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Es war sofort klar, daß die beiden Lebensformen einander brauchten — die trotz des fehlenden Sinns technisch fortschrittlichen blinden Aliens und die hochintelligente, über die Fähigkeit zur Telepathie in beide Richtungen verfügende Spezies, die in den Körpern ihrer Elternteile eingeschlossen waren, die wiederum nichts anderes als organische Tötungsmaschinen ohne Verstand darstellten. Auf der einen Seite stand also eine Spezies, die lediglich über einen einzigen, wenn auch überentwickelten Sinneskanal verfügte und die Fähigkeit zu Flügen durchs All besaß. Und auf der anderen Seite gab es eine zu jedem Erlebnis und dessen Vermittlung fähige Lebensform, deren Erfahrungen bisher auf wenige Quadratkilometer der Planetenoberfläche beschränkt gewesen waren.

Nach der anfänglichen Euphorie und schweren Opfern unter den blinden Aliens erstellte man kurz- und langfristige Pläne zur Eingliederung der Beschützer in die Zivilisation der Aliens. Anfangs besaßen die blinden Wesen zwar nicht besonders viele Raumschiffe, doch schon bald nahmen sie ein Bauvorhaben für Schiffe mit Hyperraumantrieb in Angriff, mit denen die Beschützer zum Alienplaneten transportiert werden konnten. Obwohl dort nicht so rauhe Lebensbedingungen herrschten wie auf deren Heimatplaneten, war die Oberfläche noch vollkommen naturbelassen, weil die blinden Aliens lieber unter der Erde lebten. Die Beschützer sollten auf diesem Planeten also über den unterirdischen Städten der Aliens leben und die einheimischen Tiere jagen und töten, während ihre telepathischen Embryos das Wissen der unter ihnen wohnenden Stadtbewohner aufnehmen und diesen als Gegenleistung zeigen würden, was es hieß, zum erstenmal Tiere und Pflanzen und den Himmel mit der Sonne, den Sternen und den sich ständig ändernden Witterungsverhältnissen zu sehen.

Viel später, wenn sich die Beschützer auf dem Alienplaneten reinrassig fortpflanzen würden, wollte man auf den Hyperantriebsschiffen eine kleine Anzahl von ihnen zur räumlichen Ausweitung der Forschungsflüge und der Suche nach weiteren vernunftbegabten Lebewesen einsetzen. Aber erst einmal benötigten die blinden Aliens die Beschützer als Augen und brachten deshalb jeweils zwei von ihnen zur Zeit mit speziell gebauten Transportern auf ihren Planeten.

Das war ein außerordentlich gefährliches Unterfangen, bei dem dann auch viele Schiffe verlorengingen, was mit ziemlicher Sicherheit an Ausbrüchen der Beschützer aus den Käfigen und dem daraus resultierenden Tod der Alienbesatzung lag. Der größte Verlust waren bei so einem Vorfall jedoch die ausgebrochenen Beschützer und die wertvollen ungeborenen Telepathen.

Im von der Rhabwar untersuchten Fall war einer der Beschützer aus dem Käfiggang ausgebrochen und hatte trotz der fehlenden, weil lebensnotwendigen Schläge und Stöße des Lebenserhaltungssystems das Bewußtsein nicht verloren. Vorher tötete er noch ein Besatzungsmitglied und danach auch den zweiten, seinem Kollegen zu Hilfe eilenden Alien, mit dessen Stachel sich der FSOJ dann jedoch versehentlich selbst umbrachte.

Aber dieser Alien konnte vor dem Tod noch die Notsignalbake aussetzen und den Mechanismus des Käfiggangs abschalten, damit der überlebende Beschützer bewußtlos wurde und für zukünftige Retter bis zu deren Aufklärung durch den telepathischen Embryo keine Gefahr bestand.

Doch leider waren dem blinden Alien zwei Fehler unterlaufen, die man ihm allerdings beide nicht vorwerfen konnte. Erstens hatte er vorausgesetzt alle Spezies könnten ebenso leicht telepathischen Kontakt mit dem Embryo aufnehmen wie seine eigene, und zweitens war er davon ausgegangen, der Embryo würde auch nach eingetretener Bewußtlosigkeit des Beschützers bei Bewußtsein bleiben… Die große Informationsflut, die die ganze Zeit in die Gehirne der Rettungsmannschaft geströmt war, verringerte sich jetzt allmählich und wurde zu einem klaren, schmalen und mehr speziellen als allgemeinen Mitteilungsfluß.

„Die Lebensform der Beschützer ist von der Geburt bis zum Tod ständigen Angriffen ausgesetzt“, fuhr die lautlose Stimme in ihren Gehirnen fort. „Diese fortwährende Körperverletzung spielt eine wichtige Rolle, um das physiologische System in einem optimalen Zustand zu erhalten. Entzieht man diese heftige Stimulation, dann hat das ähnliche Auswirkungen wie das Ersticken, wenn ich die Gedanken des Wesens Conway richtig interpretiert habe. Außerdem kommen noch stark reduzierter Blutdruck, eingeschränkte Sinneswahrnehmungen und ein vollkommener Verlust der willkürlichen Muskeltätigkeit hinzu. Das Wesen Murchison vermutet ebenfalls ganz richtig, daß der betreffende Embryo auf gleiche Weise in Mitleidenschaft gezogen wird.

