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Das Mädchen dachte angestrengt über etwas nach. „Vielleicht sollten wir den Radius des Kreises verringern?“, sagte sie schließlich. „Vielleicht ist ihre Sendeanlage ausgefallen?“

„Auf keinen Fall. Eine Verringerung des Radius ohne gleichzeitige Reduzierung der Geschwindigkeit bedeutet die sofortige Vernichtung des Schiffes. Aber die Geschwindigkeit zu drosseln und — dann ohne Anameson — eineinhalb Parsec mit der Geschwindigkeit einer altertümlichen Mondrakete zurückzulegen, geht auch nicht. Auf diese Weise würden wir unser Sonnensystem erst in hunderttausend Jahren erreichen.“

„Ich verstehe… Aber wenn sie…“

„Keine Widerrede. In alter Vorzeit war es denkbar, dass Menschen eine Unaufmerksamkeit unterlief. Damals konnten sie sich und andere noch betrügen. Aber doch heute nicht!“

„Das meine ich nicht“, sagte das Mädchen, und aus ihrer schroffen Antwort sprach Kränkung. „Ich wollte sagen, dass die Algrab uns vielleicht ebenfalls sucht und von ihrem Kurs abgewichen ist.“

„So stark konnte sie gar nicht abweichen. Sie muss zur berechneten und vereinbarten Zeit gestartet sein. Selbst wenn ihre beiden Sendegeräte ausgefallen wären, was nahezu undenkbar ist, so hätte sie den Kreis diametral gekreuzt, und dann hätten wir sie über den planetarischen Empfänger hören müssen. Ein Versagen ist ausgeschlossen — da ist er ja, der Planet, auf dem unser Rendezvous hätte stattfinden sollen!“

Erg Noor zeigte auf einen der Monitore, die in allen vier Seiten der Steuerzentrale in tiefen Nischen aufgestellt waren. In der schwarzen Finsternis leuchteten unzählige Sterne. Über den linken vorderen Monitor huschte eine nur schwach von ihrem weit entfernten Gestirn beleuchtete kleine graue Scheibe von der Peripherie des Systems B-7336-S+87-A.

„Unsere automatischen Funkstationen arbeiten genau, obwohl wir sie vor vier unabhängigen Jahren abgeworfen haben.“ Erg Noor zeigte auf einen deutlich sichtbaren Lichtstreifen in einem der länglichen Fenster an der linken Wand. „Die Algrab hätte schon vor drei Monaten hier sein müssen.“ Noor machte eine Pause, als fürchte er sich, das Urteil auszusprechen. „Das heißt“, sagte er schließlich, „dass die Algrab untergegangen ist!“

„Aber vielleicht ist sie ja nur von einem Meteoriten beschädigt worden und kann deshalb die notwendige Geschwindigkeit nicht mehr erreichen?“, entgegnete das rothaarige Mädchen.

„Kann deshalb die notwendige Geschwindigkeit nicht mehr erreichen!“, wiederholte Erg Noor. „Das ist genau dasselbe, als wenn sich zwischen dem Schiff und seinem Ziel ein Flugweg von einem Jahrtausend aufgetan hätte! Sogar noch schlimmer, da der Tod nicht sofort eintritt, sondern Jahre der Hoffnungslosigkeit vor dem endgültigen Untergang vergehen. Vielleicht rufen sie uns noch, das erfahren wir dann… in sechs Jahren… auf der Erde.“

Mit einer raschen Bewegung zog Erg Noor einen Klappsessel unter dem Tisch des Elektronenrechners, eines kleinen MNU-11 Modells, hervor. Bis heute war es aufgrund des gewaltigen Gewichts, der Ausmaße und der Empfindlichkeit unmöglich, das hochleistungsstarke Elektronengehirn vom Typ ITU in Sternenschiffen zu installieren — die einzige Maschine, die in der Lage gewesen wäre, das Sternenschiff absolut vollautomatisch zu steuern. Aber wie die Dinge lagen, musste immer ein Navigator in der Steuerzentrale anwesend sein, nicht zuletzt, weil es unmöglich war, den Kurs eines Schiffes auf so weite Entfernungen genau festzulegen.

Die Hände des Expeditionsleiters glitten mit der Gewandtheit eines Pianisten über die Hebel und Knöpfe der Rechenanlage. Das blasse Gesicht mit den markanten Zügen war wie aus Stein gemeißelt, die hohe Stirn, starr über das Pult gebeugt, schien den Elementarkräften des Schicksals zu trotzen, jenen Kräften, die die kleine menschliche Gemeinschaft bedrohten, die sich in verbotene Tiefen des Raumes vorgewagt hatte.

