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»Achtung - ORION VII - Alpha-Order!«

»Bestätigen Sie den Empfang unseres Spruches!«

Die Robotstimmen aus verschiedenen Maschinen schrien sich gegenseitig in drei verschiedenen Tonhöhen und Lautstärken nieder. Helga Legrelle drehte den Schalter für die Lautstärke zurück. Auf Cliffs Pult leuchtete ein Signalpfeil auf, der Verstärkersatz für den Sprechfunk. Plötzlich rief Helga laut: »Cliff!«

»Verdammt«, sagte McLane grimmig, »sie haben uns tatsächlich geortet. Geben wir ihnen also Antwort.«

Er näherte sein Kinn dem Mikrophon, das sich auf einem biegsamen Stiel wie eine metallische Blume aus dem Pult hervorreckte. Sein Finger drückte den Kontaktschalter. Dann sagte McLane deutlich und ziemlich laut: »Hier ist die ORION VII unter Commander Cliff Allistair McLane. An Oberste Raumbehörde, Sektion Zwölf. Abteilung Raumforschung. Um meine Behauptung zu erhärten, daß eine Landung auf Rhea, Planet der Sonne Delta 33987, grundsätzlich möglich ist, fliege ich Rhea an. In Minuten werden wir die Landemanöver einleiten. Zum Beweis hinterlasse ich einen Funkroboter auf dem Planeten. Das war die ORION VII. Ich schalte ab.«

Er ließ den Kontaktknopf los. Gleichzeitig hob Helga die Verbindung auf. Der schimmernde Diskus war von sämtlichen Funkkontakten abgeschnitten. Die mißhandelten Gehörnerven erholten sich langsam. Mit einemmal war das dünne Singen des Antriebs wieder zu hören, und die Stimme Atan Shubashis. Er sagte: »Noch zehn Lichtsekunden bis zum Planeten!«

»Fertig zur Landung!« rief Cliff. Das alte Grinsen erschien wieder in seinem Gesicht. Er wußte, daß er seinen Rang aufs Spiel setzte, aber auch, daß seine Mannschaft und sein Schiff die Landung auf Rhea durchführen würde, koste es, was es wolle. Hasso Sigbjörnson stand auf und ging zum Lift.

*

Bedächtig schlossen die breiten Hände de Montis die Schnalle des Gurtes. Hasso stellte sich in den Lift und fuhr zwei Ebenen tiefer. Nach einigen Schritten stand der große weißhaarige Mann vor seinem Pult im Maschinenraum. Direkt vor ihm leuchtete die viereckige Scheibe des Videophons und zeigte ihm den Ausschnitt des Kommandopultes und den Oberkörper des Kommandanten. Hasso setzte sich, ließ seinen Blick über die Kontrollen und Anzeigen gleiten und schnallte sich ebenfalls fest.

»Alles klar, Hasso?« fragte Cliff vom Schirm.

Hasso sah schnell hoch und nickte dann, während seine Finger die Zusatzmaschine einschalteten. Jetzt wirkten vier Motoren gegen das Schwerefeld Rheas, das den Diskus zu sich herunterziehen wollte, in den Mahlstrom der entfesselten Gewalten einer jungen, stürmischen Natur des Präkambriums. Der Planet lag unter dem Schiff.

Hasso schaltete einen Zusatzschirm an; rechts vom Videophon erhellte sich ein Kreis und zeigte den Planeten Rhea. Die Kugel füllte den Schirm fast aus, und sie strahlte in unerträglicher Helligkeit und in vier Farben.

Stechendes Gelb: Das waren die Ebenen, von denen man wußte, daß sie noch kein Leben hatten; nicht einmal kümmerliche Moose wucherten auf Rhea. Der gelbe Sand erstreckte sich in seltsamen abgegrenzten Flächen über den einzigen Großkontinent.

Stumpfes Blauschwarz: Die Gebirgszüge, ein Netz von schwarzen Adern, über den halben Planeten. Es war Urgestein, Basalt, aufgetürmt zu wuchtigen und unerhört scharfkantigen Formen, an denen die Jahrtausende noch nicht lange genug genagt hatten, um die Kanten abzuschleifen. Auch kannte diese Welt keine Kälte.

Helles Rot: Die Kegel der Vulkane schleuderten ununterbrochen Asche, Flammen und Rauch in die Gase der Atmosphäre.

Dunkles Grün: Das Meer des Planeten war an den Ufern kilometerweit weiß und aufgewühlt. Die Stürme rissen das Wasser mit sich und schmetterten es Tausende von Kilometern weiter zurück auf die Ebenen und die Berge, in die Vulkane und zurück ins Meer. Dampf, Rauch, Flammen, Farben und ein un-vorstellbarer Aufruhr der Gewalten - das war Rhea.

