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Mwen Maas hatte die Wasserversorgung eines Bergwerkes in Westtibet gebaut, das Hochland von Nachebt in Südamerika wieder mit Araukarienbäumen bepflanzt und Haifische ausgerottet, die vor den Küsten Australiens erneut aufgetaucht waren. Die Stählung seines Körpers und seine ausgezeichneten Fähigkeiten hatten es ihm ermöglicht, viele Jahre hartnäckigen Studiums durchzuhalten und sich auf eine schwierige und verantwortungsvolle Tätigkeit vorzubereiten. Heute, in der ersten Stunde seiner neuen Aufgabe, hatte eine Begegnung mit einer der Erde verwandten Welt stattgefunden, die in seinem Herzen etwas vollkommen Neues auslöste. Mit Besorgnis fühlte Mwen Maas, wie sich in ihm eine unermessliche Leere auftat, etwas, dessen Existenz er in all den Jahren seines Lebens nicht einmal vermutet hatte. Wie unerträglich stark war sein Verlangen nach einer neuerlichen Begegnung mit dem Planeten des Sterns Epsilon Tucanae — dieser Welt, die aus den schönsten Märchen der irdischen Menschheit erstanden zu sein schien. Niemals würde er das rothaarige Mädchen mit den einladenden ausgestreckten Armen und den zärtlichen halb geöffneten Lippen vergessen…!

Und die Tatsache, dass die ungeheuerliche Entfernung von zweihundertneunzig Lichtjahren, die durch kein Mittel der irdischen Technik überwunden werden konnte, zwischen ihm und dieser wunderbaren Welt lag, schmälerte seinen brennenden Wunsch nicht, sondern verstärkte ihn noch.

In Mwen Maas’ Herzen war etwas herangereift, das für sich allein lebte und sich der Kontrolle des Willens und der kühlen Vernunft entzog. Der Afrikaner hatte bisher fast wie ein Eremit für seine Arbeit gelebt. Nie war er verliebt gewesen, und nie hatte er in seinem Herzen eine solche Erregtheit und übergroße Freude verspürt wie bei dieser Begegnung über riesige Entfernungen von Raum und Zeit hinweg.

3. Gefangene der Finsternis

Die dicken schwarzen Zeiger auf der orangefarbenen Anamesonuhr standen auf null. Das Sternenschiff war dem Eisenstern bis jetzt noch nicht entkommen, da die Geschwindigkeit noch zu hoch war. Es näherte sich unaufhörlich dem für das menschliche Auge nicht sichtbaren unheimlichen Gestirn.

Zitternd vor Anstrengung und Schwäche, setzte sich Erg Noor mit der Hilfe des Astronavigators an die Rechenmaschine. Die von der automatischen Steuerung abgeschalteten planetarischen Triebwerke verstummten.

„Ingrid, was ist ein Eisenstern?“, fragte leise Kay Ber, der die ganze Zeit über regungslos hinter der Astronomin gestanden hatte.

„Ein unsichtbarer Stern der Spektralklasse T, der zwar erloschen, aber noch nicht endgültig erkaltet ist oder sich noch nicht wieder erhitzt hat. Er sendet langwellige Infrarotstrahlen aus, die im Wärmebereich des Spektrums liegen — schwarzes Licht —, und ist für uns nur durch den Elektroneninvertor sichtbar. Eine Eule, die infrarote Wärmestrahlen sieht, könnte ihn wahrnehmen.“

„Aber weshalb heißt er Eisenstern?“

„Auf allen bisher erforschten Sternen dieser Art weisen das Spektrum und die Zusammensetzung einen hohen Eisengehalt auf. Handelt es sich deshalb um einen großen Stern, dann sind Masse und Gravitationsfeld gewaltig. Ich fürchte, dass wir gerade auf einen solchen gestoßen sind…“

„Was nun?“

„Ich weiß nicht. Du siehst ja selbst — wir haben keinen Treibstoff mehr. Und wir fliegen geradewegs auf den Stern zu. Wir müssen die Tantra bis auf ein Tausendstel der Lichtgeschwindigkeit abbremsen, damit eine ausreichende Winkelabweichung entsteht. Reicht auch der planetarische Treibstoff nicht aus, so nähert sich das Sternenschiff allmählich dem Stern, bis es schließlich abstürzt.“ Ingrids Kopf zuckte nervös, und Ber streichelte ihr zärtlich über den nackten, mit Gänsehaut bedeckten Arm.

