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Die Unterhaltung drehte sich um die Orcs, was wenig verwunderlich war, denn die Internierungslager lagen nah bei Dalaran. Außerdem glaubte man in der Magierstadt gern, über solchen Dingen zu stehen.

Kael griff mit seiner langen, eleganten Hand nach einer weiteren Brotscheibe und bestrich sie mit Butter. »Lethargie oder nicht«, sagte er, »sie sind gefährlich.«

»Mein Vater, König Terenas, sieht das genauso, Prinz Kael’thas«, sagte Arthas und lächelte den Elfen charmant an. »Deshalb gibt es die Lager ja. Es ist nur schade, dass sie so viel Unterhalt kosten. Doch sicherlich ist ein wenig Gold ein geringer Preis für die Sicherheit der Menschen von Azeroth.«

»Es sind brutale Tiere«, sagte Kael’thas. Seine übliche Tenorstimme kippte vor Ekel über. »Die Orcs und ihre Drachen haben Quel’Thalas übel zugerichtet. Nur die Energie des Sonnenbrunnens hielt sie davon ab, mehr Schaden anzurichten. Ihr Menschen könntet das Problem lösen und gleichzeitig eure Leute schützen, ohne sie so hoch besteuern zu müssen, indem ihr diese Kreaturen einfach tötet.«

Jaina erinnerte sich an den flüchtigen Eindruck, den sie von den Orcs erhalten hatte. Sie hatten müde ausgesehen, gebrochen und entmutigt. Und sie hatten Kinder.

»Wart Ihr schon in den Lagern, Prinz Kael’thas?«, fragte sie spitzzüngig und redete weiter, bevor sie sich selbst daran hindern konnte. »Habt Ihr tatsächlich gesehen, was aus ihnen geworden ist?«

Einen Augenblick lang erröteten Kael’thas Wangen, doch er behielt seinen gleichmütigen Gesichtsausdruck. »Nein, Lady Jaina, das habe ich nicht. Ich sehe auch keinen Grund dazu. Ich weiß, was sie getan haben. Das sehe ich jedes Mal, wenn ich die verbrannten Stämme der herrlichen Bäume in meiner Heimat betrachte und meinen Respekt denen zolle, die bei diesem Angriff getötet wurden. Und sicherlich habt Ihr auch noch keinen Orc selbst gesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine kultivierte Dame wie Ihr sich durch die Lager hat führen lassen.«

Jaina bemühte sich, nicht zu Arthas zu blicken, als sie antwortete: »Auch wenn Euer Hoheit mir ein schönes Kompliment gemacht hat, glaube ich nicht, dass Kultiviertheit irgendetwas damit zu tun hat, ob man sich für Gerechtigkeit interessiert. Ich glaube viel eher, dass ein kultivierter Mensch nicht will, dass empfindsame Wesen wie Tiere abgeschlachtet werden.« Sie lächelte ihn freundlich an und fuhr fort, ihre Suppe zu essen.

Kael’thas warf ihr einen prüfenden Blick zu, verwirrt von ihrer Reaktion.

»Das hat Lordaeron zu entscheiden und König Terenas kann tun, was er in seinem Königreich für richtig hält«, fiel Antonidas ein.

»Dalaran und alle anderen Königreiche der Allianz müssen für ihren Unterhalt aufkommen«, sagte ein Magier, den Jaina nicht kannte. »Sicherlich haben wir in dieser Sache auch ein Wörtchen mitzureden, wenn wir schon dafür zahlen.«

Antonidas winkte mit der knochigen Hand ab. »Es geht doch nicht darum, wer für die Lager zahlt oder ob sie nötig sind. Es ist diese merkwürdige Lethargie der Orcs, die mich interessiert. Ich habe das wenige, was wir von der Geschichte der Orcs wissen, recherchiert und glaube nicht, dass ihre Befindlichkeit mit der Gefangenschaft zu tun hat. Ich glaube auch nicht, dass es eine Krankheit ist – zumindest keine, mit der wir uns anstecken könnten.«

Weil Antonidas sich niemals müßigem Geplauder hingab, verstummte das Streitgespräch sofort und jeder hörte ihm zu. Jaina war überrascht. Es war das erste Mal, dass sie von einem Magier etwas über die Lage der Orcs gehört hatte. Sie hatte keine Zweifel, dass Antonidas diese Information bewusst gerade jetzt preisgab. Weil Arthas und Kael’thas anwesend waren, würde sich die Nachricht schnell über Lordaeron und Quel’Thalas ausbreiten. Antonidas tat nichts unbedacht.

