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Aber er schüttelte den Kopf, als ich das Zimmer verließ, und starrte mit ausdrucksloser Miene zum Fenster hinaus, während das, was ich ihm gesagt hatte, immer noch gegen seine Meinung von Kemp-Lore unterlag. James konnte den Kerl leiden.

Kapitel 10

Am späten Montagabend rief mich James an und sagte mir, daß ich sein eigenes Pferd, Turniptop, das am folgenden Donnerstag für das Neulingsrennen in Stratford-on-Avon gemeldet war, reiten könne. Ich begann mich zu bedanken, aber er unterbrach mich: »Ich tu’ Ihnen damit keinen Gefallen. Sie wissen, daß er nicht gewinnen kann. Er hat bisher nur niedrige Hindernisse gehabt, und Sie dürfen ihn nicht überanstrengen. Er soll sich an die großen Hindernisse gewöhnen. Einverstanden?«

»Ja«, sagte ich, »einverstanden.« Er legte auf. Davon, was er mit dem Zucker unternehmen wollte, war keine Rede.

Ich war müde. Ich hatte den ganzen Tag damit zugebracht, nach Devon und zurückzufahren, um Art Mathews schöne Witwe, die kühle Blondine, zu besuchen. Eine fruchtlose Fahrt. Sie war nicht aus sich herausgegangen. Blond, gut erzogen und kalt, hatte sie meine Fragen ruhig, ohne Neugier und völlig ohne Interesse beantwortet. Art war jetzt vier Monate tot. Sie sprach von ihm, als könne sie sich kaum erinnern, wie er ausgesehen hatte. Nein, sie wisse nicht genau, warum Art ständig mit Corin gestritten habe. Nein, sie wisse nicht, warum Art es für notwenig gehalten habe, sich zu erschießen. Nein, Art sei nicht gut mit John Ballerton ausgekommen, aber den Grund kenne sie nicht. Ja, Art sei einmal in Kemp-Lores Fernsehsendung als Gast aufgetreten. Es sei kein Erfolg gewesen, meinte sie verbittert. Art habe sich blamiert. Art, dessen Ehrenhaftigkeit und Ordnungssinn ihm auf den Rennplätzen nur

Respekt eingetragen habe, sei auf dem Bildschirm als pedantischer, eigensinniger Mensch erschienen. Nein, sie wisse nicht mehr genau, wie das möglich gewesen sei, aber sie erinnere sich nur zu gut an die Wirkung auf ihre Familie und Freunde. Sie hätten sie wegen ihrer Wahl lautstark bemitleidet. Aber mir tat nur der arme tote Art leid, weil er sich eine solche Frau ausgesucht hatte.

Am folgenden Tag, dem Dienstag, entführte ich zu Tick-Tocks Ärger wieder den Mini-Cooper. Diesmal fuhr ich nach Cheltenham, um Peter Cloony aufzusuchen.

Peters Frau machte mir die Tür auf und bat mich mit gequältem Lächeln herein. Sie sah nicht mehr glücklich und zufrieden aus. Sie war zu mager, und ihr Haar wirkte strähnig. Im Haus war es beinahe ebenso kalt wie im Freien, und sie trug alte Pelzstiefel, dicke Strümpfe, warme Kleidung und Handschuhe. Ohne Lippenstift und mit leblosen Augen war sie beinahe nicht wiederzuerkennen.

»Kommen Sie ‘rein«, sagte sie. »Peter ist leider nicht da. Jemand hat ihn nach Birmingham mitgenommen ... vielleicht bekommt er da ein Pferd.« Ihre Stimme klang hoffnungslos.

»Selbstverständlich«, sagte ich. »Er ist ein guter Jockei.«

»Die Trainer sind anderer Meinung«, meinte sie verzweifelt.

»Seit er seine feste Stellung verloren hat, bekommt er in der Woche höchstens einen Ritt. Davon können wir nicht leben. Wie auch? Wenn sich nicht bald etwas ändert, wird er den Rennsport aufgeben und es woanders versuchen. Aber nur das Reiten macht ihm Spaß ... es wird furchtbar für ihn sein, wenn er aufhören muß.«

Sie hatte mich ins Wohnzimmer geführt. Es war so leer wie damals. Leerer noch. Das gemietete Fernsehgerät war fort. An seiner Stelle stand dort ein Babykorb. Ich ging hinüber und starrte das Baby an. Es schlief. Ich äußerte mich bewundernd, und das Gesicht seiner Mutter strahlte für Augenblicke auf.

Sie bestand darauf, uns eine Tasse Tee zu machen, und ich mußte Entschuldigungen für das Fehlen von Milch, Zucker und Keksen über mich ergehen lassen, bevor ich fragen konnte, worauf es mir ankam.

