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„Die zwei rauhen Bereiche im Kreisinnern scheinen keine Rostschichten zu sein“, berichtete er, „sondern sind meiner Meinung nach künstlich aufgerauhte Metallflächen, die den mit Raumhandschuhen versehenen Mundwerkzeugen oder Greiforganen der Schiffsbesatzung bei der Bedienung des Öffnungsmechanismus — das heißt: dieser Scheibe — bessere Haftung geben sollen…“

„Da bin ich mir gar nicht so sicher“, widersprach Conway. Die bei ihm schon einmal kurz aufgeflackerte Idee nahm wieder Gestalt an.

Fletcher überhörte seinen Einwand und fuhr fort: „Also, man könnte die Scheibe im oder gegen den Uhrzeigersinn drehen, in ein Links- oder Rechtsgewinde rein- oder rausschrauben, nach innen drücken oder zusätzlich bis zum Einrasten in die eine oder andere Richtung drehen…“

Während dieser Beschreibung führte der Captain die verschiedenen Druck- und Drehbewegungen durch — allerdings ohne Erfolg. Er erhöhte die Leistung der Fuß- und Handgelenkmagneten für einen festeren Halt am Rumpf, drückte den im Handschuh steckenden Daumen beziehungsweise Zeigefinger auf je einen rauhen Punkt und drehte die Scheibe noch stärker.

Seine Hand rutschte plötzlich ab, so daß sich einen Moment lang der gesamte Druck auf den Daumen und den darunterliegenden Punkt konzentrierte. Daraufhin kippte die eine Hälfte der Scheibe, in der dieser Punkt lag, nach unten, und die andere nach oben. Hinter Fletchers Visier war ein hochrotes Gesicht zu sehen.

„…es könnte sich natürlich auch als ein simpler Kippschalter herausstellen“, fügte er rasch hinzu.

Plötzlich schwang die große, runde Luke nach innen, und die Schiffsatmosphäre zischte durch die Öffnung heraus. Das am Rumpf befestigte Gewebe der Schleusenvorkammer blähte sich auf, und der Metallzylinder mit den beiden Luken wurde durch die einströmende Atmosphäre nach oben gedrückt. Dadurch konnten sich Fletcher und Conway nun in einer großen, aufgeblasenen Hemisphäre aus durchsichtigem Kunststoff aufrichten. Während sie zusahen, wie die Einstiegsluke nach innen und schließlich an die Decke der Schleusenkammer des Schiffs klappte, wurde langsam eine kurze Laderampe ausgefahren. Die Rampe wölbte sich nach unten und stoppte an der Position, die nach einer Landung des Schiffs dem Boden entsprochen hätte.

Inzwischen war auch Murchison eingetroffen und beobachtete sie durch den Stoff der transportablen Luftschleuse. „Die aus der Einstiegsluke entwichene Atmosphäre muß ausschließlich aus der Schleusenkammer des Schiffs stammen, da jetzt keine mehr ausströmt“, stellte sie fest. „Wenn ich das Volumen der Schleusenkammer und das unserer eigenen transportablen Schleuse messe, könnte ich den von den Aliens benötigten atmosphärischen Druck berechnen und außerdem die in der Atmosphäre enthaltenen Gase analysieren… ich komme rein.“

„Offensichtlich eine Verpflegungsluke“, folgerte Fletcher. „Eigentlich müßten die noch eine kleinere, weniger komplizierte Luke für Außeneinsätze im All haben und…“

„Nein“, widersprach ihm Conway in ruhigem, aber sehr bestimmtem Ton. „Diese Wesen würden ihr Schiff auf keinen Fall zu Außeneinsätzen verlassen. Die hätten viel zuviel Angst, vom Schiff abzutreiben und verlorenzugehen.“

Murchison blickte ihn sprachlos an, und Fletcher entgegnete ungeduldig: „Ich verstehe kein Wort, Doktor. Prilicla, hat es von den Überlebenden irgendeine emotionale Reaktion gegeben, als wir die Schleuse geöffnet haben?“

„Nein, Freund Fletcher“, antwortete der Empath. „Freund Conway strahlt so starke Emotionen aus, daß ich nicht mehr in der Lage bin, irgendwelche Gefühle der Überlebenden festzustellen.“

