»Wie steht es bei Ihnen?« fragte der Funker der BETEIGEUZE.
»Noch kein Ergebnis!« sagte Atan mürrisch.
Er umrundete das zwei Meter hohe Gebilde.
Aus den obersten fünfzehn Kugeln wiesen je zwei geschwungene Dreiecke hinauf zu den Sternen. Has-sos Blick glitt an den Formen und Kurven entlang. Er suchte einen Sinn und fand keinen. Aber er sah in einer der Kugeln, etwa in Brusthöhe, ein etwa handgroßes Loch, aus dem ein verschwommenes Glimmen drang. Hassos Hand in dem dunklen Handschuh legte sich auf die Öffnung.
»BETEIGEUZE?« rief Atan sofort. »Können Sie eine Messung durchführen?« fragte er.
»Messung - welcher Art?«
Atan richtete seinen Blick auf die nebeneinander schwebenden Raumfahrzeuge, die schwach leuchtend über dem Asteroiden hingen und einen Teil der Sterne verdeckten.
»Eine Messung des Magnetfeldes. Offensichtlich müßte jetzt ein Anflug ohne Gefahr möglich sein«, sagte der Astrogator. »Ich kann mich täuschen, aber ich glaube, diesen leichten diffusen Schimmer um den Asteroiden nicht mehr zu sehen.«
»In Ordnung. Wir testen!«
Die zwei Männer auf der felsigen Oberfläche des winzigen Mondes warteten ungeduldig. Sie waren noch immer müde und hungrig, aber die Aufregung des Augenblicks ließ sie Müdigkeit und Hunger vergessen. Der andere Kreuzer war die KRÜGER 60, identisch mit der BETEIGEUZE und mit ORION VII. Denn die Schiffe entstammten einer der modernsten Bauserien.
»Das Magnetfeld ist verschwunden«, sagte der Funker.
»Wir haben eine zweites Problem«, hörte er die Stimme Hasso Sigbjörnsons über den Helmfunk: »Unser Beiboot, die LANCET, steht bewegungsunfähig im Landeschacht. Sie erkennen ihn durch die Positionslichter. Als wir landeten, ließen uns die Fremden so wie ihre sieben Schiffe durch den Schirm. Sie zerstörten die Sauerstoffanlage des Beibootes und dabei auch sämtliche Hauptkabel der Steuerung. Können Sie helfen?«
»Natürlich«, sagte der Funker. Atan und Hasso hörten die Worte einer schnell geführten Unterhaltung. »Wir fliegen mit unserem Beiboot in den Landeschacht, befestigen Magnettrossen an der Hülle Ihres Fahrzeugs und ziehen es hoch. Wir stellen es hier auf dem Asteroiden ab und fliegen Sie zurück nach Terra.«
»In Ordnung«, sagte Hasso. »Wir warten.«
Sie verließen ihren Standort und gingen durch die Klippen zurück zu der schrägen Rampe. Wenige Minuten später standen sie in dem runden Raum, in den die Gitter der Landeanlage mündeten. Atan schloß die Schleuse und blieb neben Hasso stehen.
Der Rest war einfach. Es dauerte nur fünf Minuten.
Die LANCET, abgefeuert von der KRÜGER 60, beschrieb einen eleganten Bogen und senkte sich über den Landeschacht. Aus der Unterseite fielen Kunststoffseile mit Stahlkern, die an den Enden wuchtige Magnetteller trugen. Lautlos hefteten sich die Magnete an die LANCET. Dann schaltete der Pilot des Beibootes die Zusatzaggregate ein. Die LANCET schwebte nach oben und wurde fünfzig Meter von dem Landeschacht entfernt aufgesetzt. Dann ließ sich das Beiboot in den Schacht fallen. Die Schleuse öffnete sich langsam. Männer in Raumanzügen kamen heraus. Hasso hob die Hand und winkte.
Sie unterhielten sich leise durch Sprechfunk, bis sie in den gefluteten Kontrollraum kamen. Dort erst begrüßten sich die vier Männer.
»Commander Figueras vom Schnellen Kreuzer BETEIGEUZE«, sagte der hochgewachsene Mann und streckte die Hand im Handschuh aus, nachdem er den Helm abgenommen hatte. »Wir sind abkommandiert worden, Sie abzuholen - vor dem Geschwader, das mit Wissenschaftlern hier eintrifft.«
»Willkommen auf MZ 4«, sagte Hasso trocken.
»Können wir fliegen?« fragte Figueras und stellte seinen Ersten Offizier vor.
