»Spielwaren?« sagte ich erstaunt.
»Ja«, sagte sie. »Die Ärzte meinten, es wäre besser für ihn, nichts mehr mit Pferden zu tun zu haben, damit er nicht wieder darüber nachbrütet.«
»Wir haben Ihnen viel zu verdanken, Rob«, sagte Grant.
»Dr. Parnell sagte mir«, meinte seine Frau, als sie meine Überraschung bemerkte, »daß Sie durchaus berechtigt gewesen wären, ihn der Polizei zu übergeben, statt ihn hierher zu bringen.«
»Ich hab’ versucht, Sie umzubringen«, sagte Grant verwundert, als könne er nicht mehr verstehen, was er getan hatte. »Ich habe wirklich versucht, Sie umzubringen, wissen Sie.«
»Dr. Parnell meinte, Grant hätte in einer Heilanstalt landen können, wenn Sie anders reagiert hätten.«
Ich sagte verlegen: »Dr. Parnell scheint mir ein bißchen zu viel zu reden.«
»Er machte mir klar«, fuhr sie lächelnd fort, »daß Sie Grant noch eine Chance gegeben haben und ich verpflichtet wäre, das auch zu tun.«
»Macht es Ihnen etwas aus«, sagte ich zu Grant, »wenn ich Sie frage, wie es zu dem Zerwürfnis mit Axminster kam?«
Mrs. Oldfield trat neben ihren Mann. »Fangen Sie bitte nicht wieder davon an«, bat sie besorgt, »das tut ihm nicht gut.«
»Mach dir keine Sorgen, Liebling«, sagte Grant und legte den Arm um ihre Hüften, »fragen Sie.«
»Ich glaube, Sie haben die Wahrheit gesagt, als Sie Ax-minster erklärten, Lubbock, diesem Berufswetter, keine Informationen verkauft zu haben«, meinte ich. »Aber Lubbock bekam Informationen und bezahlte dafür. Die Frage ist, wem hat er das Geld gegeben, wenn er glaubte, es Ihnen zu bezahlen?«
»Sie täuschen sich, Rob«, sagte Grant. »Ich habe damals dauernd darüber nachgedacht und bin sogar bei Lubbock gewesen und hab’ ihm ziemlich deutlich die Meinung gesagt ...«, er lächelte bedrückt. »Lubbock sagte, daß er sich, bevor er James Axminster darauf angesprochen habe, nicht im klaren darüber gewesen sei, von wem er die Informationen kaufte. Er habe angenommen, daß ich es sei, meinte er. Aber er sagte, ich hätte ihm die Tips per Telefon gegeben, und das Geld habe er mir auf den Namen Robinson postlagernd in London überwiesen. Er glaubte mir natürlich nicht, daß ich von der Sache nichts wußte. Er nahm an, daß ich mich nicht ausreichend gedeckt hätte und jetzt versuchen wollte, mich reinzuwaschen.« Seiner Stimme war keine Bitterkeit anzumerken. Der Aufenthalt in der Nervenklinik oder seine Krankheit selbst schienen ihn von Grund auf umgewandelt zu haben.
»Können Sie mir Lubbocks Adresse geben?« fragte ich.
»Er wohnt in Solihull«, erklärte er. »Das Haus würde ich vielleicht wieder erkennen, aber ich weiß nicht, wie die Straße heißt.«
»Ich finde schon hin«, meinte ich.
»Was haben Sie denn davon?« fragte er.
»Wäre es für Sie von Bedeutung, wenn ich beweisen könnte, daß Sie die ganze Zeit die Wahrheit gesagt haben?«
Seine Miene belebte sich. »Na und ob«, sagte er. »Sie können sich nicht vorstellen, was das für ein Gefühl war, die Stellung zu verlieren, obwohl ich nichts getan hatte.«
Ich sagte ihm nicht, daß ich das sehr gut nachfühlen konnte.
»Schön, dann werde ich mein Bestes tun«, meinte ich.
»Aber du fängst nicht wieder mit dem Reiten an?« fragte seine Frau besorgt. »Du fängst nicht wieder von vorne an?«
»Nein, Liebling, mach dir keine Sorgen«, beruhigte er sie. »Es macht mir bestimmt Spaß, Spielzeug zu verkaufen. Wer weiß, vielleicht machen wir uns nächstes Jahr selbständig, sobald ich im Geschäft bin.«
Ich legte die fünfzig Kilometer nach Solihull zurück, suchte Lubbocks Namen im Telefonbuch und rief bei ihm an. Eine Frau meldete sich. Sie sagte, er sei nicht zu Hause, aber wenn ich ihn dringend sprechen müsse, könne ich ihn wahrscheinlich im Queens-Hotel in Birmingham finden, weil der dort zu Mittag esse.
