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„…deshalb können Sie den Diagnostikern leider nicht einfach befehlen, von Bord zu gehen, Captain“, fuhr Murchison fort. „Außerdem werden die Chefärzte, die diese Diagnostiker begleiten, für ihre Anwesenheit hier neben ihrer Neugier sicherlich auch noch vernünftige medizinische Gründe haben. Des weiteren sollten Sie bedenken, daß die Diagnostiker in den letzten zwei Wochen unsere Körper praktisch Zelle für Zelle durchgecheckt haben. Wenn wir ihnen nun nahelegen, die Gespräche mit den Besatzungsmitgliedern der Tenelphi über die Geschichte der Raumfahrt einzustellen, weil das reine Zeitverschwendung ist, würden sie uns womöglich noch gründlicher untersuchen, aber.“

„Bloß das nicht!“ unterbrach Fletcher sie hastig und seufzte. „Aber dieser Thornnastor scheint ja ein ziemlich freundliches Wesen zu sein, wenn auch ein wenig groß und tolpatschig, und er ist unser häufigster Besucher. Könnten Sie ihm nicht vorschlagen, vielleicht nicht ganz so oft und vor allem ohne sein medizinisches Gefolge zu kommen, weil wir dann.?“

Murchison schüttelte entschieden den Kopf. „Thornnastor ist der leitende Diagnostiker der Pathologie und als solcher der Chefdiagnostiker des Orbit Hospitals. Außerdem ist er eine wichtige Nachrichtenquelle, ein Freund und mein Abteilungsleiter. Also, ich freue mich jedenfalls über Thornys Besuche. Sie finden es vielleicht seltsam, daß ein tralthanischer FGLI, ein übergroßer, elefantenartiger, sechsbeiniger warmblütiger Sauerstoffatmer mit vier Greiforganen und schon unanständig vielen Augen Geschmack an einem Gespräch über einen pikanten Klatsch aus der SNLU-Abteilung der Methanstationen findet. Vielleicht wundern Sie sich sogar, wie überhaupt irgend etwas Skandalträchtiges zwischen zwei kristallinen Lebensformen bei minus einhundertfünfzig Grad Celsius vorfallen kann, oder warum deren Freizeitaktivitäten für einen warmblütigen Sauerstoffatmer von solchem Interesse sind. Aber Sie müssen verstehen, Thornys Sympathie für andere ETs und selbst für uns Terrestrier ist einzigartig. Er ist eine der psychisch und physisch stabilsten und ausgewogensten Mehrfachpersönlichkeiten des Hospitals und.“

Fletcher hob beide Hände als Zeichen der Kapitulation und entgegnete: „Und besitzt darüber hinaus auch noch die Fähigkeit, seinem Personal einen — gelinde gesagt — ungewöhnlich hohen Grad an persönlicher Loyalität abzuverlangen. Na gut, Madam, Sie haben mich überzeugt. Was Diagnostiker betrifft, bin ich ab jetzt im Bilde, und ich kann eben nichts dagegen tun, daß diese Leute einfach über mein Schiff herfallen.“

„Leider nicht, Captain“, erwiderte Murchison mitfühlend. „Dagegen könnte nur O'Mara etwas machen. Aber der mag seine Diagnostiker viel zu gern. Einer seiner Lieblingssätze lautet, daß jeder geistig Zurechnungsfähige, der freiwillig Diagnostiker werden will, schon von vornherein verrückt sein muß.“

Während des Gesprächs zwischen Murchison und Fletcher hatte sich die Beleuchtung in der Schiffskantine fast unmerklich verändert. Der Grund dafür war das Aufflackern des Bildschirms, auf dem jetzt die zerfurchten Gesichtszüge des Chefpsychologen zu sehen waren.

„Wie kann es eigentlich angehen, daß jedesmal, wenn ich ein Gespräch unterbreche, die Leute über mich reden?“ fragte O'Mara griesgrämig. „Aber bitte jetzt keine Entschuldigungen oder Erklärungen, Sie würden ja doch nur meine Leichtgläubigkeit auf die Probe stellen. Conway, Fletcher, ich hab Neuigkeiten für Sie. Doktor, Sie können den Raumanzug ausziehen und Ihre Kabine wieder mit der Klimaanlage des Schiffs verbinden. Sie dürfen auch wieder mit Ihren Kollegen und Kolleginnen essen und sogar in direkten Körperkontakt treten.“ Er lächelte süffisant, sah Murchison aber lieber nicht an. „Das Schiff steht ab sofort nicht mehr unter Quarantäne. Aber offen gesagt, hat diese ganze Angelegenheit eine ernsthafte Schwachstelle in unserer Verfahrensweise bezüglich der Patientenaufnahme offenbart.

