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»Und? Rascher, rascher. so gespannt bin ich in meinem ganzen Leben nicht gewesen!« stieß Frau Sheffield hervor.

»Und so heiratete ich Ilswunga - in der Sprache der Tschautschuins heißt das >die Hindin<. Arme Ilswunga! Als ich das letztemal von ihr hörte, war sie in der Mission von Irkutsk, legte Patiencen mit einem Kartenspiel, das mich zum Kaiser gemacht hatte, und wehrte sich tapfer dagegen, je in ihrem Leben ein Bad zu nehmen.«

»Es ist wirklich schon zehn Uhr!« klagte Frau Sheffield, die von ihrem Mann den zehnten leisen Rippenstoß bekommen hatte. »Wie entsetzlich traurig, daß ich nicht weiter zuhören kann, Herr Gregory. Was dann alles noch kam, und wie Sie entronnen sind. Aber Sie müssen mich besuchen. Ich muß das unbedingt zu Ende hören!«

»Und gerade Sie habe ich für einen Chechaquo gehalten«, sagte Frona, als Gregory sich den Kragen hochschlug und die Ohrenklappen festband. »Morgen abend müssen Sie wieder zu uns kommen! Wir bereiten eine Theatervorstellung für Weihnachten vor. Kein Mensch kann uns da so wundervoll helfen wie Sie. Alle jungen Leute machen mit, Beamte, Polizeioffiziere, Mineningenieure, und wir haben sogar ein paar hübsche Damen.«

Als er gegangen war, schloß sie die Augen und dachte an ihn: »Was ist das für ein mutiger Mann! Was ist das für ein prachtvoller Mensch!«

*

Gregory St. Vincent wurde rasch ein wichtiger Faktor im gesellschaftlichen Leben der Stadt Dawson. Er war tatsächlich ein großer Entdeckungsreisender. Eigentlich hatte er überall auf der Erdoberfläche Leben und Kampf beobachtet. Dabei, wenn auf seine Erlebnisse und Kämpfe die Rede kam - wie zurückhaltend und bescheiden!

Überall traf er alte Bekannte, Jacob Welse war ihm im Herbst 1888 in St. Michael begegnet, bevor Gregory den Marsch über das Eis der Beringstraße antrat. Einen Monat später hatte ihn Pater Barnum einige hundert Meilen nördlich von St. Michael getroffen, wo der Missionar die Leitung des ersten Hospitals übernahm. Polizeihauptmann Alexander kannte Gregory von einem Abend der Britischen Gesandtschaft in Peking her.

Besonders bei den Frauen wurde er beliebt. Niemand verstand es wie er, das Programm für einen vergnügten Abend zu entwerfen; es gab keine Gesellschaft ohne ihn. Im Theater hatte er ganz selbstverständlich die Leitung übernommen, er wurde Regisseur und Hauptdarsteller, so daß er Fronas Partner werden mußte.

Corliss kam einmal zu einer Probe; er war müde von einer Schlittenreise und blieb nicht lange. Vielleicht ärgerte es ihn auch, zu sehen, wie ihre Rollen die beiden zwangen, sich immer wieder zu umarmen. Die betreffende Szene war so schwierig, daß Gregory sie ein halbes dutzendmal wiederholen ließ.

Corliss hatte sehr viel Arbeit. Wenn er Geselligkeit suchte, tat er sich jetzt mit Jacob Welse und Oberst Trethaway zusammen. Er lernte ununterbrochen, auf seinem Schlitten reisend und im Gespräch mit den bewährten Pionieren, denn er hatte herausgefunden, daß sein ganzes Wissen bisher Theorie gewesen war. Seine große Gründung, an der Jacob Welse sich auch mit einigen Millionen beteiligte, bedingte praktische Grundlagen. Corliss wunderte sich selbst, daß es in London Leute gab, die ihm eine so verantwortliche Aufgabe und große Kapitalien anvertraut hatten, ehe er noch eine Ahnung gehabt, um was es sich eigentlich handelte.