Der Captain starrte Conway einen Moment lang an und sagte dann verlegen: „Doktor, mein Spezialgebiet ist das Studium extraterrestrischer Mechanismen, Steuerungssysteme und Kommunikationsgeräte gewesen, und meine große Erfahrung auf diesem Gebiet hat zu meiner Berufung zum Captain dieses Ambulanzschiffs geführt. Der Grund, warum ich diesen Verschlußmechanismus so schnell bedienen konnte, ist zum Teil meiner Sachkenntnis und zum Teil purem Glück zuzuschreiben. Für Sie, Doktor, dessen Sachkenntnis auf einem vollkommen anderen Gebiet liegt, besteht also überhaupt kein Anlaß zur Verärgerung, nur weil ich…“

„Entschuldigen Sie die Unterbrechung, mein Freund“, warf Prilicla schüchtern ein, „aber er ist ja gar nicht verärgert. Freund Conway ist vielmehr erstaunt, und zwar aufs äußerste erstaunt…“

Sowohl Murchison als auch Fletcher starrten Conway an. Zwar stellte keiner der beiden die naheliegende Frage, aber er beantwortete sie trotzdem und sagte sehr ernst: „Warum greift wohl eine blinde Spezies nach den Sternen?“

Es dauerte mehrere Minuten, dem Captain begreiflich zu machen, daß Conways Theorie mit allen bekannten Fakten zusammenpaßte. Doch selbst dann war Fletcher von der Blindheit der Besatzung immer noch nicht vollkommen überzeugt. Ohne Zweifel stellten die rauhen Bereiche an der Schiffsunterseite, besonders die in der Nähe der Düsen, für ein nur über den Tastsinn verfügendes Lebewesen eine deutliche, sozusagen spürbare Warnung vor Gefahr dar. Und bei den in regelmäßigen Abständen am Rand verteilten kleineren Stellen handelte es sich wahrscheinlich um Abdeckhauben der weniger gefährlichen Lagesteuerungsdüsen. Die zahlreicheren und kleinsten Flecken aus der Substanz, die vom Untersuchungsteam zunächst für Rost gehalten worden waren, konnten durchaus in einer Art extraterrestrischer Blindenschrift geschriebene Öffnungs- oder Wartungshinweise für Einstiegsluken sein.

Conways Theorie wurde außerdem durch das völlige Fehlen durchsichtiger Materialien und besonders von Sichtfenstern gestützt, obwohl nicht auszuschließen war, daß Fenster vorhanden und nur mit abnehmbaren Metallplatten abgedeckt worden waren. Es war eine ausgezeichnete Theorie, das mußte Fletcher zugeben, aber er selbst wollte lieber an eine Schiffsbesatzung glauben, die in einem anderen Bereich des Wellenspektrums ›sehen‹ konnte, als an vollkommen blinde Wesen glauben.

„Aber warum dann die Blindenschrift?“ fragte Conway. Hierauf gab Fletcher jedoch keine Antwort, weil sich bei näherer Untersuchung ganz klar herausstellte, daß die rauhen Punkte auf den Platten und Schaltern nicht einfach nur besserem Halt dienten — denn jeder war so einzigartig wie ein Fingerabdruck.

Genau wie die Außenhaut des Schiffs bestand das Innere der Schleuse aus unlackiertem, blankem Metall. Die Schleusenkammer selbst war zwar zum aufrechten Stehen groß genug, aber die beiden unter der Innen- und Außenluke sichtbaren Öffnungsschalter befanden sich nur wenige Zentimeter über dem Boden. Man konnte auch eine ganze Anzahl kurzer, breiter Kratzer und ein paar flache Beulen sehen, als ob erst vor ziemlich kurzer Zeit irgend etwas Schweres und Scharfkantiges ein- oder ausgeladen worden wäre.

„Physiologisch gesehen könnte diese Lebensform ziemlich ausgefallen sein“, sagte Murchison. „Vielleicht ein großes Wesen mit Greiforganen auf Bodenhöhe oder aber eine körperlich kleine Spezies, deren Schiff so konstruiert wurde, daß es auch von größeren Lebewesen besucht oder benutzt werden kann. Im letzteren Fall dürfte die Bergung nicht durch xenophobische Reaktionen der Überlebenden erschwert werden, da sie ja bereits von der Existenz anderer intelligenter Lebensformen und der möglichen Rettung durch eine Gruppe von Angehörigen einer fremden Spezies wissen.“

„Das hier ist wohl eher eine Frachtschleuse, Murchison“, bedauerte Fletcher. „Und es war auch eher die Fracht, die ein so großes Gewicht hatte, als einer Ihrer extraterrestrischen Freunde — falls es die überhaupt gibt. Sind Sie bereit hineinzugehen?“

Statt einer Antwort schaltete Murchison den Helmscheinwerfer auf einen breitgefächerten Lichtstrahl um. Conway und der Captain folgten ihrem Beispiel.