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Das wäre reichlich Zeit, um die DBPK-Patientin in die Drucktragbahre zu legen — eine solche Trage gewährleistete die Aufrechterhaltung des Lebenserhaltungssystems eines Patienten und schützte ihn vor dem luftleeren Raum, vor Wasser und einer ganzen Anzahl todbringender Atmosphären. Auch das medizinische Team der Rhabwar konnte in aller Ruhe leichte Anzüge zur Begleitung der Drucktrage anlegen. Die verbleibende Zeit konnte man über Funk den leitenden Diagnostiker der Pathologie, Thornnastor, zu den Vorbefunden bezüglich der überlebenden DBPK und zu den Ergebnissen von Murchisons Untersuchung an den Leichen befragen. Thornnastor würde wahrscheinlich um einen baldigen Transport der Leichen ins Hospital bitten, um durch eine gründlichere Untersuchung ein vollständiges Bild des Stoffwechsels der DBPK-Lebensform zu gewinnen.

Nach dieser kurzen Denkpause übermittelte Conway schließlich die Schätzung des Captains an die Zentrale und fragte, von wem das medizinische Personal der Rhabwar an Schleuse fünf empfangen werden würde.

Die Stimme von der Anmeldezentrale gab eine Anzahl kurzer, unübersetzbarer und bei einem ET wahrscheinlich dem Stottern gleichzusetzende Laute von sich, und fuhr erst dann verständlich fort: „Tut mir leid, Doktor. Nach meinen Instruktionen steht das Personal der Rhabwar genaugenommen noch immer unter Quarantäne und darf das Hospital auf keinen Fall betreten. Aber Sie persönlich dürfen natürlich die Patientin begleiten, vorausgesetzt, Sie öffnen Ihren Anzug nicht. Die Hilfe Ihres Teams wird bei der Behandlung der Patientin nicht gebraucht, Doktor, aber die Vorgänge werden auf den Unterrichtskanälen übertragen. Das Team kann das Ganze also mitverfolgen und, falls notwendig, auch Ratschläge erteilen.“

„Vielen Dank auch“, erwiderte Conway, wobei der sarkastische Unterton in seiner Stimme durch die Übersetzung natürlich verlorenging.

„Keine Ursache!“ entgegnete das Wesen in der Anmeldezentrale. „Und jetzt hätte ich gern den Kommunikationsoffizier gesprochen. Chefdiagnostiker Thornnastor hat um eine direkte Sprechverbindung mit Pathologin Murchison und Ihnen gebeten, um sich mit Ihnen zu beraten und eine vorläufige Diagnose zu stellen.“

Gut zwei Stunden später wußte Thornnastor alles über die Patientin, was man ihm über Funk hatte vermitteln können. Nach dem Andocken wurde sie äußerst behutsam in der Drucktragbahre durch den Bordtunnel der Rhabwar in den höhlenartigen, als Schleuse fünf bezeichneten Landeflughafen gebracht. Neben Conway gestattete man zur Überwachung der emotionalen Ausstrahlung auch Prilicla die Begleitung der Patientin. Die Hospitalleitung hatte schließlich nach einigem Hin und Her eingesehen, daß der kleine Cinrussker kaum den Grippevirus in sich tragen konnte, von dem die Besatzung der Rhabwar befallen worden war. Davon abgesehen war er gegenwärtig der einzig medizinisch qualifizierte Empath im Mitarbeiterstab des Orbit Hospitals.

Das Transportteam der Unfallaufnahme — Terrestrier in leichten Anzügen mit Helmen, Gürteln und Stiefeln in hellblauer Leuchtfarbe — schob die Drucktragbahre sofort zur Innenluke von Schleuse fünf. Während sich langsam die Außenluke schloß, strömte in die noch vor kurzem luftleere Schleuse sprudelndes und kalt dampfendes Wasser. Als sich das Wasser beruhigt hatte und Conway wieder etwas sehen konnte, verfrachtete das Transportteam die Trage ziemlich unsanft in die lauwarmen grünen Tiefen der Station, die zur Behandlung der wasseratmenden Bewohner von Chalderescol diente.

Conway war regelrecht froh, daß die Patientin nicht bei Bewußtsein war. Denn die Chalder, die trotz ihrer enormen Bandbreite an möglichen Erkrankungen nur äußerst selten zur Bewegungsunfähigkeit verdammt waren, schwammen schwerfällig um die Trage herum — wie alle Patienten legten sie bei jedem Anlaß, der die Monotonie des Stationsalltags zu unterbrechen versprach, unverhohlene Neugier an den Tag.