Bisher hatten wir immer angenommen, daß neue Patienten oder Verletzte keine Bedrohung darstellen, weil die Krankheitserreger einer x-beliebigen Spezies nicht auf die Angehörigen einer anderen Spezies übertragbar sind — und damit hatten wir auch recht. Da sich jedes raumreisende Wesen selbst nach den kürzesten interplanetarischen Abstechern strengen Gesundheitstests unterziehen muß, haben wir leider zu einer etwas laxen Haltung gegenüber der Ansteckungsgefahr zwischen Angehörigen der gleichen Spezies geneigt. Deshalb sind wir jetzt besonders vorsichtig und gestatten nur der Besatzung der Tenelphi, von Bord zu gehen. Sie müssen leider noch fünf Tage auf der Rhabwar bleiben. Die Besatzung der Tenelphi hat die Grippe ja zuerst bekommen, und die Crew des Ambulanzschiffs ist erst später daran erkrankt. Wenn Sie selbst also in den nächsten fünf Tagen keine Grippe kriegen, Conway, dann gibt es auf Ihrem Schiff logischerweise keine Viren mehr, und Sie und die gesamte Besatzung sind erlöst. Damit Ihnen und Ihren Leidensgenossen aber vor lauter Nichtstun nicht langweilig wird, hab ich einen Auftrag für Sie. Captain Fletcher, die Offiziere und Sie selbst haben den aktiven Dienst ja schon wieder aufgenommen. Wie schnell könnten Sie losfliegen?“

„Inoffiziell sind wir schon seit letzter Woche wieder im aktiven Dienst“, antwortete Fletcher, wobei er sich verzweifelt bemühte, seinen neuerwachten Eifer nicht allzu deutlich zu zeigen. „Das Schiff ist startklar, Major, vorausgesetzt, daß wir sofort damit beginnen können, unseren Vorrat an Lebensmitteln und Medikamenten zu ergänzen, und uns keine übergroßen Extraterrestrier im Weg stehen.“

„Das kann ich Ihnen versprechen“, entgegnete O'Mara.

„… dann könnten wir innerhalb von zwei Stunden starten“, schloß Fletcher.

„Na prima!“ freute sich der Chefpsychologe unverhohlen. „Sie werden zu einer weit am Rande der Galaxis entdeckten Notsignalbake ausrücken, und zwar in Sektor fünf Nach dem gesendeten Signal zu urteilen, ist das keine von unseren Baken, und da draußen fliegen sowieso keine Schiffe der Föderation herum. Wegen der sehr geringen Sternendichte haben wir uns auch noch die Zeit genommen, diesen Abschnitt kartographisch zu erfassen. Wenn es da draußen aber wirklich eine raumreisende Spezies gibt, dann sollten wir deren Karten im Austausch gegen unsere bestimmt kopieren dürfen. Erst recht, wenn Sie einigen dieser Wesen aus der Patsche helfen. Aber vielleicht sollte ich so edle und selbstaufopferungsvolle Charaktere wie Sie lieber nicht auf den Aspekt des beiderseitigen Vorteils bei dieser Angelegenheit hinweisen. Die Koordinaten der Bake werden Sie demnächst vom Kommunikationszentrum erhalten. Wie gesagt, es handelt sich mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um eine Notsignal, das von einem Schiff einer bisher unentdeckten Spezies stammt.

Und noch etwas, Conway“, beendete O'Mara seine Ausführungen mit ironischem Unterton, „versuchen Sie doch dieses Mal, ruhig ein paar gewöhnliche, von mir aus sogar auch ungewöhnliche Verletzte mitzubringen, aber bitte nicht wieder gleich irgendeine grassierende Epidemie.“

Captain Fletcher vergeudete keine Zeit damit, auf Sprungdistanz zu gehen, weil er diesmal im Gegensatz zur ersten Mission volles Vertrauen in die Fähigkeiten seines Schiffs hatte. Zwar beklagte er sich ein wenig darüber — obwohl seine Beschwerden in Conways Ohren eher wie eine Entschuldigung klangen — wie schon während des ersten Flugs an Unterrichtseinheiten teilnehmen zu müssen, aber man wollte sowohl die Offiziere als auch die medizinischen Mitarbeiter an Bord zumindest in theoretischer Hinsicht dazu befähigen, im Notfall auch Aufgaben außerhalb ihrer Spezialgebiete übernehmen zu können.

Gemäß der für das Ambulanzschiffprojekt bestehenden Direktive mußte Conway die Offiziere in den Grundlagen der ET-Physiologie unterrichten, ihnen also Kenntnisse über den Körperbau, die Muskulatur und das Kreislaufsystem von Aliens vermitteln. Die Offiziere sollten wenigstens so viel über diese Spezialgebiete wissen, daß sie nicht trotz bester Absichten aus Versehen einen extraterrestrischen Verletzten töteten. Unterdessen sollte sich Fletcher bei den medizinischen Mitarbeitern durch Vorträge über seine besonderen Spezialgebiete, die Konstruktion von ET-Schiffen und die vergleichende Technik, revanchieren. Auf diese Weise wollte man grundlegenden Fehlern des medizinischen Teams bei der Bergung eines Patienten aus einem extraterrestrischen Raumschiff vorbeugen.