»Sie haben Protektion, mein Junge!« lachte Trethaway. »Protektion ist ganz gut für den Anfang. Aber jetzt sollen die Kerls auch merken, daß Sie wirklich was leisten.«

Del Bishops Aufgabe bestand darin, nach den Anordnungen seines Chefs die verschiedenen Flüsse zu bereisen, wozu ihm die beste Ausrüstung und ein prachtvolles Hundegespann zur Verfügung standen. Er war ein hervorragender Kundschafter, aber vor allem vergaß er über den Interessen der Gesellschaft nicht, für sich privat Ausschau nach neuen Fundstellen zu halten. Sein Wissen sollte ihm zustatten kommen, wenn er im Sommer wieder auf eigene Faust auf die Goldsuche ging.

Frona hörte über Corliss nur das Beste. Daß er ein tüchtiger Arbeitgeber, ein unermüdliches Vorbild für seine Leute war, daß man in seinem Dienst entweder kräftiger und männlicher wurde oder ihn schimpfend verließ. Sie freute sich darüber, aber ihre ganze Zeit nahm Gregory St. Vincent allmählich in Anspruch. Anfangs hatte sie manchmal an seiner Wahrheitsliebe gezweifelt, aber jeder, der selbst von der Welt etwas gesehen hatte, mußte zugeben, daß seine wunderbaren Berichte den Tatsachen entsprachen. Es gab Leute, die sich deutlich erinnerten, mit welch ungeheurem Aufsehen die zivilisierte Welt Gregory begrüßt hatte, als er der Gefangenschaft der Hirschmenschen entflohen war.

Daß Corliss Fronas neuen Freund ablehnte, war offensichtlich. Es gab noch ein paar andere Herren, die nichts von ihm wissen wollten. Aber von der Massenprügelei im Wirtshaus, bei der sie Mißtrauen gegen den Welterforscher gefaßt hatten, wurde nie gesprochen, und so erfuhr Frona nicht, was man gegen Gregory hatte. Einmal aber, als Corliss mit anhören mußte, wie Gregory als ein zweiter Achill gepriesen wurde, wurde er so gereizt, daß ihm ein Wort über den Boxabend entfuhr. Es tat ihm sofort leid, sein Temperament war mit ihm durchgegangen, aber Frona schien gar nicht überrascht.

»Ich weiß«, sagte sie, »Herr Dr. St. Vincent hat mir davon erzählt. Sie und Oberst Trethaway, Sie sind ihm sehr tapfer zur Seite gestanden. Ich kann sagen, daß er Ihnen dankbar ist.«

Corliss machte eine abwehrende Bewegung.

»Nein, nein, Vance, nach dem, was er sagte, müssen Sie sich fabelhaft benommen haben. Ich bin stolz auf Sie. Schade, daß ich kein Mann bin, da wäre ich gern dabeigewesen!«

Fronas Augen funkelten. »Und er selbst, Vincent? Hat er sich gut geschlagen?«

»Ach, ich glaube, sehr ehrenvoll. Eigentlich hatte ich zuviel mit mir zu tun, um auf die anderen zu achten.«

»Er ist so bescheiden, er erzählt nie von der Rolle, die er selbst gespielt hat. Aber man kann sich das ja alles vorstellen«, schloß Frona das Gespräch.

*

»Stellen Sie sich jetzt einmal so ein dickes, blutiges, ganz scharf gebratenes Beefsteak vor, natürlich in Butter gebraten, mit Zwiebeln und ganz fein geschnittenen Kartoffeln, Herr Corliss«, träumte Bishop im Zelt, das nach Petroleum und Speck stank. »Dazu - na, sagen wir, eine Flasche Porter und eine Flasche Ale, in einem Humpen zusammengemischt. Im Hintergrund - natürlich müssen Sie sich dann auch einen Speisesaal mit roten Plüschmöbeln denken -, im Hintergrund eine richtige Musik mit Schlagzeug und Blechinstrumenten. Und dann so was Weiches, Duftiges in Ihrer Nähe, so, was man ein richtiges Weib nennt. mit dicken Beinen, aber nicht zu dick - also stellen Sie sich das vor! - Der Busen etwa so.

Und jetzt denken Sie, daß ich gar nicht weit von alledem bin. Nächsten Herbst spätestens will ich mir das in San Franzisko zu Gemüte führen, aber nicht einmal, sondern vier Wochen lang jeden Abend, meinetwegen auch in New York. Dann gehen wir zusammen ins Theater, und was dann kommt, das können Sie sich ruhig auch vorstellen! Und was es kostet, danach frag’ ich den Teufel.«