Выбрать главу

Er wollte etwas Oberflächliches sagen, doch er wusste, was sie wirklich wissen wollte. Er konnte sich nicht vorstellen, bereiter zu sein, um dieses Mädchen noch mehr in sein Herz zu schließen. Er hatte die liebliche Taretha zurückgewiesen und das war nicht die erste Frau gewesen, zu der er Nein gesagt hatte. Jaina, so wusste er, war noch unerfahrener in solchen Dingen als er.

»Ich bin es, wenn du es bist«, flüsterte er rau, und als er sich hinabbeugte, um sie erneut zu küssen, bemerkte er die vertraute Furche der Sorge auf ihrer Stirn. Ich werde sie wegküssen, schwor er sich und legte sich zu ihr aufs Bett. Ich werde alles, was dir jemals Sorgen bereiten sollte, für immer verjagen.

Später, als der Strohmann schließlich heruntergebrannt und das einzige Licht auf Jainas schlafendem Körper der kalte blauweiße Mondschein war, lag Arthas immer noch wach, ließ seine Finger über ihren Körper gleiten und fragte sich, wohin das alles führen würde. In diesem Moment reichte es ihm, einfach nur er selbst zu sein.

Er hatte keinen Ast ins Feuer des Strohmanns geworfen, weil er nichts loswerden wollte. Das wollte er auch jetzt nicht, überlegte er und beugte sich vor, um sie zu küssen. Jaina erwachte mit einem wohligen Seufzer und griff nach ihm.

»Niemand kann dir irgendetwas verwehren«, murmelte sie und wiederholte damit die Worte, die sie ihm am Tag ihres ersten Kusses gesagt hatte, »am wenigsten ich.«

Er zog sie zu sich heran, eine plötzliche Kälte überkam ihn, obwohl er nicht wusste, warum. »Weise mich nicht zurück. Weise mich niemals zurück. Bitte.«

Sie sah zu ihm auf und ihre Augen glitzerten im kalten Mondlicht. »Das würde ich niemals tun, Arthas. Niemals.«

8

Der Palast war noch nie zum Winterhauchfest so festlich geschmückt gewesen wie in diesem Jahr. Muradin, stets ein vorbildlicher Botschafter seines Volkes, hatte diese Zwergentradition mit nach Lordaeron gebracht. Über die Jahre war sie populärer geworden und in diesem Jahr schien den Menschen das Fest wirklich am Herzen zu liegen.

Die festliche Atmosphäre war bereits ein paar Wochen früher entstanden, als Jaina sie mit ihrer bühnenreifen Show bei der Entzündung des Strohmanns entzückt hatte. Ihr war erlaubt worden, den Winter über zu bleiben, obwohl Dalaran nicht weit entfernt war für jemanden, der teleportieren konnte. Etwas hatte sich verändert und es war genauso subtil wie tiefgründig. Jaina Prachtmeer war mehr als die Tochter des Herrschers von Kul Tiras, war mehr als eine Freundin.

Sie wurde als Mitglied der königlichen Familie betrachtet.

Arthas fiel diese Veränderung zuerst auf, als seine Mutter sowohl Jaina als auch Calia mitnahm, um sie für den Ball des Winterhauchfests auszustatten. Nie zuvor hatte Lianne mit irgendwelchen Besuchern ihre Kleider oder die ihrer Tochter abgestimmt.

Auch Terenas wollte jetzt häufig, dass Jaina ihn und Arthas begleitete, wenn sie den Bitten des Volkes lauschten. Sie saß zur Linken des Königs, Arthas zu seiner Rechten, in einer Position, die fast der seines eigenen Sohnes gleichgestellt war.

Arthas nahm an, dass es die logische Konsequenz war. Oder nicht? Er erinnerte sich der Worte, die er vor einigen Jahren zu Calia gesprochen hatte. »Wir alle haben unsere Pflichten, glaube ich. Du musst heiraten, wen Vater dir aussucht, und ich muss mich im Interesse des Königreichs vermählen.«

Jaina würde gut für das Königreich sein. Und sie würde, so dachte er, auch gut für ihn sein.

