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Schwarzmoor hatte für seinen Titel wenigstens gekämpft. Diesem Jungen – er hielt ihn für einen Jungen, obwohl Langstein älter als Arthas mit seinen siebzehn Jahren war – war hingegen alles auf dem Silbertablett serviert worden.

So wie mir, überlegte er. Doch er wusste auch, welche Opfer von einem König verlangt wurden. Langstein wirkte, als würde er sich im Leben niemals etwas verweigern. So wie jetzt, als er sich das erlesenste Fleisch, das raffinierteste Gebäck und mehr als nur ein Glas Wein gönnte, um das alles herunterzuspülen. Schwarzmoor dagegen aß sparsam, obwohl er mehr Alkohol als Langstein trank.

Arthas’ Abneigung gegen die beiden verstärkte sich, als eine Dienerin eintrat und Schwarzmoor besitzergreifend seinen Arm um sie legte. Das blonde Mädchen war schlicht gekleidet und besaß ein Gesicht, das keinerlei Kosmetik brauchte, um schön zu wirken. Sie lächelte, als würde es ihr gefallen. Doch Arthas bemerkte ein Aufblitzen von Traurigkeit in ihren blauen Augen.

»Das ist Taretha Foxton«, sagte Schwarzmoor, wobei eine Hand weiter den Arm des Mädchens berührte, während sie die Teller einsammelte. »Die Tochter meines persönlichen Dieners Tammis, den Ihr bestimmt später noch kennenlernen werdet.«

Arthas schenkte dem Mädchen sein gewinnendstes Lächeln. Sie erinnerte ihn ein wenig an Jaina – ihr Haar wurde von der Sonne zum Leuchten gebracht, ihre Haut war gebräunt. Sie lächelte flüchtig zurück. Dann blickte sie ernst zur Seite, während sie die Teller aufnahm, und machte einen kurzen Knicks, bevor sie ging.

»So eine habt Ihr bald auch, mein Freund«, sagte Schwarzmoor und lachte. Es dauerte einen Moment, bis Arthas verstand, was er meinte, dann blinzelte er erschrocken. Die beiden Männer lachten lauter und Schwarzmoor hob sein Glas zu einem Trinkspruch.

»Auf die blonden Mädchen«, sagte er mit schwankender Stimme. Arthas schaute Taretha an, dachte an Jaina und zwang sich, den anderen zuzuprosten.

Eine Stunde später hatte Arthas Taretha Foxton und seine Empörung vergessen. Seine Stimme war heiser vom Schreien, seine Hände schmerzten vom Klatschen und er amüsierte sich königlich.

Zuerst hatte er sich ein wenig unbehaglich gefühlt. Die ersten paar Kämpfer waren einfache Tiere gewesen, die gegeneinander antraten. Sie kämpften eigentlich grundlos bis zum Tod, nur zur Freude der Zuschauer. »Wie werden sie vor den Kämpfen behandelt?«, hatte Arthas gefragt. Er liebte Tiere, es missfiel ihm, mit anzusehen, wie sie derart benutzt wurden.

Langstein hatte den Mund geöffnet, doch Schwarzmoor ließ ihn mit einer schnellen Geste verstummen. Er hatte gelacht, sich auf seiner Liege zurückgelehnt und ein paar Trauben gegessen. »Nun, wir wollen natürlich, dass sie auf dem Gipfel ihrer Kampfkraft stehen«, hatte er gesagt. »Also werden sie gefangen und recht gut behandelt. Und wie Ihr sehen könnt, geht eine Runde schnell vorbei. Wenn ein Tier überlebt und nicht mehr kampffähig ist, schlachten wir es ganz barmherzig.«

Arthas hoffte, dass der Mann ihn nicht angelogen hatte. Ein unangenehmes Gefühl im Magen sagte ihm, dass Schwarzmoor vielleicht doch log, aber er ignorierte es. Das Gefühl verschwand, als die Kämpfe Mensch gegen Tier begannen. Während er gebannt zusah, sagte Schwarzmoor: »Die Männer werden gut bezahlt. Sie sind sogar kleine Berühmtheiten.«

Das galt aber nicht für den Orc. Und Arthas wusste und billigte es. Darauf hatte er gewartet – auf die Gelegenheit, Schwarzmoors Orc zu sehen, der als Kind gefunden und zum Kämpfer erzogen worden war.

Er wurde nicht enttäuscht. Offensichtlich hatte alles bisher Dagewesene nur zum Anheizen der Massen gedient. Als sich die Türen öffneten und eine große grüne Gestalt vortrat, sprangen alle auf und brüllten.

Überrascht stellte Arthas fest, dass er keine Ausnahme bildete.

