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Ich erzählte ihr von der Fernsehsendung.

»Morgen?« fragte sie. »Prima, ich glaube, da habe ich Zeit, daß ich mir das ansehe. Du gehst gleich immer aufs Ganze, was?«

Ich grinste. »Das ist erst der Anfang«, sagte ich. Beinahe glaubte ich daran.

Wir gingen den ganzen Weg zu Joannas Studio zu Fuß. Es war eine klare, ein bißchen kühle Nacht, mit einem ster-nenbesetzten, schwarzen Himmel. Wir blieben in der dunklen Gasse vor Joannas Tür stehen und sahen hinauf. »Das rückt wieder alles ins Lot«, meinte sie, »nicht wahr?«

Ich fragte mich, was für sie ins Lot gerückt werden mußte. Ich sah sie an. Das war ein Fehler. Das hochgereckte Gesicht, in dessen dunklen Augen sich die Sterne spiegelten, das dunkle, vom Wind zerzauste Haar, der schlanke Hals trieben mich gnadenlos in den Aufruhr, den ich den ganzen Abend hindurch unterdrückt hatte.

»Vielen Dank fürs Mitkommen«, sagte ich plötzlich. »Gute Nacht, Joanna.«

Überrascht sagte sie: »Magst du nicht noch eine Tasse Kaffee ... oder sonst etwas?«

Oder sonst etwas, ja.

»Ich bin bis obenhin voll. Außerdem ... da wäre ja noch Brian .«

»Brian ist in Manchester, auf einer Konzertreise«, sagte sie. Aber das war nur eine Feststellung, keine Einladung.

»Oh. Na ja, ich brauch’ trotzdem meinen Schlaf«, sagte ich.

»Also gut«, erwiderte sie ungerührt. »Es war ein wunderschöner Abend, Rob. Vielen Dank.«

Sie legte mir kurz die Hand auf die Schulter und lächelte mich an. Sie steckte den Schlüssel ins Schloß, öffnete und winkte mir schnell zu, als ich mich umdrehte und die Straße hinunterging.

Sie machte die Tür zu.

Ich fluchte, nicht ganz leise. Viel Erleichterung brachte das nicht. Ich sah zum Himmel hinauf. Die Sterne schienen auch kein Mitleid mit mir zu haben.

Kapitel 5

In den Universal Television Studios wurde mir zuteil, was in der Familie Finn als Behandlung relativ wichtiger Persönlichkeiten bezeichnet wurde. Das hieß, daß mich jemand empfing, der in der Hierarchie einigen Einfluß ausübte, aber doch nicht so hoch stand, daß er von einem Gefolge begleitet wurde.

Ich trat durch die Glastüren in die große, höhlenartige Eingangshalle und fragte das Mädchen am Empfangsschalter, wo ich hingehen müsse. Die junge Dame lächelte freundlich. Ich möge doch einen Augenblick Platz nehmen. Sie wies auf ein Sofa. Sie telefonierte und sagte in die Muscheclass="underline" »Mr. Finn ist da, Gordon.«

Später kam aus einem der Korridore ein breitschultriger junger Mann mit Sommersprossen, der einen marineblauen Nadelstreifenanzug trug.

»Mr. Finn?« fragte er liebenswürdig und streckte mir eine Hand hin.

»Ja«, sagte ich, stand auf und drückte ihm die Hand. »Freut mich sehr. Ich heiße Gordon Kildare und bin Produktionsassistent. Maurice erledigt im Studio die letzten Einzelheiten. Ich bin dafür, daß wir uns zuerst einen Schluck und ein Sandwich genehmigen.«

Er führte mich den Korridor hinunter, aus dem er gekommen war, und durch eine offene Tür betraten wir einen kleinen, unpersönlichen Empfangsraum. Auf dem Tisch standen Flaschen, Gläser und vier Teller mit appetitlich aussehenden Sandwiches.

»Was mögen Sie?« fragte er einladend und beugte sich über die Flaschen.

»Nichts, vielen Dank«, dankte ich.

Er war nicht betroffen. »Vielleicht später?« Er schüttete etwas Whisky in ein Glas, gab Sodawasser hinein und prostete mir lächelnd zu. »Viel Glück«, sagte er. »Sind Sie zum erstenmal beim Fernsehen?« Ich nickte. »Man muß sich nur möglichst natürlich geben.« Er nahm ein Sandwich und biß hinein.

Die Tür ging auf. Zwei Männer kamen herein. Sie wurden mir als Dan Sowieso und Paul Dings vorgestellt und waren nicht ganz so elegant angezogen wie Gordon Kildare, gegen den sie sich unterwürfig bezeigten. Auch sie machten sich über die Sandwiches her, füllten ihre Gläser, wünschten mir Glück und erklärten mir, daß ich mich natürlich geben müsse.

