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Der ruhige und phlegmatische Mario de Monti, der jeden, der ihn näher kennenlernte, verblüffte, hatte die Koordinaten von mindestens zweitausend Stationen im Kopf. Und dies waren die Kodezahlen für den Computer, Zahlengruppen, die jeden anderen Sterblichen verwirrten.

Und Cliffs bester Mann: Hasso Sigbjörnson. Fünfzig Jahre alt und von der Zuverlässigkeit einer Präzisionsuhr. Die Verbesserungen des Schiffsantriebs, die Hasso in seiner dreißigjährigen Karriere vorgenommen hatte, machten ihn berühmt. Er flog nur noch, wie er immer betonte, aus Sentimentalität für McLane. Vermutlich war es so, daß er sich keinen besseren Platz zum Nachdenken und Testen wünschen konnte als Cliffs Schiff.

Cliff wechselte bei einem vorübereilenden Robot sein leeres Glas gegen ein volles und blickte Tamara über den Rand des Glases an. Sie war hübsch, daran bestand keinerlei Zweifel. Aber sie hatte was an sich, das ihn reizte. Mehr als alles andere. Es waren nicht ihr Rang und ihre Stellung.

»Worüber denken Sie nach, Commander?« fragte Ingrid.

»Nichts Wichtiges«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich versuche, mir vorzustellen, wie die Sache weitergehen könnte. Immerhin haben wir Fremde an unseren Grenzen festgestellt, die uns technisch überlegen sind. Sie werden versuchen, weiter in unser Herrschaftsgebiet einzudringen. Ich frage mich, wie lange wir sie aufhalten können.«

Tamara wandte den Kopf und sah ihn an.

»Sie erwarten also Kampf?«

Die Tischrunde schwieg und hörte dem Gespräch zu. McLane griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck.

»Nicht unbedingt und nicht sofort. Ich befürchte ganz andere Dinge, die viel gefährlicher sind.«

»Das interessiert mich«, sagte Hasso. »Sprich weiter.«

»Ich befürchte kleine Aktionen. Heimliche Vorstöße. Unruhe unter den Kolonisten. Eigenmächtige Bestrebungen, die durch die Anwesenheit eines Feindes ausgelöst werden können. Sabotage. Das ist letzten Endes viel gefährlicher als ein offener Krieg.«

»Dann haben wir uns ja zur richtigen Zeit getroffen!« erwiderte Tamara.

Atan begann nervös zu kichern.

»Getroffen!« rief er. »Kein Mensch hat sich getroffen! Sie wurden uns verordnet wie bittere Pillen!«

»Bittere Medizin ist aber meist sehr wirksam, Atan!« sagte Ingrid Sigbjörnson lachend.

»Mich würde interessieren«, sagte Cliff nachdenklich und blickte Tamara voll in die Augen, »aus welchem Grund Sie diese Bemerkung gemacht haben. Grundlos sicher nicht.«

»Grundlos tue ich niemals etwas«, sagte Leutnant Jagellovsk beherrscht. »Ich meine, daß diese kleinen Flüge, die Sie - und auch ich - ausführen werden, unter Umständen viel interessanter werden können als komplette Flottenbewegungen. Wir dürften in den nächsten Monaten nette Dinge erleben. Irgendwie freue ich mich darauf!«

»Wir freuen uns sehr, einen weiblichen GSD-Offizier von solch hohem persönlichen Mut an Bord zu haben. Wirklich!« antwortete Hasso gut gelaunt.

Das Casino leerte sich. Cliff blickte auf die Pilotenuhr: dreiundzwanzig Uhr. Ein Einsatz stand bevor, denn man sah kaum Schiffsführer und keine Ersten Offiziere. Die Musik hatte für einen Moment aufgehört.

»Damit rechnen Sie im Ernst?« fragte Atan Shu-bashi.

»Natürlich. Ich habe fast dieselben Ansichten wie Ihr Commander, Atan«, erwiderte Tamara freundlich. »Auch wenn er es nicht glauben möchte. Das Problem zwischen uns, wie ich inzwischen erkannt habe, ist seine Furcht, in seiner Handlungsfreiheit beschnitten zu sein.«

»Immerhin liest sie die Psychologie der Raumfahrer.«

Hasso lachte über die Bemerkung von de Monti.

»Etwas, das ich Ihnen auch empfehlen würde«, sagte Tamara schnell. »Man lernt sich besser kennen.«

»Danke«, sagte Mario grinsend. »Ich kenne mich schon gut genug. Viel zu gut, nicht wahr, HelgaMädchen?«

Helga nickte schweigend und widmete sich ihrem Glas. Sie mußte einen Lachreiz unterdrücken. Manchmal war Mario etwas zu selbstbewußt, fand sie.

»Eines Tages werde ich Sie davon überzeugen«, erwiderte Tamara Jagellovsk ohne jeden Sarkasmus, »wie sehr Sie unrecht haben, Mario. Warten Sie auf den Tag und erinnern Sie sich!«

»Woran bitte?« fragte eine dunkle Stimme plötzlich.

