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„Unmöglich!“ Gamma schüttelte energisch den Kopf. „Die kleinen Computer dieser Maschinen denken nicht in so komplexen Kategorien. Ich könnte mir vorstellen, beide haben lediglich aus Versehen den gleichen Auftrag bekommen. Dabei behindern sie sich gegenseitig. Mir ist nur rätselhaft, weshalb dem Computer, der das entsprechende Projekt leitet, so ein Fehler unterlief und weshalb er sich jetzt nicht einschaltet.“

Endlich durfte ich wieder durchs Rohr schauen. Der größere der beiden Transporter hatte Terrain gewonnen und den kleineren so gegen die Flanke des Gleiters gedrückt, daß dieser seine Manövrierfähigkeit verlor. Der Ausleger des kleineren war zu kurz, und mit einer schnellen Bewegung hatte der größere den Transformator erfaßt und auf seine Ladefläche gehoben. Sofort fuhr er ab.

„Schade“, sagte ich, „vorbei.“

Ich irrte. Während ich wieder über der Brüstung lehnte, konnte ich auch ohne Fernrohr die nächste Phase des ungewöhnlichen Kampfes beobachten. Der kleine Transporter fuhr davon, nicht etwa hinter dem großen her, nein, durch eine andere Straße. Dann bog er ab und blieb mit ausgefahrenem Ausleger an einer Kreuzung stehen, die der größere passieren mußte.

„Himmel, jetzt lauert er, ist das aufregend“, schrie Fith, der gerade das Fernrohr benutzte.

Und tatsächlich, als der große Transporter langsam über die Kreuzung fuhr, langte der kleine blitzschnell zu. Sein Ausleger hakte sich in die Öse des Trafos und riß ihn hoch, daß das gesamte Fahrzeug schaukelte. Noch während er auflud, wendete er und fuhr an. Der große Transporter stoppte erst hundert Meter weiter, drehte um und nahm die Verfolgung auf.

„Nein“, sagte Gamma laut, „da stimmt was nicht, so verhalten sich die kleinen Fahrzeugcomputer nie, auch wenn sie in beschränktem Maße lernfähig sind, da hat sich ein System selbständig gemacht!“

Der große Transporter holte langsam auf. Unsere Sympathien waren bei dem kleinen, der ein weiteres Mal unvermittelt abbog; nutzlos, der große folgte ihm. Der Wind trug Motorengeräusch zu uns herüber.

„Ich weiß, was das für ein Trafo ist“, sagte Fith, „er kommt in die neue Umspannstation. Wir haben ihn zwei Gleiter eher bestellt, weil wir mit den Arbeiten schneller vorangekommen sind.“

Der große Transporter folgte dem kleinen sozusagen direkt auf den Felgen. Vergeblich versuchte der kleine, nach links und rechts auszubrechen. Der große schwenkte seinen Ausleger, und schon hatte er sich den Trafo geangelt. Wir stöhnten enttäuscht auf. Zwar war der kleinere Transporter ein wenig wendiger als der größere, doch dieser hatte den stärkeren Motor. So wie er aufgeholt hatte, so fuhr er nun dem kleinen davon, der trotzdem nicht aufgab.

„Die fahren ja gar nicht zur Umspannstation!“ Fith gestikulierte, als wolle er die Transporter zurückrufen. Doch diese schwenkten auf die Wüstenpiste nach Oasis ein und jagten sie entlang, bis wir sie nur noch an den langen Staubfahnen erkannten.

„Das waren die Wühlmäuse von Oasis!“ schrie Fith. „Die haben uns den Trafo geklaut!“

Wir anderen waren sprachlos.

„Aber dabei können sie ihn gar nicht brauchen“, fügte er hinzu, „ihre Umspannstation ist erst für nächsten Monat geplant.“

Vom Landeplatz stieg ein Kopter auf und nahm Kurs auf Oasis. Das war alltäglich. Doch als er so direkt über den Staubfahnen schwebte, wurden wir aufmerksam. Leider konnten wir infolge des aufgewirbelten Staubes auch mit dem Fernrohr nichts erkennen. Dann tauchte der Kopter wieder auf und schleppte den Transformator mit sich.

„Das bedeutet, daß nicht die Transporter, sondern die beiden Projektcomputer miteinander gekämpft haben“, kommentierte Gamma. „Aber auch das darf nicht geschehen. Alle Pläne auf Andymon sind doch koordiniert.“

Meine Befürchtungen wuchsen. Vorerst waren nur die Maschinen und Computer aneinandergeraten — wie lange würde es noch dauern, bis auch die Menschen gegeneinanderstanden? Dieses Mal hatte Fith dafür gesorgt, daß der Streit der Computer belanglos blieb, schon der nächste Gleiter brachte einen weiteren Transformator. Was aber, wenn sich die Vorfälle summierten und die Streitobjekte nicht sogleich zu ersetzen sein würden?