»Sicher«, erwiderte Atan. »Wir haben nicht viel Gepäck. Was geschieht mit den anderen Dingen hier?«
»Kurz nach uns sollen vier Schiffe gestartet sein. Sie haben eine Menge von Kosmobiologen, Technikern und Reportern an Bord. Sie werden hier einfallen und eine Menge Unruhe stiften«, sagte Figueras.
Neugierig betrachtete der Erste die auseinandergenommenen Geräte und die Unordnung, die hier herrschte. Er nickte anerkennend und deutete auf den Tisch.
»Nett haben Sie es hier«, sagte er und grinste. »Bis auf das Durcheinander.«
Hasso nickte ihm zu und erwiderte: »Ich hätte Sie hier gern an unserer Stelle zittern sehen wollen. Versuchen Sie einmal, mit einem von fremden Intelligenzen gestörten Funkgerät eine Kollision aus dem Hyperraum abzuwehren.«
»Das waren Sie?« fragte der Erste verblüfft.
»Natürlich«, erklärte Atan leichthin. »Wir, die Männer der ORION.«
»Bringen die Schiffe auch eine Ersatzmannschaft für den Asteroiden mit?« fragte Hasso weiter.
»Natürlich. Eine, die schwer bewaffnet ist«, sagte der Commander. »Ich habe Order, Sie so schnell wie möglich zu Wamsler und Villa zu bringen. Können wir gehen?«
»Ja!« sagten Atan und Hasso zweistimmig.
»Ich würde mir gern noch kurz die fremden Schiffe ansehen«, warf der Erste ein. Die leuchtenden blauen Augen unter dem blonden Haarschopf verzogen sich in einem kalten Lächeln. Die Männer kannten die Gefahr, die das Auftauchen jener Schiffe an den Grenzen hervorgerufen hatte. Je mehr sie von dieser Gefahr wußten, desto besser konnten sie sich wehren. Das hagere, hartgeschnittene Gesicht des Ersten verzog sich zu einer wütenden Grimasse.
»Gut!« stimmte Commander Figueras zu. »Wir schließen die Helme, stimmen den Sprechfunk ab und gehen hinauf. Versuchen wir, in eines der Schiffe einzudringen?«
»Wenn es möglich ist, Commander!« sagte der Erste.
Hasso und Atan stimmten ebenfalls zu. Sie waren an ihrer eigenen Entdeckung natürlich sehr interessiert.
»Anschließend starten wir!« sagte Figueras. »Es eilt.«
Sie kamen an den beiden Toten vorbei, die mitten während des Essens erstarrt waren, und betraten über die Rampe die Oberfläche der Steinkugel.
»Rechts!« sagte Atan kurz.
Sie kletterten hundertfünfzig Meter weit über die blauschwarzen Felsen. Die vier Lichtkegel aus den Gürtelscheinwerfern warfen scharfes Licht mit harten Schatten auf den Stein. Dann ragte vor ihnen das erste Schiff in die Höhe - eine Kugel von rund vierzig Metern Durchmesser.
Sie glänzte wie hochpoliertes Silber. In der Wandung spiegelten sich die Sterne und die regungslosen Körper der anderen Schiffe und der beiden terrani-schen Kreuzer.
Von dem Kugelkörper, der mit einem breiten Kranz von stählernen Dreiecken den Fels berührte, stachen zwei Fortsätze wie grazile Libellenflügel in die Höhe. An ihren Enden saßen kleinere Tropfen. Diese tropfenförmigen Enden glühten in dem flammenden Rot wie der Projektor des Magnetfeldes.
Sieben Schiffe standen in einer geschwungenen Reihe.
Das letzte war nur noch teilweise hinter dem Horizont des kleinen Felsmondes zu sehen. Figueras ging neben seinem Offizier an Atan und Hasso vorbei und berührte die Hülle des Schiffes mit dem Handschuh. Dann, einige Meter weiter, erkannten die Männer die Konturen einer Schleuse, die ebenfalls keine Ähnlichkeit mit einer terranischen aufwies.
Es war ein Verschluß, der aus reiner Energie zu bestehen schien.
Schwarz inmitten der silbernen Bordwand. Flirrend und bewegt. Der Commander schüttelte stumm den Kopf und sagte in das erregte Schweigen hinein: »Ich bin dafür, daß wir nichts anrühren. Sollen sich die Wissenschaftler darum kümmern.«
»Sie haben recht«, erklärte Hasso und wandte sich zum Gehen. »Die Ergebnisse der Untersuchungen erfahren wir in Raumfahrerkreisen sowieso zuerst.«