»Wenn es keine Krankheit ist und auch nichts mit der Gefangenschaft zu tun hat«, sagte Arthas freundlich, »was ist es denn dann, Erzmagier?«

Antonidas wandte sich an den jungen Prinzen. »Ich glaube, dass die Orcs nicht immer so blutrünstig waren. Khadgar berichtete mir, was er von Garona erfahren hat, die…«

»Garona ist das Halbblut, das König Liane ermordet hat«, sagte Arthas, jede Spur von Gutmütigkeit war verschwunden. »Bei allem Respekt, ich glaube nicht, dass wir einer solchen Kreatur trauen können.«

Antonidas hob beschwichtigend die Hand, als einige der anderen Zustimmung zu signalisieren begannen. »Diese Information erhielten wir, bevor sie zur Verräterin wurde«, sagte er. »Und sie wurde mittlerweile bestätigt – von anderen Quellen.« Er lächelte ein wenig und weigerte sich geflissentlich zu sagen, welche »anderen Quellen« er zurate gezogen hatte. »Sie gaben sich einem dämonischen Einfluss hin. Ihre Haut wurde grün, ihre Augen färbten sich rot. Ich glaube, sie wurden zur Zeit der ersten Invasion von einer Finsternis, die von außen kam, durchdrungen. Jetzt sind sie von dieser Quelle abgeschnitten. Vermutlich erleben wir hier keine Krankheit, sondern die Folgen eines Entzugs. Dämonische Energie ist eine mächtige Sache. Wenn sie einem verweigert wird, kann das schlimme Konsequenzen haben.«

Kael’thas winkte ab. »Selbst wenn diese Theorie stimmt, warum sollten wir uns um sie kümmern? Die Orcs waren dumm genug, Dämonen zu vertrauen. Sie waren gedankenlos genug, nach diesen korrumpierenden Energien süchtig zu werden. Ich jedenfalls glaube nicht, dass es klug wäre, ihnen ein ,Heilmittel’ für diese Sucht anzubieten, selbst wenn es sie friedlich machen würde. Momentan sind sie machtlos und gebrochen. So sind sie mir – und jedem Mann rechten Geistes – am liebsten, nach allem, was sie uns angetan haben.«

»Aber wenn wir sie wieder friedlich machen könnten, dann müssten wir sie nicht in Lagern einsperren und das Geld könnte für etwas anderes verwendet werden«, sagte Antonidas sanft, bevor am Tisch eine ausschweifende Diskussion entbrennen konnte. »Ich bin mir sicher, dass König Terenas diese Steuern nicht eintreibt, um sich selbst die Taschen zu füllen. Wie geht es übrigens Eurem Vater, Prinz Arthas? Und Eurer Familie? Es tut mir leid, dass ich nicht bei Eurer Aufnahmezeremonie dabei sein konnte, aber ich habe gehört, dass es eine große Feier war.«

»Sturmwind war sehr großzügig zu mir«, sagte Arthas, lächelte warm und nahm sich eine zweite Portion der köstlichen Forelle mit gebratenem Gemüse. »Es war schön, König Varian wiederzutreffen.«

»Seine reizende Königin hat ihm gerade einen Erben geschenkt, wie ich höre.«

»Das stimmt. Und wenn die Art, wie der kleine Anduin meinen Finger gepackt hat, ein Hinweis darauf ist, wie er eines Tages das Schwert führt, dann wird er ein guter Krieger.«

»Während wir alle dafür beten, dass der Tag Eurer Krönung noch lange hin sein mag, darf ich doch sagen, dass uns eine königliche Hochzeit sehr willkommen wäre«, fuhr Antonidas fort. »Habt Ihr schon eine junge Dame ins Auge gefasst oder seid Ihr immer noch Lordaerons begehrtester Schwiegersohn?«

Kael’thas wandte seine Aufmerksamkeit dem Teller vor sich zu, doch Jaina wusste, dass er dem Gespräch interessiert folgte. Sie selbst bemühte sich, gelassen zu wirken.

Arthas blickte nicht zu ihr, als er lachte und nach dem Wein griff. »Ah, das wäre mal eine Neuigkeit, oder? Doch wo wäre da der Spaß? Für solche Dinge ist noch viel Zeit.«

Gemischte Gefühle überkamen Jaina. Sie war ein wenig enttäuscht, doch gleichzeitig auch erleichtert. Vielleicht war es das Beste, wenn sie und Arthas einfach Freunde blieben. Immerhin war sie hierhergekommen, um die beste Magierin zu werden und nicht, um zu turteln. Ein Schüler der Magie brauchte Disziplin, musste logisch handeln, nicht emotional. Sie hatte Pflichten und musste sie mit voller Aufmerksamkeit erfüllen.