Die Raumleute blickten auf und sahen das breite Gesicht Marschall Winston Woodrov Wamslers. Er stand neben dem Tisch und machte eine abwehrende Bewegung.

»Sitzenbleiben!« befahl er.

Er zog sich einen leeren Stuhl heran, winkte dem Kellner und bestellte ein Glas Whisky. Dann musterte er nacheinander die Gesichter und sagte schließlich: »Ich freue mich, daß die ORION unbeschädigt und ruhmbedeckt zurückgekommen ist. Was sage ich immer?«

»Was sagen Sie immer?« fragte Cliff McLane neugierig.

»Sie brauchen nichts anderes als ein Schiff. Den Rest besorgt der Zufall. Sie schaffen es immer wieder, in verrückte Situationen zu geraten. Wie fühlen Sie sich?«

»Jetzt wieder ausgezeichnet«, sagte Cliff. »Sie kommen doch nicht mit einem weiteren Auftrag?«

Wamsler nahm das Glas in die Hand.

»Nein. Aber Sie dürfen mich beim Wort nehmen -in Kürze haben wir wieder etwas für Sie, das die Linie MZ 4 trifft.«

»Bitte nicht!« rief Hasso. »Mir wird jetzt noch schlecht, wenn ich daran denke!«

»Freunde!« sagte Wamsler gutgelaunt, »die Lage ist ernst.«

»Wir diskutieren sie bereits!« sagte Tamara Jagellovsk, »und kamen zum gleichen Ergebnis, Marschall, wie wird sich unser erster Kontakt mit den Fremden entwickeln?«

Wamsler hob die breiten Schultern und ließ sie wieder fallen.

»Ich traue mir keine objektive Vorhersage zu, aber ich erkenne gewisse Gesetzmäßigkeiten, die Sie aus der terranischen Geschichte ableiten können. Wir werden unter einer Phase von Störungen zu leiden haben. Kolonien werden versuchen, selbständig zu werden - notfalls mit Gewalt. Sabotage wird getrieben, weil Gangster ihre Chance zu erkennen glauben. Heimliche Gefahren für die Erde. Drohungen und Alternativen, die uns belasten. Und dazu Versuche der Fremden, näher an das Herz unserer Raumkugel, an die Erde heranzukommen.«

»Wie lange haben wir Pause?« fragte McLane, nachdem Wamsler geendet hatte.

»Einen Monat, wenn nichts Außergewöhnliches geschieht.« Wamsler nickte.

»Und in welcher Ecke unseres kleinen Universums sehen Sie die nächsten Schwierigkeiten? Schwierigkeiten, meine ich, die nur die Männer und Frauen der ORION VII besiegen können?«

Wamslers Grinsen war breit und offen.

»Sie werden sich noch einmal den Mund verbrennen mit Ihren despektierlichen Reden, Cliff McLane«, sagte er. »Ich wage keine Prognosen. Aber - um Ihren großen Durst nach Wissen zu löschen ... «

»Ich ahne fürchterliche Dinge!« flüsterte Shubashi.

»... sind Sie verpflichtet, in zwei Tagen an einem Kurs teilzunehmen.«

»Ich höre: Kurs?« fragte Tamara. »Obwohl doch unser Freund schon so klug ist!«

Wamsler nickte feierlich.

»Ich sagte: Kurs«, fuhr er fort. »Und zwar veranstalten wir für Kadetten einen Anschauungsunterricht über die Funktionen einfacher Robotmodelle. Sie, McLane, sind im Augenblick nichts weiter als ein Kadett. Sie werden diesen Kurs mitmachen. Und Ihre Mannschaft auch.«

McLane beherrschte sich vorbildlich. Er überlegte kurz und sagte dann: »Wüßten Sie, Marschall, daß Sie verfolgt werden?«

Wamsler schüttelte sein mächtiges Haupt. Seine Brauen hoben sich fragend.

»Nein. Von wem?«

Wamsler verstand heute abend offensichtlich eine ganze Menge Spaß. Er begann dröhnend zu lachen.

Er wurde schlagartig wieder ernst und winkte McLane zu sich heran. Zusammen gingen sie langsam bis zum Lift. Die senkrechte Röhre verband das Starlight-Casino mit dem submarinen System. Wamsler legte seine fleischige Hand auf den Arm des Commanders und blieb vor dem Lift stehen.

»McLane!« sagte er. »Machen Sie sich keine Illusionen. Ich scherze gern, aber ich weiß, daß mit MZ 4 die Gefahr eines Krieges zwischen zwei Rassen aufgetaucht ist. Halten Sie die Augen offen und tun Sie nichts Unüberlegtes. Ich sehe für die nächste Zeit Gefahren, McLane. Versteckte Gefahren. Wie Infektionen. Wenn wir sie nicht entdecken, können sie zu einer Bedrohung des Gebietes um Terra führen.«