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Nachdem diese Kulturen ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte später den Hyperraumantrieb perfektioniert oder ihn von einer der Spezies der entstehenden galaktischen Föderation erhalten hatten, machten sie sich damals auf die Suche nach diesen dahinkriechenden, unter Lichtgeschwindigkeit fliegenden Ungetümen. Die Mehrzahl davon wurde auch wenige Jahrzehnte oder Jahrhunderte nach dem Start von ihrem Herkunftsplaneten geborgen.

Das hatte man bewerkstelligen können, weil man die Kurse der Generationenschiffe ganz genau kannte und ihre Positionen zu jedem Zeitpunkt ihrer jahrhundertelangen Reisen ohne Schwierigkeiten berechnen konnte.

Vorausgesetzt, daß sich in der Zwischenzeit keine physische oder psychologische Katastrophe auf einem dieser Schiffe ereignet hatte — und einiges von dem, was im seelischen Bereich auf den Generationsschiffen schiefgelaufen war, sollte den angehenden Rettern ein Leben lang Alpträume bereiten —, dann war der Transport der Kolonisten zu ihren Zielplaneten nur noch eine Frage von Tagen und nicht mehr von Jahrhunderten. Wie Conway wußte, hatte man die zuletzt kontaktierten Generationenschiffe bereits vor über sechshundert Jahren entdeckt. Wie bei allen anderen Schiffen dieser Bauart waren die Reaktoren und Metallteile ausgeschlachtet worden. Einige von ihnen hatte man aber auch als Unterkünfte für Personal umgebaut, die bei Bauprojekten im All eingesetzt waren.

Aber dieses Generationenschiff hier war eins der wenigen, mit dem man keinen Kontakt aufgenommen hatte, als der Hyperraumantrieb perfektioniert worden war. Entweder war es durch einen Unfall oder wegen eines Konstruktionsfehlers vom Kurs abgekommen und zu einem interstellaren Sämling geworden, der dazu bestimmt war, niemals einen brachliegenden Boden zu erreichen.

Geräuschlos landeten sie auf dem Rumpf des Wracks. Wegen der langsamen Drehung des Schiffs mußte Conway Hand- und Fußmagneten benutzen, um zu verhindern, wieder sanft ins All geschleudert zu werden, während Prilicla einen G-Gürtel und Magnetsohlen zu Hilfe nahm, die an den Spitzen seiner sechs bleistiftdünnen Beinchen befestigt waren. Vorsichtig kletterten sie durch das Loch in der Metallverkleidung und entfernten sich somit aus dem direkten Sonnenlicht. Conway wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und schaltete dann den Anzugscheinwerfer an.

Ein unregelmäßig geformter, fast natürlich wirkender Tunnel führte ungefähr dreißig Meter abschüssig in das Wrack hinein. Am unteren Ende ragte ein Metallstück hervor, das mit grüner Leuchtfarbe und einem Fleck Schmiermittel bestrichen worden war.

„Wenn die Offiziere der Tenelphi den Weg markiert haben, sollte das die Suche eigentlich beschleunigen“, sagte Fletcher, nachdem Conway dem Captain von der Entdeckung berichtet hatte. „Natürlich nur unter der Voraussetzung, daß Sutherland den gekennzeichneten Pfad auch nicht verlassen hat. Aber es gibt ein weiteres Problem, Doktor. Je weiter Sie in das Wrack eindringen, desto schwieriger wird es, Ihre Funksignale zu empfangen. Wir haben hier mehr Energie zur Verfügung als Sie für Ihr mobiles Funkgerät. Deshalb werden Sie uns auch dann noch hören können, wenn wir Sie hier schon lange nicht mehr empfangen. Ich rede natürlich von gesprochenen Nachrichten. Wenn sie jedoch tief im Innern des Schiffs Ihr Funkgerät einschalten, werden wir es immer noch als zischende oder knackende statische Störung hören können und umgekehrt. Also schalten Sie ihr Funkgerät alle fünfzehn Minuten ein, auch wenn wir uns nicht mehr hören können, damit wir wissen, daß sie noch immer leben. Wir werden dann bestätigen.

