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„Na ja, keiner wollte mehr zurück, aber einer mußte doch.“

„Das war tapfer von dir…“

„Ach, wir haben doch gelost.“

Ich half ihm, die Pflänzchen und Samen und Aufzeichnungen über die Blumen für Andymon zusammenzupacken, und bot ihm an, daß er mit mir zurückfliegen könne. Er nahm gern an.

Als wir landeten, war, wie um mich zu versöhnen, eine sternklare Nacht. Neben den natürlichen Monden Andymons zog ein heller Lichtfunken seine Bahn. Das Schiff würde Andymon noch Jahrzehntausende umkreisen. Länger vielleicht, als es zu ihm unterwegs gewesen war.

Geburtstag

„Diesmal ist es kein falscher Alarm! Szinas Baby kommt, ganz bestimmt!“ schrie Alfa. Selbst auf dem kleinen Bildschirm des Armbandcomputers sah man ihr an, wie erregt sie war.

Eine halbe Stunde später kreiste unser Kopter über der Kuppel von Oasis, ungeduldig hatte ich die Minuten gezählt und gefürchtet, wir würden zu spät eintreffen. Zudem warteten in Andymon-City weitere Geschwister auf die Rückkehr des Kopters. Schwere Bäche Regenwasser flössen über die Kuppel, nahmen ihr jeden Glanz und verschleierten ihr Inneres. Wir setzten auf dem schlammüberspülten Landeplatz auf, der sich inmitten der Wiesen, Felder, Schonungen befand, die strahlenförmig um die Kuppel entstanden.

Hastig durchquerten wir die Schleusen. Drinnen war es angenehm trocken und warm. Ein Guro stand am Anfang des Trampelpfades zu den Gebäuden. Statt wie ursprünglich die Schiffskinder zu beaufsichtigen, die unter der Kuppel spielten, wandte er sich an uns: „Bitte, lauft nicht alle über die neuen Beete. Oasis hat heute so viele Besucher, daß man achthaben muß.“

Wir hetzten den Pfad entlang, immer noch getrieben von der Furcht, das große Ereignis zu verpassen. In der kleinen Siedlung im Zentrum der Kuppel herrschte ein Auf und Ab, ein hektisches Durcheinander. Die wenigen Wohnhäuschen standen leer, alle Geschwister waren auf den Beinen, und überall hörte man: „Ja, jetzt hat es richtig angefangen.“

Wir trafen Teth, er strahlte über das ganze Gesicht, umarmte erst Gamma, dann mich. „Kinder, Kinder, ist heute was los! Kommt mit, vielleicht können wir uns vordrängeln.“

Vor dem Medzentrum, das einen Teil des Gemeinschaftshauses beanspruchte, wurde der Trubel dichter. Die Türflügel waren ausgehängt.

Eine Gruppe Fünfzehn- bis Sechzehnjähriger kam uns entgegen. „Die Wehen verlaufen völlig planmäßig“, hörte ich sie altklug schwätzen, „ich habe mich gründlich darüber informiert.“

Ein Junge, er reichte mir bis zum Gürtel, boxte unsanft gegen meinen Oberschenkel und drängte sich dann vorbei. „Mach dich nicht so breit, wir Kleinen wollen es auch sehen!“

Endlich standen wir — auf Zehenspitzen - im Beobachtungsraum.

Eine die gesamte Wand einnehmende Glasscheibe öffnete den Blick in den benachbarten Kreißsaal. Zuerst konnte ich nicht viel erkennen. Elektronik, Lebenserhaltungssysteme, medizinische Monitore, auf denen bunte Wellenlinien zwei Herzschläge und eine Atmung verfolgten, einsatzbereite Medautomaten an den Wänden, Gefäße mit bunten Flüssigkeiten für Bluttransfusionen, Hormonschocks — und zwei breite Rücken, die mir den Blick versperrten. Ein Lautsprecher übertrug die Geräusche aus dem Kreißsaal.

Nur wenige Worte, knapp und präzise, wurden gewechselt. An den Stimmen erkannte ich Alfa und Szadeth. Hätte mich auch gewundert, wenn Alfa, die so mütterliche Alfa, sich dies hätte entgehen lassen. Und Szadeth, der Vater, der wochenlang dafür gelernt und geübt hatte, überwachte die Geburt seines Kindes und legte selbst Hand an.

„Oh, ich glaube, jetzt, jetzt“, hörten wir Szinas schwache Stimme.

