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„Na, was hab ich dir gesagt, jetzt taucht er auf.“ Ilona zeigte triumphierend auf mich. Gamma, Alfa und sogar Zeth lachten lauthals.

Ich stieg aus dem Wasser und bewarf sie mit Egeln, die ich von meinem Körper losriß. Und ich beschloß, das nächste Mal Schimpansenbisse vorzuziehen.

Wir warteten den ganzen Tag auf Delth. Er suchte mich an völlig unmöglichen und von den Regeln verbotenen Orten. Mein Sieg erfüllte mich mit wildem Stolz.

Einmal kam uns die Idee, Guro zum Versteckspiel einzuladen. Er lehnte ab und kommentierte seine Entscheidung nur mit: „Das ist zu einfach für mich.“

Wir stellten ihn auf die Probe und kehrten am Abend nicht in unsere Räume zurück. Das Licht, eine riesige helle Scheibe, die hinter den „südlichen“ Bergen den Boden des Naturparkzylinders bildete, wurde allmählich dunkler. Wir hatten das schon mehrmals beobachtet, aber noch nie mit solcher Ungeduld. In der Dunkelheit würde uns niemand finden. Plötzlich ertönte überlaut Guros Stimme: „Es ist Zeit, kommt.“

Blitzartig stoben wir in unsere Verstecke. Eine Weile später hörte ich es rascheln, ein Kopf schob sich in meine Baumhöhlung. Erst an der Stimme erkannte ich Delth. „Bald wird er uns suchen.“

Ich nickte, es war schon ziemlich duster. Delth zwängte sich neben mich, ich protestierte leise, aber energisch.

„Alle haben sich zu zweit versteckt“, flüsterte Delth in mein Ohr, „ich habe bei allen vorbeigeschaut. Soll Guro ruhig kommen, der sieht nicht eine Zehe.“

„Vielleicht verstecken wenigstens wir uns einzeln?“ Delth war mir einfach zu zapplig.

„Ach was, nicht nötig, der findet den Baum hier nie.“

„Hast du Angst?“ fragte ich Delth.

Um uns klangen seltsame, sich langhinziehende Schreie, Geräusche, wie man sie am Tag nicht vernahm. Schwärzeste Finsternis hüllte uns ein. Mir lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter — oder waren es Insekten?

„Unsinn!“ knirschte Delth barsch. „Ich fürchte mich doch nicht.“

Aber er blieb mit in meinem Versteck. Und obwohl ich jedes andere Geschwister vorgezogen hätte, war ich froh, nicht allein zu sein. Um uns schlurfte es, ein schrilles Kreischen war zu hören, dann war es wieder still. Wir hielten die Luft an. Da, ein Schimmer — und plötzlich fiel helles Licht in die Höhlung unseres Baumes.

„Kommt raus“, sagte Guro. Hinter ihm kicherte Eta. Guro hatte uns alle in unglaublich kurzer Zeit eingesammelt.

„Du hast geschummelt“, beschuldigte Delth ihn, „bestimmt hast du geschummelt.“

„Ihr habt sicher großen Hunger“, sagte Guro, wir folgten ihm auf den Fersen, seine Lampe schnitt einen hellen Tunnel in den Urwald.

Damals hatten wir riesigen Respekt vor Guros Leistung. Dabei war er durch den Computer des Schiffes stets über jede unserer Bewegungen informiert. Von der Nabe des Naturparkzylinders waren ständig hochempfindliche Geräte auf uns gerichtet, langbrennweitige Infrarotfernrohre und Paraboimikrofone. Und in der Nähe besonders gefährlicher Orte waren zusätzliche Detektoren verborgen. Auf Schritt und Tritt wachten die Automaten über uns. Vor ihnen gab es kein Verstecken.

Das Loch

Gamma hatte einen Maulwurf entdeckt, den sie zuerst für eine langsame Maus hielt. Sie ließ ihn über ihre schmalen Hände kriechen, strich ihm übers Fell, bestaunte seine kleinen Augen und die kralligen Pfoten. Er grub sich, noch ehe sie ihre Verwunderung überwunden und uns gerufen hatte, vor ihren Augen in den Boden. „Er hat sich eingebuddelt!“ alarmierte sie uns atemlos.

Was mochte der Maulwurf nur in der Erde suchen? War da vielleicht etwas Wichtiges versteckt? Gammas Arm reichte bis an die Schulter in den Gang des Maulwurfs und fand doch nichts.

Am nächsten Tag sagte Delth: „Heute spielen wir ein neues Spiel, es heißt Maulwurf.“

Ilona protestierte lautstark, sie wollte mit Zeth auf einem Floß fahren. Doch Delth versagte ihnen die Hilfe der Gruppe beim Beschaffen der Stämme. Was blieb ihnen übrig, als mit uns Maulwurf zu spielen?