Thrall war riesig und er erschien sogar noch größer, weil er offensichtlich so viel gesünder und kampfbereiter war als all seine Artgenossen, die Arthas im Lager gesehen hatte. Er trug nur wenig Rüstung und keinen Helm. Die grüne Haut spannte sich über seinen Muskeln. Er stand auch aufrechter als die anderen. Der Jubel war ohrenbetäubend. Thrall ging im Ring herum, hob seine Fäuste und wandte sein hässliches Gesicht nach oben, als er mit Rosenblättern überworfen wurde, die normalerweise für Feiertage reserviert waren.

»Das habe ich ihm beigebracht«, sagte Schwarzmoor stolz. »Es ist eine merkwürdige Sache, wirklich. Die Menge jubelt ihm zu, dennoch hofft sie jedes Mal, dass er besiegt wird.«

»Hat er je einen Kampf verloren?«

»Niemals, Euer Hoheit. Das wird er auch nicht. Dennoch hoffen die Leute darauf und das Geld fließt weiter.«

Arthas sah ihn an. »Solange die Staatskasse ihren korrekten Anteil davon bekommt, Generalleutnant, wird Euch gestattet, mit den Spielen fortzufahren.« Er wandte sich wieder dem Orc zu und beobachtete, wie er seine Runde beendete. »Er… ist doch völlig unter Kontrolle, oder?«

»Absolut«, sagte Schwarzmoor schnell. »Er ist unter Menschen aufgewachsen und ihm wurde beigebracht, uns zu fürchten und zu respektieren.«

Als hätte er die Bemerkung gehört, was über das donnernde Gebrüll der Masse nicht möglich war, wandte sich Thrall der Stelle zu, wo Arthas, Schwarzmoor und Langstein saßen. Er schlug zum Gruß vor seine Brust und verneigte sich dann tief.

»Seht Ihr? Ganz meine Kreatur«, sagte Schwarzmoor. Er erhob sich und gab mit einer Flagge ein Zeichen. Auf der gegenüberliegenden Seite beantwortete ein kräftig gebauter rothaariger Mann das Signal mit einer anderen Fahne.

Thrall wandte sich dem Tor zu und umfasste die schwere Kriegsaxt, die in dieser Runde seine Waffe war.

Die Wachen begannen damit, das Tor anzuheben. Doch noch bevor es ganz geöffnet war, stürmte ein Bär vor, der genauso groß war wie Invincible. Seine Nackenhaare waren gesträubt und er schoss genau auf Thrall zu, als wäre er aus einer Kanone abgefeuert worden. Sein Knurren war selbst über das Brüllen der Menge zu hören.

Thrall blieb ungerührt stehen, trat erst im letzten Moment zur Seite und schlug mit der gewaltigen Axt zu, als würde sie nichts wiegen. Sie riss eine große Wunde in die Flanke des Bären. Das Tier brüllte vor Schmerzen, wirbelte herum und verspritzte Blut. Erneut blieb der Orc stehen, lauerte auf den Ballen seiner Füße, bis er sich mit einer Geschwindigkeit bewegte, die seine Größe Lügen strafte. Er traf den Bären frontal, verhöhnte ihn mit seiner gutturalen Stimme, die perfekt die Umgangssprache beherrschte, und schlug mit der Axt zu. Der Kopf des Bären wurde fast abgetrennt, doch er lief noch ein paar Augenblicke weiter, bevor er als zuckendes Bündel zusammenbrach.

Thrall warf den Kopf zurück und brüllte seinen Sieg hinaus. Die Menge raste. Arthas verfolgte alles sprachlos.

Soweit er es beurteilen konnte, hatte der Orc nicht einen Kratzer abbekommen. Der brutale Krieger war nicht einmal außer Atem.

»Das war nur die Eröffnung«, sagte Schwarzmoor und lächelte angesichts Arthas’ Reaktion. »Als Nächstes werden ihn drei Menschen angreifen. Er ist zudem dadurch eingeschränkt, dass er sie nicht töten darf, sondern nur besiegen. Das wird eher ein taktischer Kampf als eine rohe Metzelei. Doch ich bin stolz, dass ich erleben konnte, wie er einen Bären mit einem Schlag enthauptete.«

Drei menschliche Gladiatoren, allesamt große, muskelbepackte Männer, kamen in die Arena und grüßten ihren Gegner und die Zuschauer. Arthas bemerkte, wie Thrall sie abschätzte, und fragte sich, ob es wirklich eine schlaue Idee von Schwarzmoor war, ihn zu so einem herausragenden Kämpfer auszubilden. Wenn Thrall jemals floh, konnte er diese Fähigkeiten anderen Orcs vermitteln. Es war möglich, trotz der erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Wenn Orgrim Schicksalshammer aus der Unterstadt entkommen war, die mitten im Herzen des Palastes lag, dann konnte Thrall auch aus Durnholde fliehen.