Der Expeditionsleiter trat ans Steuerpult und konzentrierte sich auf die Instrumente. Alle schwiegen, keiner wagte auch nur laut zu atmen. Auch Nisa Krit schwieg, denn obwohl sie eben erst erwacht war, hatte sie doch instinktiv die ganze Gefährlichkeit der Situation erfasst. Der Treibstoff mochte für das Abbremsen des Sternenschiffes reichen, aber je mehr das Schiff an Geschwindigkeit verlor, desto schwieriger würde es sein, sich ohne Motoren aus der hartnäckigen Anziehungskraft des Eisensterns zu befreien. Wenn die Tantra nicht so nahe an ihn herangekommen wäre und wenn Lin rechtzeitig geschaltet hätte… Aber was nützte jetzt alles leere „Wenn“ und „Aber“?

Es vergingen ungefähr drei Stunden, bis sich Erg Noor endlich zu einem Entschluss durchrang. Die Tantra erzitterte unter den heftigen Stößen der Ionentriebwerke. Eine Stunde, zwei, drei, vier Stunden lang verlangsamte das Schiff seinen Flug. Jede noch so sparsame Handbewegung des Kommandanten löste eine schreckliche Übelkeit bei den Besatzungsmitgliedern aus. Das furchterregende braune Gestirn verschwand vom vorderen Monitor und tauchte auf dem zweiten wieder auf. Wie die Geräte anzeigten, hielten noch immer unsichtbare Anziehungskräfte das Schiff umklammert. Erg Noor riss den Hebel zu sich herüber, und die Triebwerke standen still.

„Wir sind entkommen!“, flüsterte Pel Lin erleichtert. Der Kommandant wandte sich langsam zu ihm um.

„Nein!“, sagte er. „Die eiserne Treibstoffration, die uns geblieben ist, reicht genau für eine Bahnumkreisung und Landung.“

„Was sollen wir nur machen?“

„Abwarten! Ich konnte etwas vom Kurs abweichen, aber wir fliegen immer noch viel zu nahe. Jetzt beginnt ein Kampf zwischen der Anziehungskraft des Sterns und der verringerten Geschwindigkeit der Tantra. Sie fliegt im Augenblick langsam wie eine Mondrakete. Können wir uns vom Stern losreißen, dann fliegen wir in Richtung Sonne. Die Flugzeit wird dadurch natürlich beträchtlich länger. In zirka dreißig Jahren werden wir uns dem Sonnensystem weit genug genähert haben, um einen Notruf zu senden, und nach weiteren acht Jahren wird Hilfe kommen…“

„Achtunddreißig Jahre!“, flüsterte Ber Ingrid kaum hörbar ins Ohr.

Diese zog ihn heftig am Ärmel und wandte sich ab.

Erg Noor lehnte sich im Sessel zurück und ließ die Hände auf die Knie sinken. Die Menschen schwiegen, nur die Geräte summten leise vor sich hin. Eine fremde, disharmonische und deshalb bedrohlich klingende Melodie mischte sich in das Summen der Navigationsgeräte. Der Ruf des Eisensterns, die große Kraft seiner schwarzen Masse, die das langsame fliegende Schiff gefangen hielt, war fast körperlich zu spüren.

Nisa Krits Wangen glühten, und ihr Herz schlug heftig. Für das Mädchen war dieses untätige Warten schier unerträglich.

Langsam verrannen die Stunden. Ein Expeditionsmitglied nach dem anderen erwachte, kam zu sich und erschien in der Steuerzentrale. Die Zahl der schweigenden Beobachter wuchs, bis schließlich alle vierzehn Besatzungsmitglieder versammelt waren.