Maurice Kemp-Lore marschierte, gefolgt von zwei Assistenten in Sportsakkos, ins Zimmer.

»Mein lieber Freund«, begrüßte er mich und drückte mir herzlich die Hand. »Freut mich, daß Sie pünktlich da sind. Hat sich Gordon um Sie gekümmert? Prima. Also, was trinken Sie?«

»Im Augenblick nichts«, sagte ich.

»Oh? Na ja, macht nichts. Vielleicht später? Haben Sie die Liste der Fragen bekommen?«

Ich nickte.

»Haben Sie sich ein paar Antworten überlegt?«

»Ja«, sagte ich.

»Gut, gut. Das ist ausgezeichnet«, lobte er.

Gordon gab ihm ein volles Glas und bot ihm die Sandwiches an. Die Assistenten griffen zu. Mir dämmerte, daß die für die Besucher vorgesehenen Erfrischungen ihnen allen das Abendessen ersetzten.

Kemp-Lore sah auf die Uhr.

»Unser zweiter Gast hat es nicht so eilig«, meinte er.

Plötzlich läutete das Telefon. Gordon nahm den Hörer ab, lauschte kurze Zeit, sagte: »Er ist hier, Maurice«, und öffnete die Tür.

Kemp-Lore ging als erster hinaus, gefolgt von Gordon und entweder Dan oder Paul, die sich sehr ähnlich sahen. Das Empfangskomitee war jetzt weit eindrucksvoller als bei mir. Ich lächelte, als ich mir überlegte, was meine Mutter dazu gesagt haben würde.

Einer der Assistenten mit Sportsakko bot mir die Sandwiches an. »Nein?« sagte er. »Ja ja, so geht’s vielen Leuten vorher. Nachher haben Sie bestimmt Hunger.« Er legte zwei Sandwiches aufeinander und riß den Mund auf, um hineinzubeißen.

Die Stimme Kemp-Lores war auf dem Korridor zu hören, dazwischen eine rauhe Stimme mit nasalem Klang. Ich fragte mich, wer der zweite Gast sein würde, und ob ich ihn kannte. An der Tür blieb Kemp-Lore respektvoll stehen, um seinen Gast eintreten zu lassen. Meine gute Stimmung flaute ab. Bauch und Hornbrille vorantragend, ließ sich Mr. John Ballerton in das Zimmer begleiten. Kemp-Lore stellte ihm seine Kollegen und Untergebenen vor.

»Und Rob Finn kennen Sie natürlich?« sagte er.

Ballerton nickte mir aus der Entfernung zu, ohne meinen Blick zu erwidern. Offensichtlich ärgerte er sich immer noch darüber, daß ich ihn neben Arts Leiche sein Essen hatte von sich geben sehen. Vielleicht wußte er auch, daß ich das den anderen Jockeis nicht verheimlicht hatte.

»Ich glaube, es ist Zeit, daß wir ins Studio gehen«, meinte Kemp-Lore und sah Gordon fragend an, der ihm zunickte.

Dann marschierten alle auf den Korridor hinaus, und als ich am Tisch vorbeikam, bemerkte ich, daß auf den Tellern nur noch ein paar Büschel Petersilie und Brotkrümel lagen.

Das kleine Studio beherbergte eine Unmenge von Kameras, die dicke Kabel auf dem Boden hinter sich herzogen. Auf der einen Seite befand sich eine niedrige, mit einem Teppich bedeckte Plattform mit drei Stühlen und einem Kaffeetisch. Er trug drei Tassen, Milchkännchen und Zuk-kerschale, drei leere Kognakschwenker, eine silberne Zigarettendose und zwei große gläserne Aschenbecher.

Kemp-Lore führte Ballerton und mich hinüber.

»Wir wollen einen möglichst legeren Eindruck erwek-ken«, sagte er freundlich, »als hätten wir gerade das Essen hinter uns und unterhielten uns bei Kaffee, Kognak und Zigarren.«

Er bat Ballerton auf dem linken und mich auf dem rechten Stuhl Platz zu nehmen und setzte sich dann zwischen uns. Seitlich vor uns stand ein Monitor, dessen Bildschirm dunkel war, und eine ganze Batterie von Kameras gruppierte sich im Halbkreis um uns, die drohenden dunklen Objektive auf uns gerichtet.

Gordon und seine Assistenten beschäftigten sich eine Weile mit ihren Scheinwerfern, die uns ein paar Sekunden lang grell anstrahlten, dann wurde die Tonüberprüfung vorgenommen, während wir drei vor den leeren Tassen gestelzt Konversation betrieben.

Als Gordon zufrieden war, kam er herüber. »Ihr müßt alle geschminkt werden«, sagte er. »Maurice, Sie machen das wie üblich? Mr. Ballerton und Mr. Finn, ich zeige Ihnen, wo Sie hingehen müssen.«