»Dieser Jaguar - durch den Peter zu spät gekommen ist -, wem hat er gehört?«

»Wir wissen es nicht«, sagte sie. »Das ist wirklich seltsam. Kein Mensch kam, um den Wagen abzuholen; er stand den ganzen Vormittag da. Die Polizei sorgte schließlich dafür, daß er abgeschleppt wurde. Ich weiß, daß sich Peter bei der Polizei erkundigt hatte, wem der Jaguar gehört, weil er dem Besitzer sagen wollte, was ihn das gekostet hatte, aber es hieß, man habe ihn noch nicht gefunden.«

»Wissen Sie zufällig, wo der Wagen jetzt steht?« fragte ich.

»Ich weiß nicht, ob er noch da ist«, meinte sie, »aber er stand vor der großen Garage neben dem Bahnhof Timber-ley. Das ist die einzige Garage in der Umgebung mit einem Abschleppwagen.«

Ich bedankte mich und stand auf. Sie begleitete mich zum Wagen, um sich zu verabschieden. Ich hatte mir die Mühe gemacht, zusammenzurechnen, wieviel Rennen Peter in den letzten Wochen geritten war und wie wenig er verdient hatte. Ich hatte eine große Kiste Lebensmittel mitgebracht, Butter, Eier, Käse und so weiter, dazu eine Anzahl Dosen und außerdem ein paar Gummitiere für das Baby. Ich schleppte die Sachen in den Bungalow und legte sie auf den Küchentisch, ihre überraschten Einwände ignorierend.

Ich lächelte. »Das Zeug ist zu schwer, ich kann’s nicht mehr mitnehmen. Sie werden schon irgend etwas damit anfangen.«

Sie begann zu weinen.

»Kopf hoch«, sagte ich, »es wird schon wieder. Aber finden Sie nicht, daß das Haus für das Baby zu kalt ist? Ich habe irgendwo gelesen, daß jeden Winter durch kalten Luftzug ein paar Babys sterben, auch wenn sie so warm eingewickelt sind wie das Ihre.«

Sie starrte mich entsetzt an, während ihr die Tränen über die Wangen liefen.

»Sie müssen hier ein bißchen einheizen, vor allem nachts, wenn der Kleine hier schläft«, sagte ich.

»Aber ich kann doch nicht«, antwortete sie schluchzend, »die Raten auf das Haus sind so hoch ... wir können uns kein Feuer leisten, höchstens am Abend. Ist das wirklich wahr, daß es für Säuglinge so gefährlich ist?« Sie hatte Angst.

»Ja, durchaus«, sagte ich. Ich nahm einen zugeklebten Briefumschlag aus der Tasche und gab ihn ihr. »Das ist ein Geschenk fürs Baby. Wärme. Kein Vermögen, aber für die Stromrechnung reicht’s schon eine Weile. Kaufen Sie Kohle, wenn Sie wollen. Es wird sicher noch recht kalt werden, und Sie müssen mir versprechen, daß Sie es ausschließlich für die Heizung verwenden.«

»Ich versprech’s«, sagte sie leise.

»Gut.« Ich lächelte sie an, während sie sich die Augen wischte, dann ging ich zum Wagen hinaus und fuhr davon.

Die Garage beim Bahnhof wirkte von vorn äußerst modern und elegant, aber sie war, wie ich bald entdeckte, ein billiges Ziegelgebäude. Der Jaguar stand zwischen einem ausgebrannten Wrack eines Standard 8 und einem Stapel alter Reifen.

Ich ging wieder nach vorn, um mit dem Tankwart zu sprechen, und fragte ihn, ob ich den Wagen kaufen könne.

»Tut mir leid, Sir, geht nicht«, sagte er, ein gutgekleideter Dreißiger mit sauberen Händen.

»Warum nicht?« sagte ich. »Der ist doch bloß noch gut für den Schrotthaufen.«

»Ich kann ihn Ihnen nicht verkaufen, weil ich nicht weiß, wem er gehört«, meinte er bedauernd, »aber«, sein Gesicht hellte sich auf »er steht jetzt schon so lange da, daß er mir vielleicht doch gehört ... Sie wissen schon, wie das so ist, bei Sachen, die nicht abgeholt werden. Ich erkundige mich bei der Polizei.«

Nachdem ich ihn ein bißchen gedrängt hatte, erzählte er mir in allen Einzelheiten, wie der Jaguar den Weg versperrt und seine Firma ihn abgeholt habe.

»Man muß den Fahrer doch gesehen haben, nachdem er den Wagen stehen ließ?« meinte ich.

»Die Polizei glaubt, daß er von einem anderen Wagen mitgenommen worden ist und sich dann gesagt hat, daß es sich nicht lohnt, den Wagen abzuholen. Aber er läuft noch, und gestohlen ist er auch nicht.«

»Wieviel ist er wohl wert?« fragte ich.

»Ihnen«, meinte er freundlich, »würde ich ihn für hundert Pfund geben.«