Alfa trat einen Schritt zur Seite, einen Augenblick konnte ich die bloßen Beine Szinas sehen, dann kam Joth, der bisher im Hintergrund an einem Terminal gestanden hatte, und wischte Szadeth und Alfa den Schweiß von der Stirn. Wieder lange Minuten der Ruhe, nur von einem gelegentlichen Laut Szinas unterbrochen. Bei jedem drückte mir Gamma die Hand. Szadeth gab uns den Blick auf Szinas Gesicht frei, der Mund war verzogen und verkrampft, dann wieder entspannte er sich, die Wangen waren bleicher als sonst bei ihr, und unter den Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Einmal schaute sie in unsere Richtung, in Richtung der Glasscheibe, hinter der die Geschwister mit angehaltenem Atem warteten. Der Anflug eines triumphierenden Lächelns huschte über ihr Gesicht, wurde aber sofort von einer Miene des Schmerzes abgelöst.

Wir schauten zu, beobachteten, wie sich Szadeths Hände im Rhythmus von Szinas Wehen mühten. Wir standen da wie angewurzelt, vergaßen die Zeit. Dann wurden wir energisch nach draußen gedrängt, andere wollten auch sehen — und nicht nur über die Monitore, die es selbst unseren Geschwistern auf Gedon gestatteten, dabeizusein.

„Ich finde, Szadeth macht es ausgezeichnet“, flüsterte Gamma.

Der quadratische Platz zwischen den Flügeln des zweistöckigen Gemeinschaftshauses war voller Geschwister. Sie saßen abwartend da und redeten, sie standen herum und redeten, sie liefen aufgeregt hin und her und redeten. Wir gehörten zu den letzteren.

„Und Szina ist so jung, so kräftig, da geht sicher alles gut. Und für Joth, er wird in einem Vierteljahr Vater, ist es eine gute Übung, nicht wahr?“ Ich nickte, und wir spazierten hinaus zu den Baumgruppen, wo die jüngsten unserer Geschwister „Kinderkriegen“ spielten. Teth gesellte sich wieder zu uns.

„Na“, Gamma stieß ihn leicht an, „nun sag uns schon, was das Kind für Andymon bedeutet!“

Er schüttelte gutmütig lächelnd den Kopf. „Jetzt nicht, vielleicht später. Aber ist das nicht aufregend, ungeheuer aufregend? Ich hätte das nie geglaubt. Wir bekommen ein Kind, stellt euch das vor!“

Ich lachte gedämpft. „Teth, du bist doch gar nicht der Vater!“

„Na und, es hätte jeden von uns treffen können, es geht uns alle an. Stellt euch einmal vor: Es funktioniert. Manche aus der zweiten Gruppe waren noch vor zwei, drei Wochen, als sich hier alles schon in Alarmbereitschaft befand, skeptisch. Ob unsereins, ein Inkubatorhomunkulus überhaupt ein Kind bekommen könnte, ob das Schiff uns nicht hormonell ganz anders hingetrimmt hätte, ob es ausreichen würde, ein paar Zusatzstoffe aus unserer Nahrung zu nehmen.“

Wir liefen weiter, trafen auf Geschwister oder auf einen Guro, der uns Erwachsene immer wieder an den Schutz der mühsam angelegten Beete erinnerte. Es war eine glatte Unterstellung, anzunehmen, wir könnten die Pflanzen zertreten.

Dann setzten wir uns wie viele andere an den kleinen klaren See und schauten bald auf die Fische, bald auf den kleinen Bildschirm des Armbandcomputers. Teth redete immer noch.

Ich unterbrach ihn. „Es gibt noch andere Projekte, Teth. Andymon wird besiedelt, und ich bin froh darüber, freue mich mit dir und unseren Geschwistern. Aber in unserer Galaxis kreisen Millionen Planeten, die kein Leben tragen und auf denen nie welches entstehen wird. Mit all unseren Kräften haben wir einen winzigen Punkt der toten Unendlichkeit belebt. Vielleicht können wir das Leben, so wie wir es jetzt über Andymon ausbreiten, weiter in unsere Milchstraße tragen. Was hältst du davon, Teth, Schiffe wie das unsrige zu bauen und auszusenden?“

„Ideen hast du, Beth! Ich…, nein, du hast recht, es gibt so viele Sterne. Aber laß mich doch erst einmal das heutige Ereignis verkraften, ich kann jetzt an nichts anderes denken als an Szinas Baby.“

Eine Stimme erklang hinter unserem Rücken, wir drehten uns um. Resth stand da, ziemlich eindrucksvoll mit seinen breiten Schultern und dem welligen braunen Haar. Trotz seiner Jugend drückte sein Gesicht ernste Entschlossenheit aus. Wie die anderen Siedler trug er sowenig Kleidung wie möglich: Sandalen, Shorts, ein offenes, kurzärmliges Hemd.

„Beth, ich habe nichts gegen dich persönlich. Du hast gut gearbeitet, und du gehörst zu uns. Aber ich werde es nie zulassen, daß du mit solchen Hirngespinsten die Köpfe der Geschwister vernebelst.“