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Sie lächelte ihn an. »Das stimmt. Und ich würde gern eines Tages dorthin reisen. Doch im Augenblick schreiten meine Studien am besten hier voran.« Ihr Lächeln vertiefte sich. »Wo die Leute wissen, was zu tun ist, wenn ich mal wieder Bücher in Brand setze.«

Er lachte darüber, doch dann seufzte er traurig: »Vielleicht habt Ihr recht. Und nun, wenn Ihr mich entschuldigen würdet…« Er warf ihr ein schiefes Grinsen zu. »Erzmagier Antonidas verlangt einen Bericht über meine Zeit in Silbermond. Dennoch würde ich mich sehr über weitere Demonstrationen Eurer Ausbildungsfortschritte freuen… und gern mehr Zeit mit Euch verbringen.«

Kael’thas legte eine Hand auf sein Herz und verneigte sich. Jaina wusste nicht, wie sie reagieren sollte, und machte einen Knicks. Er bewegte sich wie das Sonnenlicht durch den Garten. Den Kopf hoch erhoben, jeder Zoll von ihm strahlte Selbstsicherheit und Anmut aus. Selbst der Schmutz schien nicht gewillt zu sein, seine Stiefel oder Gewänder zu besudeln.

Jaina aß den letzten Bissen vom Apfel, dann warf auch sie den Rest weg. Das Eichhörnchen, das sie zuvor verwandelt hatte, huschte kopfüber den Baumstamm hinab, um sich eine Beute zu sichern, die greifbarer war als der Apfel, der immer noch am Baum hing.

Zwei Hände bedeckten plötzlich ihre Augen.

Sie erschreckte sich, doch der Schrecken war nur von kurzer Dauer. Niemand, der eine Bedrohung darstellte, wäre in der Lage, die mächtigen Zauber zu überwinden, die die Stadt der Magier umgaben.

»Wer bin ich?«, flüsterte eine männliche Stimme, in der ein Hauch von Fröhlichkeit mitschwang. Jaina dachte mit zugehaltenen Augen nach und kämpfte gegen ein Lächeln an.

»Hm… Eure Hände sind schwielig, nicht die eines Zauberers«, sagte sie. »Ihr riecht nach Pferd und Leder…« Ihre eigenen kleinen Hände fuhren sanft über starke Finger und berührten einen großen Ring. Sie spürte einen Stein, die Form war… das Siegel von Lordaeron.

»Arthas!«, rief sie, Überraschung und Entzücken in der Stimme, als sie sich zu ihm umwandte. Er zog die Hände zurück und lächelte sie an. Er war körperlich nicht so vollkommen wie Kael’thas. Sein Haar war wie das des Elfenprinzen blond. Doch es war von einem einfacheren Gelb und wirkte nicht wie gesponnenes Gold. Er war groß, gut gebaut und wirkte eher kräftig als anmutig. Und trotz der Tatsache, dass er denselben Rang wie Kael’thas besaß, war eine Leichtigkeit an ihm, auf die Jaina augenblicklich reagierte. Außerdem vermutete sie, dass Kael’thas Arthas keineswegs als gleichrangig betrachtete. Die Elfen schienen sich allen Menschen überlegen zu fühlen, ganz gleich, welchen Rang sie bekleideten.

Dann erinnerte sie sich an die Regeln des Anstands und sie machte einen Knicks. »Euer Hoheit, welch unerwartete Überraschung. Was macht Ihr hier, wenn ich fragen darf?« Ein plötzlicher Gedanke durchzuckte sie. »Es ist doch alles in Ordnung in der Hauptstadt, oder?«

»Nenn mich bitte einfach Arthas. In Dalaran herrschen die Magier und einfache Männer müssen dem Respekt zollen.« Seine meergrünen Augen leuchteten vor gutmütigem Spott. »Und wir sind schließlich Leidensgenossen, nachdem wir zusammen weggeschlichen sind, um uns das Internierungslager anzusehen, oder?«

Sie entspannte sich und lächelte: »Ich glaube, das sind wir.«

»Als Antwort auf deine Frage: Alles ist in Ordnung. Es ist sogar so wenig los, dass mein Vater mir erlaubt hat, zwei Monate hier zu lernen.«

»Lernen? Aber – du bist ein Mitglied des Ordens der Silbernen Hand. Du willst doch kein Magier werden, oder?«

Er lachte und hakte ihren Arm bei sich unter, als sie gemeinsam zu den Schülerunterkünften zurückgingen. Sie hielt leicht Schritt mit ihm.

