway überhörte ihre schnippische Bemerkung und blickte sich in der Station um. Während er mit Naydrad den Patienten untersucht hatte, hatten Murchison und Dodds die restlichen ausgezogen und warteten nun offensichtlich auf neue Anweisungen. Prilicla führte bereits den Auftrag aus, den Conway schon bezüglich der ersten beiden Verletzten erteilt hatte. Aber letztendlich sagte und tat Prilicla immer das Richtige, denn er war nicht nur ein Empath, sondern auch ein außergewöhnlich guter Arzt.

Schließlich sagte Conway: „Wenn da nicht die sehr hohe Temperatur und die Krankheitssymptome bei allen gleich stark ausgeprägt wären, würde ich sagen, es handelt sich um eine mit Übelkeit verbundene Infektion der Atemwege, verursacht wahrscheinlich durch das Schlucken von infiziertem Schleim. Aber das plötzliche Auftreten dieser Symptome, wodurch die Patienten völlig außer Gefecht gesetzt worden sind, läßt mich an dieser Diagnose zweifeln.

Doch ist das nicht der Grund, weshalb ich Anzug und Helm versiegelt gelassen hab, anfangs gab es nämlich gar keinen. Mittlerweile halte ich es allerdings für eine gute Idee, wenn Lieutenant Dodds und alle anderen ihre Anzüge und Helme wieder anlegen würden, selbst wenn es sich dabei möglicherweise nur um eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme handeln sollte.“

„Wenn es nicht bereits zu spät dafür ist“, bemerkte Murchison und nahm einen der leichtgewichtigen Helme aus seiner Halterung. Zusammen mit einem Verbindungsschlauch, einem Sauerstofffbehälter und einer Gewebehülle verwandelte er den Overall, den sie trug, in einen Schützanzug, der mit Ausnahme extrem ätzender Atmosphären gegen alles beständig war. Dodds hatte sein Visier bereits in bemerkenswerter Eile geschlossen.

„Bis wir die Patienten zum Hospital bringen können“, sagte Conway, „müssen wir uns wohl darauf beschränken, daß sich ihr Zustand wenigstens nicht verschlechtert, eine Heilung werden wir hier kaum erzielen können. Das heißt, wir müssen die verlorene Körperflüssigkeit ersetzen, gegen die Übelkeit angehen und die Körpertemperatur möglichst niedrig halten. Vielleicht müssen wir sie festschnallen, um die Verletzten davon abzuhalten,

Infusionsschläuche oder Kontrolleitungen abzureißen. Wir werden sie in Druckzelten isolieren und die Sauerstofffzufuhr erhöhen. Ich fürchte nämlich, daß sich ihr Zustand weiter verschlechtern wird und wir sie deshalb mit künstlicher Atmung unterstützen müssen.“

Conway hielt einen Moment lang inne. Als er Murchison anblickte, wußte er, daß die Sorge, die sich auf seinem Gesicht und in seiner Stimme ausdrückte, durch das spiegelnde Visier beziehungsweise durch die Verzerrung des Anzuglautsprechers kaschiert wurde.

„Die Isolierung könnte sich als unnötig erweisen“, führ er schließlich fort, „aber die Symptome können vom Einatmen und Verschlucken eines bislang unbekannten Gifts herrühren. Wir können uns nicht sicher sein und haben zudem nicht die geeignete Ausrüstung, um in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung steht, die Antwort darauf zu finden. Sobald wir herausgefunden haben, was mit dem fehlenden Besatzungsmitglied passiert ist, bringen wir die Patienten schnellstens zum Orbit Hospital und unterziehen uns selbst einer gründlichen…“

„Während wir warten“, unterbrach ihn Murchison, deren Stimme und Gesichtszüge nun ebenfalls durch ihren Helm unkenntlich gemacht wurden, „möchte ich gern herausfinden, wovon die Patienten befallen worden sind, und wovon wir alle mit Ausnahme von dir demnächst befallen werden könnten.“

„Dafür bleibt wahrscheinlich keine Zeit mehr“, begann Conway, aber die Stimme des technischen Offiziers, der dem Captain Bericht erstattete, ließ ihn abbrechen.