Nachdem ich mich zweimal verirrt hatte, fand ich wie durch ein Wunder vor dem Hotel einen Parkplatz und ging hinein. Ich schrieb auf dem Briefpapier des Hotels einen kleinen Brief, in dem ich Mr. Lubbock, den ich ja nicht einmal vom Sehen kannte, bat, ob er so freundlich sein und mir ein paar Minuten gönnen könne. Ich klebte den Umschlag zu und bat den Empfangschef, Mr. Lubbock den Brief von einem Pagen überbringen zu lassen.
»Er ist erst vor ein paar Minuten mit einem anderen Herrn in den Speisesaal gegangen«, sagte er. »Hier, Dickie, bring das Mr. Lubbock.« Dickie brachte die auf die Rückseite des Briefes gekritzelte Antwort: Mr. Lubbock wollte sich um zwei Uhr fünfzehn mit mir im Foyer treffen.
Mr. Lubbock erwies sich als ein älterer Mann mit rötlichem Schnurrbart und schütterem Haar. Er ließ sich von mir einen großen Kognak und eine dicke Zigarre mit einem Ausdruck so überraschter Ironie spendieren, daß ich nicht im Zweifel sein konnte, daß er normalerweise die Jockeis mit solchen Dingen zu bedenken pflegte, nicht umgekehrt.
»Ich will über Grant Oldfield Bescheid wissen«, begann ich ohne Umschweife.
»Oldfield?« murmelte er, die Zigarre anzündend. »O ja, ich erinnere mich, Oldfield.« Er warf mir einen Blick zu. »Sie ... äh ... Sie arbeiten immer noch für dieselbe Firma, wie? Sie wollen mitmachen? Nun ja, warum nicht. Sie werden an jedem Sieger beteiligt, für den Sie mir einen Tip geben. Fairer geht es nicht.«
»War das auch die Abmachung mit Oldfield?«
»Ja.«
»Haben Sie ihm das Geld persönlich gegeben?«
»Nein«, sagte er. »Aber er hat mich ja auch nicht persönlich darum gebeten. Er machte alles telefonisch aus. Er tat sehr geheimnisvoll, behauptete, er heiße Robinson, bat mich, mit Scheck zu zahlen und ihn jeweils an ein Postamt zu schicken.«
»An welches?« fragte ich.
Er trank einen Schluck und sah mich forschend an.
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Klingt ganz vernünftig«, meinte ich leichthin.
Er hob die Schultern. »Ich kann mich nicht erinnern«, antwortete er. »Es ist doch unwichtig, welches Postamt das war. Irgendwo in einem Londoner Vorort, das weiß ich noch, aber genau kann ich mich nicht entsinnen. NE7? N12? Irgend so etwas.«
»Sie haben darüber keine Unterlagen?«
»Nein«, sagte er entschieden. »Warum fragen Sie Oldfield nicht selbst, wenn Sie das wissen müssen.«
Ich seufzte. »Wie oft hat er Ihnen Tips gegeben?« fragte ich.
»Er hat mir insgesamt fünf Pferde genannt, glaube ich; drei davon gewannen, und ich habe ihm dann jeweils das Geld geschickt.«
»Sie wußten nicht, daß es Oldfield war, der Ihnen die Tips gab, nicht wahr?« fragte ich.
»Das kommt darauf an, was Sie mit >wissen< meinen«, sagte er.
»Ich war mir ziemlich sicher. Wer sollte es sonst gewesen sein? Aber genau, >wußte< ich es nicht. Axminster sagte, >ich habe gehört, daß Sie von meinem Jockei Tips bekommene Und ich gab es zu.«
»Sie haben vorher also niemandem erzählt, daß Oldfield Ihnen Informationen gab?«
»Natürlich nicht.«
»Keinem Menschen?«
»Nein, selbstverständlich nicht.« Er starrte mich durchdringend an. »So etwas plaudert man nicht aus, in meiner Branche nicht. Vor allem dann nicht, wenn man nicht hundertprozentig Bescheid weiß. Was soll denn das alles?«
»Nun ...«:, sagte ich, »es tut mir sehr leid, daß ich Sie getäuscht habe, Mr. Lubbock, aber ich will mit solchen Dingen nichts zu tun haben. Ich bemühe mich nur, Grant aus dem Schlamassel zu helfen.«
Zu meiner Überraschung lachte er.
»Wissen Sie«, sagte er, »wenn Sie mitgemacht hätten, wäre ich recht vorsichtig gewesen. Mit manchen Jockeis kommt man zu Rande, mit anderen nicht. Und in meinem Beruf bekommt man einen Instinkt für so etwas. Sie ...« Er wies mit der Zigarre auf mich, »sind nicht der Typ.« »Danke«, murmelte ich.