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Deshalb ist es häufig einfacher, sie zu entdecken, wenn man sich bei der Suche nach ihnen auf ihre Erfordernisse zur Lebenserhaltung konzentriert.

Bis zu diesem Zeitpunkt kann ich jedenfalls nicht mit Bestimmtheit sagen, ob irgend etwas oder irgend jemand in diesem Ding lebt oder nicht. Die große Annäherung an die Sonne hat die Außenhaut so stark aufgeheizt, daß es nicht mehr möglich ist, feine Temperaturunterschiede im Innern des Wracks festzustellen. Wegen der Auswirkungen der Hitzeausbreitung über die gesamte Konstruktion sind die Meßwerte der restlichen Sensorabtastungen zudem nur ungenau und mit äußerster Vorsicht zu behandeln. Abgesehen davon ist das Schiff groß. Sein Rumpf ist durch Meteoriteneinschläge derart zerrissen und durchlöchert, daß Sutherland überall einen Weg nach innen gefunden haben könnte. Wo wollen Sie ihn zuerst suchen, Doktor?“

„Wenn er wirklich dort ist“, antwortete Conway, „wird er uns bestimmt irgendwie wissen lassen, wo wir nach ihm suchen müssen.“

Der Captain schwieg einen Augenblick lang. Obwohl sich Conway über Fletchers Benehmen ihm gegenüber noch immer ärgerte, konnte er doch nachempfinden, in welchem Dilemma sich der Captain befinden mußte.

Genauso wie Conway wollte auch Fletcher dieses Gebiet nicht verlassen, ohne den vermißten Schiffsarzt gefunden oder sich wenigstens Klarheit über dessen Schicksal verschafft zu haben. Doch galt es auch auf das Wohlergehen der restlichen Besatzung zu achten, das eigentlich in Conways Verantwortlichkeitsbereich fiel, und sich um die Sicherheit des Ambulanzschiffs zu kümmern, für die ganz klar Fletcher zuständig war.

Da alle drei Schiffe den imaginären Gravitationsschacht der Sonne hinunterrutschten, und zwar mit beängstigender und stetig wachsender Geschwindigkeit, war die für die Suche nach dem verschwundenen Schiffsarzt bestimmte Zeit stark begrenzt. Außerdem wollte sich der Captain bestimmt nicht gern in die Rolle drängen lassen, sowohl Chefarzt Doktor Conway vom Orbit Hospital als auch den Schiffsarzt Sutherland vom Monitorkorps auf dem Wrack zurückgelassen haben zu müssen.

Ebensowenig konnte er es riskieren, zusammen mit Conway einen seiner Offizier loszuschicken; denn wenn dieser auch noch verlorenging, würde der Captain vor einem sehr ernsthaften Problem stehen — die Besatzung der Rhabwar war klein, und es gab keine Überschneidungen der Spezialgebiete. Zwar sollte es Fletcher auch so schaffen, schließlich zum Orbit Hospital zurückzukehren, doch wäre eine solche Reise durch den Hyperraum mit ernsthaften Risiken und Verzögerungen verbunden und könnte sich somit nachteilig auf den Zustand der Verletzten auswirken.

Im Wandlautsprecher war erneut ein Seufzer zu vernehmen, und Fletcher sagte: „Also gut, Doktor, Sie können nach dem Schiffsarzt suchen. Dodds, nehmen Sie das Teleskop. Sie suchen nach irgendwelchen Spuren, die auf ein kürzliches Betreten des Wracks schließen lassen. Lieutenant Chen, vergessen Sie im Moment die Proben für die Pathologin, und kommen Sie zum Maschinenraum zurück. Ich will in fünf Minuten Manövrierschub haben. Doktor, ich werde das Wrack der Länge nach in einer Entfernung von einem Kilometer umkreisen. Da es sich alle zweiundfünfzig Minuten einmal um sich selbst dreht, werden wir seine Rumpfoberfläche innerhalb von vier Umkreisungen einmal scannen können. Haslam, stellen Sie mit den Sensoren alles an, was in Ihren Kräften steht, und geben Sie dem Doktor eine gewisse Vorstellung von der Geographie des Schiffsinnern.“

„Vielen Dank, Captain“, sagte Conway erleichtert.

Dodds hatte Murchison dabei geholfen, einen der Verletzten in ein Druckzelt zu bringen. Sobald er damit fertig war, entschuldigte er sich bei ihr und machte sich zum Kontrollraum auf. Conway blickte auf den Repeaterschirm und das Bild des Wracks, dessen eine Hälfte in Dunkelheit getaucht war. Die andere Hälfte stellte sich als ein Durcheinander aus glitzernd reflektierenden Rumpfplatten und kreuz und quer darüber verteilten schwarzen Rissen und Kratern dar. Von Zeit zu Zeit warf er einen flüchtigen Blick auf das Wrack, während er half, Biosensoren an den Verletzten zu befestigen, und sah, wie es größer wurde und sich allmählich über den ganzen Bildschirm ausbreitete. Plötzlich verschwand das Bild und wurde durch eine schematische Darstellung des Wracks ersetzt.