Es ist möglich, Nachrichten durch kurze und lange Knackgeräusche zu übermitteln. Das ist eine sehr alte Funkmethode, die auch heute noch in bestimmten Notsituationen benutzt wird. Kennen Sie das Morsealphabet?“

„Nein“, entgegnete Conway. „Es reicht gerade mal, um SOS funken zu können.“

„Ich hoffe nur, das wird nicht nötig sein, Doktor.“

Dem gekennzeichneten Pfad durch die Wrackteile zu folgen war eine langwierige und gefährliche Angelegenheit. Die Restdrehung des Wracks verursachte das Gefühl, nach oben zum Mittelpunkt des Schiffs hinaufzuklettern, während Conways Augen und sämtliche Instinkte beteuerten, er steige nach unten. Als sie den zweiten Farb- und Schmiermittelklecks erreichten, wurde tiefer im Innern des Schiffs bereits eine weitere Markierung sichtbar. Der Pfad fiel nun steil ab, um eine dichte Masse von Trümmerteilen zu umgehen, und der nächste Wegabschnitt bog aus dem gleichen Grund wiederum in eine neue Richtung. Zwar näherten sie sich dem Zentrum des Schiffs, allerdings in einer Reihe rasanter Zickzackbewegungen.

Prilicla hatte die Führung übernommen, um das Risiko zu vermeiden, daß Conway auf ihn fiel. Mit seinen sechs Beinen, die aus seiner kugelförmigen Druckhülle herausragten — Priliclas knöcherne Extremitäten wurden vom Vakuum nicht in Mitleidenschaft gezogen — sah er wie eine fette Metallspinne aus, die sich ihren Weg durch ein riesiges fremdartiges Netz bahnte. Nur einmal rutschte er mit seinen Magnetsohlen ab, und er fiel Conway entgegen. Automatisch streckte Conway eine Hand nach ihm aus, um den langsamen Fall Priliclas zu bremsen, als dieser an ihm vorbeiflog, zog sie dann jedoch schnell wieder zurück. Hätte er nach einem dieser feingliedrigen Beine gegriffen, wäre es wahrscheinlich abgerissen worden.

Aber Prilicla gelang es, den Fall mit den Antriebsdüsen seines Anzugs selbst abzubremsen, und sie konnten die lange und langsame Kletterpartie fortsetzen.

Kurz bevor die Verständigung mit dem Ambulanzschiff abriß, sagte Fletcher, daß sie bereits seit vier Stunden unterwegs seien und fragte, ob sich Conway sicher sei, dem vermißten Sütherland zu folgen und nicht nur dem vom Bergungstrupp der Tenelphi markierten Weg. Conway blickte auf den Leuchtfarbenklecks direkt über ihm und auf den Schmiermittelfleck daneben, und antwortete, er sei sich sicher.

Irgend etwas übersehe ich, sagte er sich selbst verärgert, irgend etwas, das direkt vor meiner dämlichen Nase liegt…!

Während sie tiefer in das Schiff eindrangen, wurde das Gewirr von Trümmerteilen allmählich durchlässiger. Doch wurde die durch die Rotation des Schiffs verursachte Gravitation zusehends schwächer, so daß immer größere Teile der Verkleidung, zertrümmertes Mobiliar und lose Ausrüstungsgegenstände schwerfällig nachgaben, wegrutschten oder absackten, sobald sie danach zu greifen versuchten. Im Lichtkegel der Anzugscheinwerfer traten auch noch andere Dinge zutage: zermalmte, zerfetzte und kaum zu identifizierende Gebilde aus ausgetrockneten, organischen Substanzen — Überreste der Besatzung oder der Haustiere, die vor vielen Jahrhunderten von der Katastrophe überrascht worden waren. Doch diese organischen Substanzen von den Metalltrümmern zu trennen, wäre einerseits höchst gefährlich und andererseits nichts als bloße Zeitverschwendung gewesen. Die Suche nach Sutherland war sehr viel wichtiger, als ihre Neugier zu befriedigen, welcher physiologischen Klassifikation die Spezies angehörte, die dieses Schiff einst erbaut hatte.

Inzwischen waren sie bereits seit fast sieben Stunden unterwegs und durchquerten mittlerweile Ebenen, die nicht mehr mit Trümmerteilen verstopft waren, obwohl auch ihre Konstruktion geborsten und verzogen war. Das war eine glückliche Fügung, denn Prilicla stieß hin und wieder aus purer Erschöpfung gegen Wände und Luken, und jeder zweite oder dritte Atemzug Conways ähnelte bereits eher einem Gähnen.

Er ordnete eine Pause an und fragte den Empathen, ob er irgendeine emotionale Ausstrahlung außer seiner empfangen könnte. Prilicla verneinte und war sogar zu müde, um einen entschuldigenden Unterton in seine Stimme zu legen. Als Conway kurz darauf das periodische Zischen in seinem Anzugkopfhörer vernahm, bestätigte er, indem er den Sendeschalter dreimal hintereinander schnell ein- und ausschaltete, eine Pause machte, und dann das Signal in kurzen Abständen mehrere Minuten lang wiederholte.