»Kaum. Solch intellektuelle Hingabe liegt mir nicht, fürchte ich. Aber mir ist aufgefallen, dass einer der besten Orte, um sich mit der Geschichte Azeroths vertraut zu machen, die Natur der Magie zu verstehen und einige andere Dinge, die ein König wissen muss, zu erlernen, hier in Dalaran ist. Glücklicherweise hat Vater und euer Erzmagier zugestimmt.«

Während er sprach, bedeckte er Jainas Hand, die auf seinem Arm lag, mit seiner eigenen. Es war eine freundliche und höfliche Geste, doch Jaina spürte, wie ein kleiner Funke auf sie übersprang. Sie blickte zu ihm auf. »Ich bin beeindruckt. Der Junge, der mit mir mitten in der Nacht zu den Orcs geschlichen ist, war nicht so sehr an Geschichte und Wissen interessiert.«

Arthas lachte und neigte den Kopf verschwörerisch hinab zu ihrem. »Soll ich ehrlich sein? Ich bin es noch immer nicht. Ich meine, ich bin es, doch das ist nicht der wahre Grund, aus dem ich hier bin.«

»In Ordnung, jetzt bin ich verwirrt. Warum bist du denn nach Dalaran gekommen?« Sie hatten die Unterkünfte erreicht. Jaina blieb stehen, wandte Arthas ihr Gesicht zu und ließ seinen Arm los.

Zuerst antwortete er nicht, hielt nur ihrem Blick stand und lächelte wissend. Dann nahm er ihre Hand und küsste sie – eine höfische Geste, eine, die sie schon oft bei adeligen Herren erlebt hatte. Seine Lippen verweilten nur einen Augenblick länger, als es erlaubt war, und er ließ die Hand nicht sofort los.

Ihre Augen weiteten sich. Was sollte das bedeuten… hatte er wirklich diesen Plan entworfen, ein paar Monate nach Dalaran zu kommen – was im Übrigen eine beachtliche Leistung war, denn Antonidas war Außenstehenden gegenüber sehr misstrauisch –, nur… um sie zu treffen? Bevor sie sich genug gesammelt hatte, um ihn danach zu fragen, winkte er ihr zu und verneigte sich.

»Ich sehe Euch heute Abend beim Essen, Milady.«

Das Abendessen war sehr förmlich. Die Rückkehr von Prinz Kael’thas und die Ankunft von Prinz Arthas am selben Tag hatte die Dienerschaft der Kirin Tor zu hektischer Aktivität gedrängt. Es gab einen großen Speisesaal, der für solche Gelegenheiten vorgesehen war, und hier wurde auch das Abendessen serviert.

Ein Tisch, groß genug, dass zwei Dutzend Leute daran Platz landen, erstreckte sich von einer Seite des Raumes zur anderen. An der Decke hingen drei Kronleuchter, die mit hell brennenden Kerzen bestückt waren. Dazu standen auch noch mehrere Lichter auf dem Tisch. In den Wandleuchtern steckten Fackeln, und um die Atmosphäre angenehm zu halten, schwebten zusätzlich mehrere Kugeln an den Seiten des Raums, bereit dazu, herbeigerufen zu werden, wenn zusätzliches Licht benötigt wurde.

Die Diener kamen, außer zum Abräumen, selten herein. Die Weinflaschen schenkten selbstständig auf das Schnippen eines Fingers hin nach. Flöte, Harfe und Laute spielten etwas Hintergrundmusik. Ihre anmutigen Töne entsprangen reiner Magie statt menschlicher Hände oder Atemluft.

Erzmagier Antonidas saß der Tafel vor, was selten vorkam. Er war groß und wirkte noch größer, weil er so extrem dünn war. Sein langer Bart war mittlerweile eher grau als braun und auf dem Schädel war er völlig kahl. Doch seine Augen waren wach und stechend. Auch Erzmagier Krasus war anwesend, aufrecht und aufmerksam. Der Kerzenschein spiegelte sich auf seinem Haar und ließ es silbern wirken, mit roten und schwarzen Strähnen darin. Es waren noch viele andere Personen anwesend, alle von hohem Rang. Jaina hatte mit Abstand die niedrigste Stellung inne, doch sie war die Schülerin des Erzmagiers.

Jaina kam aus einem militärischen Haushalt und eins der Dinge, die ihr Vater ihr beigebracht hatte, war das Verständnis für Stärken und Schwächen. »Es ist genauso ein großer Fehler, sich selbst zu unterschätzen, wie sich zu überschätzen«, hatte Daelin ihr einst gesagt. »Falsche Bescheidenheit ist genauso schlimm wie falscher Stolz. Du musst zu jedem Zeitpunkt genau wissen, was du kannst, und danach handeln. Alles andere ist Torheit – und kann im Gefecht tödlich sein.«

Sie wusste, dass sie geschickt im Umgang mit den magischen Künsten war. Sie war intelligent und zielstrebig und hatte in der kurzen Zeit, die sie hier war, viel gelernt. Sicherlich nahm Antonidas keine Schüler aus Mildtätigkeit an. Und es war kein falscher Stolz, vor dem ihr Vater sie so gewarnt hatte, der sie annehmen ließ, dass sie eine mächtige Magierin werden konnte. Sie wollte aus eigener Kraft Verdienste erwerben und nicht vorankommen, weil ein Elfenprinz ihre Gesellschaft schätzte. Jaina bemühte sich, damit man ihr die Irritation nicht ansah, als sie einen weiteren Löffel Schildkrötensuppe aß.