Die ORION fiel dem Planeten entgegen, während sich ihre Geschwindigkeit verringerte. Retarder verhinderten, daß der Diskus auseinanderbrach; die künstliche Schwerkraft an Bord betrug ständig knapp 1 g.

Das Schiff befand sich zweitausend Kilometer über der Gesteinskruste des nördlichen Kontinentrandes. Rapide fiel die Geschwindigkeit. Wie ein riesiger Teller senkte sich die ORION den äußersten Schichten der Lufthülle entgegen.

»Geschwindigkeit siebenhundert Stundenkilometer«, sagte Hasso. Er betrachtete das grelle Dreieck, das mit einer Spitze nach außen auf einer runden Skala von rechts nach links glitt.

»Danke. Antigravstrahlen?«

Augenblicklich antwortete Hasso dem Commander.

»Noch nicht in den Maximalwerten.«

Hasso schaltete die Maschinen auf Leistung und fühlte, daß sich eine neue Kraft zwischen den Eigenimpuls des Schiffes und die Anziehungskraft des Planeten schob.

Die Instrumente, deren elektronische Fühler pausenlos den Planeten abtasteten, zeigten, daß nennenswerte Gaskonzentration erst ab hundert Kilometern Abstand von der Oberfläche bestand.

Cliff ordnete laut an: »Wir machen einen Sprung von tausendsechshundert Kilometern, Hasso. Ich schalte die Instrumente hinunter in den Maschinenraum. Einverstanden?«

»Klar, Cliff«, sagte Hasso. Er drehte den Regler der Geschwindigkeit auf.

Plötzlich beschleunigte der Diskus und kippte durch das Vakuum des Alls. Es fiel sekundenlang mit erhöhter Geschwindigkeit und kippte wieder in die Normallage zurück. Die Dreiecke des Abstandanzeigers verharrten zitternd auf der Marke Elf: Einhundertzehn Kilometer.

Fallgeschwindigkeit: Einhundert Meter pro Sekunde.

In achtzehneinhalb Minuten würde die ORION den Boden berühren.

Eine Minute später flimmerten die ersten Luftpartikel gegen den Schirm, der um den Diskus lag. Das Farbenspiel der bewegten Ionen wurde intensiver. Die Gashülle wurde dichter; die Instrumente ver-zeichneten die schwache Eigenbewegung der Atmosphäre. Der riesige Zeiger des Bordchronometers tickte und zerhackte die Zeit. Die Spannung hatte alle fünf Mitglieder der Crew ergriffen. Auf Cliffs Stirn standen winzige Schweißperlen. Seine Hände umklammerten die manuelle Steuerung, die in wenigen Minuten gebraucht wurde. Von ihm allein hing es ab, ob die Hurrikane das Schiff mit sich rissen oder ob die ORION ihre Funksonde absetzen konnte. Zehn Minuten später war es soweit.

Cliff griff nach den Hebeln. Die ORION wurde von einem Ausläufer einer gigantischen Windhose ergriffen und mitgerissen. Cliff erhöhte die Geschwindigkeit, stellte die Sinkbewegung nahezu ab und ließ sich von dem Strom mitreißen. In einer Spirale, deren Durchmesser mehrere tausend Kilometer betrug, jagte der Diskus dem Auge des Hurrikans entgegen. Das Gas rüttelte an dem Projektil und versuchte, es zu kippen; die Magnetstrahlen sicherten die ruhige Fluglage. Nur eine Folge von kleinen harten Stößen erschütterte das Raumschiff.

Ein Vulkan tauchte auf. Eine flammende Feuersäule, höher als zwanzigtausend Meter, reckte sich vor der ORION in die Wolken. Unter dem Schiff raste die gelbe und schwarzgeäderte Oberfläche des Kontinents vorbei. Das Schiff fegte wie ein Phantom durch die Feuersäule, setzte sekundenlang sämtliche Retarderkräfte ein und stellte sich schräg. Die Andruckkräfte, die während des Kreiskurses auftraten, wurden abgefangen. Die ORION näherte sich dem Endpunkt. Sie brach aus der graugelben Mauer der Wolken hervor, flog eine enge Kurve und ging tiefer.

»Eintausend Meter, Cliff!« sagte de Monti warnend. Cliff schien ihn nicht zu hören; dann nickte er schweigend. Er zwang in dem windstillen Auge des Sturmes die ORION weiter hinunter und aktivierte die gesamte Kraft des Antigravtriebwerks. Wie ein Pilz aus Metall hing Sekunden später die ORION über einer Sandfläche von stechendem Gelb, aus der die harten Formen von spitzen blauschwarzen Felsen hervorstachen.

»Hasso?« fragte Cliff erschöpft.