Mit unseren kleinen, aber recht kräftigen Händen rissen wir das Gras von der Wiese, jeder für sich, zerrten mit ächzenden Fingernägeln die Grasnarbe aus dem Boden, kratzten die harte Erde auf. Es kam darauf an, schnell das tiefste Loch gegraben zu haben. Gamma gab es bald auf, so schnell wie ich oder Delth kam sie nicht voran, und an einem Stein hatte sie sich den Nagel eingerissen.

„Ihr seid ja blöd“, sagte sie, worauf Delth sofort mit: „Und du bist schlapp!“ konterte.

„Ihr seid ja blöd“, wiederholte Gamma, „was interessiert mich, wie schnell ich ein Stück tief bin.“

„Spielverderber“, rief Delth und warf zerfallende Klumpen Dreck in meine Richtung, um möglichst mein Loch zu verschütten. Ich wandte ihm den Rücken zu, um mein Werk zu schützen, selbst wenn mich ein Stein traf, zog ich es vor, nicht zu reagieren.

„Du bist feige, Delth!“ Alfa kam mir unvermutet zu Hilfe.

Wir vereinbarten als Spielregel, die anderen weder zu behindern noch zu stören. Gamma stöberte in unseren winzigen Abraumhalden herum, entdeckte schöne Steine, erschrak über dicke Regenwürmer, die sie dann niedlich fand, und versuchte, uns für die Schätze zu begeistern, die wir ausgruben. Teth gab es später auch auf, hoffnungslos abgeschlagen, wie er unserer Bemerkung „Ich bin schon bis zum Ellenbogen!“ entnehmen konnte.

Ich arbeitete, daß der Schweiß in Strömen über meinen nackten Körper floß und sich meine Finger stumpf anfühlten. Es galt, Delth zu schlagen! Zeth und Ilona gruben dann gemeinsam, auch wenn Delth es für ungültig erklärte. Am Abend, todmüde und hungrig, verglichen wir. Ich hätte gewonnen, wenn nicht soviel Erde von den Rändern des engen Schachtes gebröckelt wäre. Beim Einschlafen noch griffen meine schmerzenden Hände in die Luft, rissen Löcher in sie.

Am nächsten Morgen bettelten wir Guro einzeln um Werkzeuge an; Schaufeln kannten wir noch nicht. Er schüttelte nur den Kopf, und obwohl ich wußte, daß sein Gesicht nur zu einem vereinfachten Mienenspiel befähigt war, glaubte ich in ihm lesen zu können: Strengt euch ruhig mal richtig an, baut euch selbst Geräte, ihr Wunderkinder!

Beim Essen, das wir hastig in uns hineinschlangen, sagte Gamma: „Ist doch blöd, bloß einzeln vor sich hin zu buddeln. Wenn wir alle zusammen graben, kommen wir viel tiefer — wer weiß, was wir da noch alles finden.“

Guro hatte uns nie von vergrabenen Schätzen erzählt, aber ich war in diesem Moment nahe daran, mir welche vorzustellen — oder ein ganz absonderliches Tier, einen „Bodenfisch“. Mag sein, ich nickte kaum merklich, Alfa schien ebenfalls dafür zu sein, und plötzlich sagte Delth: „Ja, das habe ich mir auch schon überlegt, wir werden zusammen graben und das Geheimnis der Tiefe entdecken.“

Ich lachte; manchmal redete Delth wie Guro.

Nach dem Frühstück steckte Delth das neue Loch ab — zwei Meter im Durchmesser. Ich staunte, doch er sagte: „Zwei müssen drin stehen können.“

Wir bewaffneten uns mit Grabstöcken und begannen im Boden zu wühlen. Bereitwillig räumten Teth, Eta und Zeth die gelockerte Erde beiseite. Ich arbeitete mit dem Rücken zu Delth, immer häufiger stießen wir zusammen. Er schimpfte, ich murrte, eine Schlägerei stand kurz bevor. Da sagte Alfa: „Eta, sing mal was!“

Eta überlegte eine Weile, Gamma flüsterte ihr zu: „Vom Maulwurf!“ Und Eta sang los: „Der Maulwurf, der hat schöne Schaufeln…“

Wir wiederholten die Worte, und Eta hatte Zeit, sich neue auszudenken. Das Singen tat seine Wirkung. Ich stieß nicht mehr mit Delth zusammen, das Loch wurde tiefer und tiefer, und allen machte es Spaß. Nur manchmal, wenn ich zu weit an der Melodie vorbeisang, • konnte Eta nicht an sich halten, lachte und quietschte. Dann kamen wir aus dem Takt und fielen in ihr Gelächter ein.