„Captain, hier Chen. Ich hab einen Dienstplan gefunden und ihn mit den persönlichen Daten der Verunglückten verglichen. Der Vermißte ist demnach der Schiffsarzt Doktor Sutherland. Die Vermutung von Doktor Conway war also richtig. Ich hab alles gründlich durchsucht, aber Sutherland ist nicht mehr auf dem Schiff. Außerdem fehlen einige Ausrüstungsgegenstände: die tragbaren Aufzeichnungsgeräte, die persönlichen Aufzeichnungsgeräte der Besatzung, Kameras,

Gepäckbehälter, alles ist verschwunden. Kleidungsstücke und persönliche Habseligkeiten treiben in den Besatzungsunterkünften umher, als hätte man sie während eines hastigen Auspackens überall verstreut.

Praktisch sämtliche Sauerstoffreservetanks sind verschwunden, und das Ausrüstungsverzeichnis beweist, daß alle Raumanzüge der Besatzung in einem Zeitraum zwischen zwei und drei Tagen ausgegeben worden sind, außer dem Anzug des Schiffsarztes, der nicht ausgegeben wurde und trotzdem fehlt. Die transportable Luftschleuse des Schiffs ist ebenfalls verschwunden.

Der Bereich in und um den Kontrollraum ist stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Deshalb kann ich auch nicht absolut sicher sein, aber es sieht ganz so aus, als wenn versucht worden wäre, einen automatischen Sprung in den Hyperraum vorzubereiten. Die Einstellung der Instrumente im Maschinenraum bestätigt das. Ich würde sagen, die haben versucht, sich vom Wrack zu entfernen. Ein solch gewaltiger Metallklumpen in der Nähe des eigenen Schiffs würde nämlich leicht zu Störeinfüssen bei Sprungberechnungen führen. Statt dessen sind sie aber mit dem Wrack kollidiert.

Die Proben für die Pathologin Murchison hab ich auch genommen. Soll ich jetzt zurückkommen, Sir?“

„Warten Sie“, antwortete der Captain. „Haben Sie das mitgehört, Doktor Conway? Und haben Sie vielleicht noch weitere Anweisungen für den Lieutenant, bevor er die Tenelphi verläßt?“

„Ja“, erwiderte Conway. „Bitten Sie ihn darum, Helm und Anzug geschlossen zu lassen, wenn er zurückkommt — nur als reine Vorsichtsmaßnahme.“

Während des Gesprächs zwischen Lieutenant Chen und dem Captain hatte Conway versucht, sich auf das sonderbare Verhalten des Schiffsarztes der Tenelphi einen Reim zu machen. Bei der Behandlung der Verletzten hatte Sütherland ein sehr hohes Maß an Fachkompetenz bewiesen. Aufgrund seiner fehlenden Sachkenntnis war es ihm zwar trotz redlicher Mühe nicht gelungen, einen ordnungsgemäßen Subraumfunkspruch abzugeben, doch hatte er es immerhin fertiggebracht, die höchst knifflige Aufgabe des manuellen Aussetzens und Aktivierens einer Notsignalbake zu bewältigen. Für Conway schien Sutherland einer jener vernünftigen und einfallsreichen Offiziere zu sein, die nicht so leicht in Panik gerieten. Ebensowenig gehörte er zu denjenigen, die sich selbst durch Unachtsamkeit in Todesgefahr begaben oder einfach verschwinden, ohne irgendeine Nachricht zu hinterlassen.

„Wenn er nicht im Raum umhertreibt und nicht auf der Tenelphi ist“, sagte Conway plötzlich, „gibt es nur noch einen Ort, wo er sein kann. Können Sie mich auf dem Wrack absetzen, Captain?“

Da er Fletchers Besorgnis um sein eigenes Schiff kannte, erwartete Conway alles von einem glatten Nein bis zu einer verbalen Explosion bei der bloßen Erwähnung seines Vorschlags. Doch statt dessen erhielt er eine Antwort, wie sie ein Lehrer einem Schüler von mittelmäßiger Intelligenz zu geben pflegt — einen Vortrag, der in einer solch einfachen Sprache formuliert wurde, daß Conway es riskiert hätte, sein Visier zu öffnen, um Fletcher ins Gesicht zu spucken, wenn der Captain nicht fünf Ebenen weiter vorne im Kontrollraum gewesen wäre.