Als das Wesen Fletcher die Mechanismen im Käfiggang versehentlich wieder eingeschaltet hatte, begann bei meinem Beschützer und mir selbst die Wiedererlangung des Bewußtseins, die durch das erneute Abschalten erst aufgehalten und dann auf Drängen des Wesens, das Sie Prilicla nennen, wiederum in Gang gesetzt wurde. Mit dem Gehirn des Wesens Prilicla kann ich nicht in Verbindung treten, da es für meine Gefühle empfänglicher als für meine Gedanken ist. Und meine Gefühle waren eine Mischung aus großer Eile und Frustration, weil ich Ihnen vor meinem Tod unbedingt die Situation erklären mußte.

Solange noch Zeit ist, möchte ich Ihnen mit meiner ganzen verbliebenen Gedankenkraft für die Kontaktaufnahme danken und dafür, daß Sie mir durch Ihre Gedanken all die Wunder gezeigt haben, die es nicht nur auf meinem Heimatplaneten und dem der blinden Aliens gibt, sondern auch überall in Ihrer Föderation. Und ich möchte mich für die bei der Herstellung dieses Kontakts verursachten Schmerzen und die Verletzung der Gliedmaße des Wesens Fletcher entschuldigen. Wie Ihnen ja nun bekannt ist, hab ich über das Handeln meines Beschützers keinerlei Kontrolle…“

„Moment mal“, unterbrach Conway plötzlich. „Für Ihren Tod gibt es überhaupt keinen Grund. Das Lebenserhaltungssystem und die Mechanismen und Futterspender im Korridor sind und bleiben funktionstüchtig, bis wir Ihr Schiff zum Orbit Hospital bringen können. Wir sind auch in der Lage, Sie zu versorgen. Uns stehen viel mehr Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung als den blinden Aliens…“

Conway verstummte. Trotz des überzeugten Unterstützungsangebots fühlte er sich hilflos. Die Tentakel des schwerelos umhertreibenden und offensichtlich mitten im Gang sterbenden Beschützers schlugen nur noch schwach und planlos um sich, und jedesmal, wenn einer der Tentakel gegen die Wand oder Decke prallte, drehte sich der Körper langsam. Murchison, Fletcher und Conway konnten daher den gesamten Geburtsvorgang gut beobachten. Zuerst tauchte der Kopf, und dann die vier Tentakel des Jungen auf. Bis jetzt waren die Gliedmaßen des Ungeborenen noch schlaff und reglos, weil die Sekrete noch nicht wirkten, die die vor der Geburt bestehende Lähmung aufhoben und gleichzeitig sämtliche, nicht dem Überleben dienende Gehirntätigkeiten unterbanden. Dann zuckten die Tentakel plötzlich, schlugen um sich und zogen den vor kurzem noch Ungeborenen aus dem Geburtskanal des Elternteils heraus.

Noch einmal sprach die lautlose Stimme in ihren Gehirnen, doch diesmal war sie nicht mehr klar und deutlich. Schmerz, Verwirrung und tiefe Besorgnis trübten den verständlichen Mitteilungsfluß. Doch glücklicherweise handelte es sich um eine einfache Botschaft.

„Geboren zu werden bedeutet sterben, meine Freunde. Meine Gedanken und meine telepathische Fähigkeit werden nun zerstört. Ich werde jetzt selbst zum Beschützer eines eigenen Ungeborenen, das wachsen, denken und mit Ihnen in Kontakt treten wird. Bitte kümmern Sie sich um ihn…“

Mit Fletchers gebrochenem Schienbein hatte es einige Probleme gegeben, so daß Conway ihm für eine angenehmere Gestaltung des Rückflugs zum Ambulanzschiff ein starkes Schmerzmittel verabreichen mußte. Fletcher war bei vollem Bewußtsein und sprach wegen der hemmungslösenden Nebenwirkung des Medikaments unaufhörlich und voller Sorge von dem ungeborenen Telepathen und den blinden Aliens.

„Um den Telepathen brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Captain“, beruhigte Murchison ihn. Sie hatten Fletcher aufs Unfalldeck gebracht, und Murchison half Naydrad, den Captain vom Raumanzug zu befreien. Conway und Prilicla stellten inzwischen die für eine kleinere chirurgische Behandlung nötigen Instrumente zusammen. „Keine Angst“, fuhr Murchison fort, „das Hospital wird ihn liebevoll und zärtlich umsorgen, obwohl ich mir O'Maras Gesicht sehr gut vorstellten kann, wenn er erfährt, daß der FSOJ in einer Art Folterkammer untergebracht werden muß. Und ganz ohne Zweifel werden auch Ihre Erstkontaktleute da sein, weil sie bestimmt hoffen, ein Wesen, dessen telepathische Kräfte noch über große Entfernungen wirken, zur Zusammenarbeit überreden zu können …“