Änderungen des Klimas

Der Rover jagte über die kahle, staubige Ebene. Aufgewirbelte Sternchen schlugen gegen seine metallene Verkleidung. Szadeth steuerte ihn einen flachen Abhang hinab. Der Boden war hier von einem dunkleren Braun als anderswo. Wir hielten und stiegen aus. Ein armseliges Rinnsal floß zwischen Felsbrocken und angetrocknetem Schlamm dahin.

„Und das war noch vor einem Jahr ein breiter, reißender Fluß“, sagte Szadeth und schob mit dem Fuß ein paar Steine so, daß sie dem Wasser den Weg versperrten.

„Und vorher, da muß das einer unserer Urströme gewesen sein, der Millionen Kubikmeter Schlamm über die Ebene verteilt hat — in der Zeit des Großen Regens.“

Andymon, der von uns besiedelte Teil Andymons, dürstete. Die Flüsse waren jung, nicht einmal so alt wie wir, und begannen bereits zu versiegen. Weniger schwere Wolken als in den letzten Jahren zogen über den Himmel, und spärlich fiel der dünne Regen. Noch vor Jahresfrist hatten die Wassermassen der Wolkenbrüche Fahrzeuge hinweggeschwemmt und Fundamente unterspült. Seit Wochen war über unseren Siedlungen kein Tropfen gefallen. Die Dürre griff nach unseren Pflanzungen und Baumschulen. Allmählich bedeckte das Leichentuch des Staubes Gebäude und Felder. Unser Leben und das der Flüsse hingen eng zusammen.

Die atmosphärische Zirkulation hatte sich verändert, das ehemals in der Luft und über die Kontinente verteilte Wasser hatte sich in den beiden Ozeanbassins gesammelt, von wo es zu neuem Kreislauf verdunstete. Meine Modelle zeigten, daß das von uns kultivierte Land einen zu geringen Anteil an diesem Kreislauf hatte. Wolken regneten über kahlen Gebirgen ab, ehe sie unser Gebiet erreichten, nutzlos ergossen sich die neu entstehenden Flüsse ins Meer. Wälder hätten wir benötigt, Wälder von Meeresküste zu Meeresküste, die das Klima zu unseren Gunsten beeinflußten. Doch wachsen Bäume nur, wenn sie die nötige Feuchtigkeit finden. Ein Teufelskreis, den wir mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln sprengen mußten. Im wörtlichen Sinne: mit Explosionen, die Berge aus dem Weg der Wolken räumten, die Flüssen den alten Lauf versperrten und einen neuen gruben.

Ich hatte es so eingerichtet, daß ich gemeinsam mit Szadeth künftige Flußverläufe festlegen und die geologischen Sprengungen vornehmen konnte. Ich versprach mir etwas davon, mit den Jüngeren, den Siedlern, zusammenzuarbeiten, denn die Kluft, die zwischen uns bestand, durfte nicht noch größer werden. Und die Sorge um das Wasser einte uns.

„Komm, wir fahren zurück, deine Satellitenbilder haben tatsächlich recht“, sagte Szadeth und kletterte wieder in den Rover.

Ich folgte ihm schweigend und ließ ihn wieder am Steuer Platz nehmen. Denn Szadeth liebte es, mit dem Rover über das freie Land zu rasen. So inspizierten wir vor Ort, wo auch ein Automat oder ein Foto aus dem Orbit genügt hätte.

Vorerst vermied ich es, Szadeth gegenüber mein Schiffsprojekt zu erwähnen, ich wollte die Gegensätze nicht vertiefen. Und doch ergaben sich immer wieder Situationen, bei denen unsere unterschiedlichen Auffassungen aufeinanderprallten.

Szadeth jagte den Rover, daß das Fahrzeug eine lange Staubfahne aufwirbelte. Er hatte sich den Tropenhelm weit in die Stirn geschoben, schweißnaß glänzte sein bloßer schwarzer Oberkörper — manchmal verkühlte er sich, aber es war sein Stil. Genauso, wie er fuhr, konnte Szadeth reden, ohne Atempause. Selbst die völlig normale neuerlernte Greifbewegung seines Sohnes Prith reichte für zwei Stunden Monolog. Wie war Szadeth stolz, erster Vater von Andymon zu sein! Er fühlte sich als Adam, als Stammvater ganzer Geschlechter. Und er hatte allen Grund dazu.

„Bekommt mein Prith nicht einen wunderbaren Planeten, Beth? Hier kannst du dich austoben, ausleben. Der ist weit genug, hier kannst du ein einfaches, natürliches Leben führen, Wälder anpflanzen, Häuser bauen…“