Nisa Krit, eine junge Astronavigatorin auf ihrem ersten Sternenflug, beobachtete schweigend und mit angehaltenem Atem den in sich versunkenen Noor. Wie ruhig und zugleich vor Energie und Geist strotzend war doch dieser geliebte Mensch! — Sie liebte ihn schon lange, die ganzen fünf Jahre, seit sie zusammen im Kosmos unterwegs waren. Es hatte keinen Sinn, es vor ihm zu verbergen… Nisa fühlte, dass er es wusste… Jetzt, nach diesem Unglück, durfte sie mit ihm den Dienst versehen. Drei Monate allein zu zweien, während die übrige Besatzung des Sternenschiffes in einem süßen hypnotischen Schlaf lag. Noch dreizehn Tage, dann würden auch sie ein halbes Jahr lang schlafen, während nacheinander Navigatoren, Astronomen und Mechaniker in zwei weiteren Dreimonatsschichten ihren Dienst versehen würden. Die übrigen Wissenschaftler, die Biologen und Geologen, deren Arbeit erst am Bestimmungsort beginnen würde, durften sogar noch länger schlafen, die Astronomen dagegen — ja, sie hatten die anstrengendste Arbeit!

Erg Noor stand auf, und Nisas Gedankengänge rissen ab.

„Ich gehe in die Sternkartenkabine.“ Er blickte auf das Zifferblatt der Uhr, die die abhängige Zeit anzeigte. „Ihre Ruhepause beginnt in… neun Stunden. Ich habe genug Zeit, mich auszuschlafen, bevor ich Sie ablöse.“

„Ich bin nicht müde, ich werde hierbleiben, solange es nötig ist. Wichtig ist, dass Sie sich ausruhen können!“

Erg Noor runzelte die Stirn und wollte widersprechen, aber als er in die goldbraunen Augen blickte, die ihn so vertrauensvoll und zärtlich anblickten, gab er sich geschlagen und ging wortlos hinaus.

Nisa setzte sich in den Sessel, warf gewohnheitsmäßig einen Blick auf die Geräte und versank dann in tiefes Nachdenken.

Über ihr und rund um sie herum leuchteten schwarz die Monitore der Steuerzentrale, mit deren Hilfe sie alle Geschehnisse in der unermesslichen Tiefe rund um das Schiff beobachten konnte. Die verschiedenfarbigen Sternlichter durchbohrten ihr Auge wie Feuernadeln.

Das Sternenschiff überholte den Planeten und wurde von dessen Schwerkraft erfasst, schaukelnd bewegte es sich durch ein Gravitationsfeld von unterschiedlicher Intensität. Auch die tückischen und zugleich majestätischen Sterne auf den Monitoren vollführten wilde Sprünge. Die Sternbilder wechselten mit atemberaubender Schnelligkeit.

Der Planet K2-2N-88, weit entfernt von seinem Gestirn, kalt und leblos, war als geeigneter Ort für das Rendezvous der beiden Sternenschiffe auserkoren worden… für ein Rendezvous, das niemals stattgefunden hatte. Der fünfte Kreis… Nisa stellte sich ihr Schiff vor, wie es mit atemberaubender Geschwindigkeit in der riesengroßen Umlaufbahn mit einem Radius von einer Milliarde Kilometern dahinraste und den im Schneckentempo kriechenden Planeten unaufhörlich überholte. In hundertzehn Stunden würde das Schiff den fünften Kreis beendet haben… Und was dann? Erg Noor wandte alle Kräfte seines gewaltigen Verstandes auf, um den bestmöglichen Ausweg zu finden. Als Expeditionsleiter und Schiffskommandant durfte er sich nicht irren, ansonsten würden das Sternenschiff erster Klasse, die Tantra, und ihre aus hervorragenden Wissenschaftlern bestehende Besatzung nie wieder aus der endlosen Tiefe des Weltraums zurückkehren! Aber Erg Noor würde sich nicht irren…

Nisa Krit verspürte plötzlich ein widerliches Gefühl der Übelkeit, was bedeutete, dass das Sternenschiff um einen winzigen Bruchteil des Radius von seinem Kurs abgewichen war. Dies war nur bei reduzierter Geschwindigkeit möglich, ansonsten hätte die zerbrechliche menschliche Fracht das Manöver nicht überlebt. Kaum war der graue Nebel vor den Augen des Mädchens gewichen, als die Übelkeit von Neuem aufkam — das Schiff kehrte auf seinen Kurs zurück. Unglaublich empfindliche Ortungsgeräte hatten in der schwarzen Tiefe vor ihnen einen Meteoriten — die größte Gefahr für Sternenschiffe — aufgespürt. Die elektronischen Geräte, die das Schiff steuerten (denn nur sie konnten alle Kursänderungen mit der nötigen Schnelligkeit durchführen — die menschlichen Nerven waren für kosmische Geschwindigkeiten ungeeignet), hatten die Tantra innerhalb von einer Millionstelsekunde abgelenkt und sie, als die Gefahr vorbei war, genauso rasch wieder auf ihren alten Kurs gebracht.