Sie zeigte den Querschnitt des kugelförmigen Schiffs mitsamt der Deckebenen, die zum Innern hin konzentrische Kreise zogen. Nahe am Mittelpunkt lagen mehrere Kammern unterschiedlicher Größe, die sich durch verschiedene Grüntöne voneinander abhoben. Dicht an der Innenwand der Schiffshülle befand sich an einem Punkt eine große rechteckige, rot markierte Kammer. Feine rote Linien verbanden diesen Bereich mit den grün gekennzeichneten Kammern im Mittelpunkt.

„Doktor, hier Haslam. Ich projiziere jetzt ein Sensordiagramm vom Innern des Wracks. Es ist leider nicht sehr differenziert, und das meiste davon beruht auf reinen Vermutungen…“

Laut Haslam handelte es sich bei dem Wrack um einen uralten Generationentransporter in Kugelgestalt. Diese Form wurde zu einer Zeit vorgezogen, als ein Maximum an Lebens- und Kultivierungsraum noch eine zwingende Notwendigkeit gewesen war. Die Fortbewegungsrichtung verlief entlang der vertikalen Achse, wobei sich der Kontrollbereich vorn und der Reaktor und die Antriebsdüsen hinten befanden. Das Schiff konnte sich ziemlich schnell um die vertikale Achse drehen, um mittschiffs gelegene äußere Deckebenen mit künstlicher Schwerkraft zu versehen, selbst dann, wenn das Schiff Schub gab.

Haslam wußte zwar nicht, ob über das Schiff nur eine einzelne Katastrophe oder gleich mehrere Katastrophen hereingebrochen waren, aber das Unglück hatte den gesamten Kontrollbereich zusammen mit dem Rest der Außenhüllen- und Deckebenen zerstört und dabei die schnelle Rotation auf einen Bruchteil der eigentlich notwendigen Geschwindigkeit gedrosselt. Die Reaktoren waren von dicken Schutzschilden umgeben, die sie vor ernsten Schäden bewahrt hatten.

Das Schiff war praktisch entvölkert worden, doch einige Kammern tief im Innern hatten Druck und Energie behalten, und eine gewisse Anzahl Überlebender mußte in der Lage gewesen sein, eine Zeitlang in ihnen weiterzuleben. Dabei handelte es sich um die grün gekennzeichneten Abschnitte. Die Atmosphäre in einigen dieser Kammern stelle zwar nur wenig mehr als ein Vakuum dar, fügte Haslam hinzu, doch in anderen könnte sie wahrscheinlich noch heute von Mitgliedern der Spezies, die das Schiff einst gebaut hatte, geatmet werden, um wen oder was es sich dabei auch immer handelte.

„Besteht die Möglichkeit…?“ setzte Conway zu einer Frage an.

„Keine Überlebenden, Doktor“, entgegnete Haslam mit Bestimmtheit.

„Die Tenelphi hatte bereits keinerlei Leben an Bord dieses altertümlichen Schiffs gemeldet. Wahrscheinlich geschah die Katastrophe schon vor einigen Jahrhunderten, und die Besatzung hat nur noch eine kurze Zeit überlebt.“

„Ja, natürlich“, erwiderte Conway. Aber warum wollte Sutherland dann dort hingehen?

„Captain, hier Dodds. Ich glaube, ich hab etwas gefunden, Sir. Kommt gerade ins Sonnenlicht. Jetzt können Sie es in voller Vergrößerung sehen.“

Auf dem Repeaterschirm wurde ein kleiner Bereich der verwüsteten Außenhaut des Wracks dargestellt. Dort befand sich eine schwarze, gezackte Öffnung, die in die Tiefen des Schiffs führte. Direkt daneben war ein Teil der gewölbten Verkleidung zu erkennen, auf der sich ein großer, bräunlich gelber Fettfleck befand.

„Das sieht aus wie Schmiere, Sir“, sagte Dodds.

„Stimmt“, antwortete der Captain und fragte dann plötzlich: „Aber warum hat er ein Schmiermittel statt einer fluoreszierenden Markierungsfarbe benutzt?“

„Vielleicht hatte er es gerade zur Hand, Sir.“

Fletcher nahm von Dodds Antwort keine Notiz — es war sowieso nur eine rhetorische Frage gewesen — und sagte energisch: „Chen, wir sollten uns dem Wrack bis auf hundert Meter nähern. Haslam, halten Sie sich bei den Pressorstrahlen bereit, für den Fall, daß ich mich verschätze und wir gegen dieses Ungetüm prallen. Doktor Conway, leider kann ich unter den derzeitigen Umständen keinen Offizier entbehren, den ich Ihnen mitgeben könnte, aber ein Hundert-Meter-Flug durch den Raum sollte keine ernsthaften Probleme aufwerfen. Verbringen Sie in dem alten Wrack aber bitte nicht allzuviel Zeit, ja?“