Die AUGL-Station glich einer ausgedehnten Unterwasserhöhle, die für chalderische Augen mit einer Vielzahl einheimischer Kunstpflanzen geschmackvoll dekoriert war, von denen einige offensichtlich fleischfressend waren. Das war jedoch nicht die normale Umwelt der kulturell und technologisch hochentwickelten Bewohner von Chalderescol, sondern die von gesunden jungen Chaldern im Urlaub aufgesuchte Umgebung. Laut Chefpsychologe O'Mara stellte diese primitive Umwelt eine wichtige Hilfe bei der Genesung dar — und der Chefpsychologe irrte sich in solchen Punkten äußerst selten. Doch selbst für einen über die Vorgänge genauestens unterrichteten terrestrischen DBDG wie Conway war dies ein geradezu gespenstischer Ort.

Eine vollkommen neue Lebensform, deren Sprache erst noch in den Übersetzungscomputer des Hospitals eingegeben werden mußte, würde natürlich überhaupt nicht wissen, was sie davon halten sollte — und erst recht nicht bei einer plötzlichen Konfrontation mit einem der AUGL-Patienten.

Ein erwachsener Bewohner von Chalderescol erinnerte an ein zwölf Meter langes Krokodil, das vom relativ überproportionierten Maul bis zum Schwanz gepanzert und in der Mitte von einem Gürtel bandförmiger Tentakel umgeben war. Trotz Priliclas beruhigend wirkender Anwesenheit war es für die innere Ruhe der Patientin besser, wenn sie die bis auf wenige Meter an die Trage heranschwimmenden chalderischen AUGLs nicht sah, die den Neuankömmling in Augenschein nehmen und ihm alles Gute wünschen wollten.

Prilicla schwamm als vage sichtbare insektenartige Gestalt in der silbrig schimmernden Anzugblase ein kleines Stück vor der Gruppe, und da die emotionale Ausstrahlung auf dieser Station gelegentlich explosionsartig anstieg, zitterte er hin und wieder. Conway wußte aus Erfahrung, daß für diese Reaktion weder die Patientin noch die neugierigen AUGLs verantwortlich waren, sondern vielmehr die vom Transportteam ausgehenden Gefühle der Besorgnis, das die Trage an als Betten dienenden Stahlrahmen, medizinischen Geräten und der künstlichen Flora der Station vorbei und durch den wassergefüllten Teil des Korridors dahinter manövrieren mußte. Die Trocken- und Kühlmittel in den leichten Anzügen des Transportteams funktionierten im warmen Wasser der AUGL-Abteilung nicht wie gewohnt. Und wenn in so einer Umgebung ein körperlicher Kraftakt erforderlich wurde, dann schwoll der Zorn der Männer direkt proportional zum Temperaturanstieg im Anzug an.

Die Beobachtungsstation für die neue Patientin war früher Teil des Voruntersuchungsbereichs der Unfallabteilung für warmblütige Sauerstoffatmer gewesen, bevor diese Sektion erweitert und deshalb in die dreiunddreißigste Ebene verlegt wurde. Ursprünglich wollte man den nun freigewordenen Raum als zusätzlichen AUGL-Operationssaal ausstatten, sobald die technische Abteilung diese Aufgabe in Angriff nehmen konnte. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellte er nicht viel mehr als eine große, würfelförmige Luft- und Lichtblase inmitten des gewaltigen Meers der chalderischen Station und der dazugehörigen Versorgungseinrichtungen dar. In der Mitte des Raums stand allerdings ein Untersuchungstisch, der auf die jeweilige Körperform einer großen Bandbreite von Lebewesen verschiedenster physiologischer Klassifikationen eingestellt werden konnte und den man zusätzlich in einen Operationstisch oder in ein Bett verwandeln konnte. An den jeweils gegenüberliegenden Wänden der Station waren die gleichermaßen unspezialisierten und komplizierten Geräte aufgestellt, die man zum Erhalt des Lebens und zur intensiven Betreuung von Patienten benötigte, deren Lebensvorgänge mitunter ein Buch mit sieben Siegeln waren.

Trotz seiner Größe war der Raum zur Zeit überfüllt — und zwar hauptsächlich mit Ärzten, die hier überhaupt nichts zu suchen hatten und nur aus beruflicher Neugier anwesend waren. Conway sah einen der illensanischen PVSJs, die eine membranartige Schuppenhaut besaßen, und dessen weiter Anzug bis auf den in ihm enthaltenen blaßgelben Chlornebel durchsichtig war. Sogar ein TLTU in einer auf Raupenketten montierten Druckkugel war anwesend. Das war für ein Wesen, das unter hohem Druck lebte und extrem heißen Dampf atmete, die einzige Möglichkeit, beruflich mit Patienten und Kollegen mit weniger exotischem Stoffwechsel in Verbindung zu treten. Die restlichen Anwesenden waren warmblütige Sauerstoffatmer — Melfaner, Kelgianer, Nidianer und ein Hudlarer, die außer ihrer Neugier noch eine weitere Gemeinsamkeit hatten: die goldenen oder in Gold eingefaßten Abzeichen, die sie als Diagnostiker und Chefärzte auswiesen.