Warum fühlte er sich bei dem Gedanken dann aber so unwohl?

In der Nacht vor dem Winterhauchfest fiel frischer Schnee. Arthas schaute aus dem großen Fenster zum Lordamere-See hinaus, der nun gefroren war. Seit dem Morgengrauen hatte es geschneit und erst vor einer Stunde aufgehört. Der Himmel war wie schwarzer Samt, die Sterne wie eisige Diamanten gegen die sanfte Dunkelheit, still und magisch.

Eine weiche Hand umfasste seine. »Schön, nicht wahr?«, sagte Jaina leise. Arthas nickte, ohne sie anzusehen. »Jede Menge Munition.«

»Was?«

»Munition«, wiederholte Jaina. »Für Schneeballschlachten.«

Er wandte sich schließlich zu ihr um und ihm stockte der Atem. Er hatte die Ballkleider, die sie, Calia und seine Mutter an diesem Abend beim Bankett trugen, noch nicht gesehen und nun war er von ihrer Schönheit wie gebannt. Jaina Prachtmeer sah aus wie eine Schneekönigin. Angefangen bei den Schuhen, die wirkten, als bestünden sie aus Eis, über das weiße Kleid, das durchwirkt war von einem Blau wie das des Palastes, bis hin zum silbernen Stirnreif, der die Wärme des Fackelscheins einfing. Sie war hinreißend schön. Doch sie war keine Eiskönigin, keine Statue, sie war warm, weich und lebendig. Ihr goldenes Haar floss über ihre Schultern, ihre Wangen waren rot unter ihrem hinreißenden Blick, ihre blauen Augen strahlten vor Glück.

»Du bist wie… eine weiße Kerze«, sagte er. »Ganz weiß und golden.« Er griff nach einer ihrer Haarlocken und wickelte sie sich um den Finger.

Sie lachte. »Ja«, sagte sie und fasste nach seinen eigenen blonden Haaren. »Unsere Kinder werden aller Wahrscheinlichkeit nach auch blond werden.«

Er erstarrte.

»Jaina… bist du…«

Sie lachte. »Nein. Noch nicht. Doch es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass wir keine Kinder haben werden.«

Kinder. Wieder dieses Wort, das ihn schockierte und ihn seltsam bedrängte. Sie redete von den Kindern, die sie haben würden. Sein Geist raste in die Zukunft, eine Zukunft mit Jaina als seiner Frau, ihren Kindern im Palast, ihren Eltern verstorben, ihm auf dem Thron, die Last der Krone auf seinem Haupt. Ein Teil von ihm wollte das unbedingt. Er-liebte es, Jaina bei sich zu haben, liebte es, sie nachts in seinen Armen zu halten, liebte den Geschmack und Geruch von ihr, liebte ihr Lachen, so rein wie eine Glocke und so süß wie der Duft von Rosen.

Er liebte…

Was, wenn er es verdarb?

Denn plötzlich fiel ihm in diesem Moment auf, dass alles bislang ein Kinderspiel gewesen war. Er hatte Jaina als Kameradin gesehen, so wie sie es seit seiner Kindheit gewesen war, nur dass ihre Spiele miteinander inzwischen erwachsener geworden waren. Doch etwas in ihm hatte sich verändert. Was, wenn es wirklich echt war? Was, wenn er sie wirklich liebte und sie ihn? Was, wenn er ein schlechter Ehemann war, ein schlechter König – was, wenn…

»Ich bin noch nicht bereit«, stieß er hervor.

Ihre Stirn legte sich in Falten. »Nun, wir müssen ja nicht sofort Kinder haben.« Sie drückte seine Hand in einer ganz offensichtlichen Geste der Beruhigung.

Arthas ließ ihre Hand plötzlich los und trat zurück. Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich vor Verwirrung.

»Arthas? Was stimmt denn nicht?«

»Jaina – wir sind noch zu jung«, sagte er. Er sprach schnell, seine Stimme hob sich leicht. »Ich bin zu jung. Es ist immer noch… Ich kann nicht. Ich bin nicht bereit.«

Sie erbleichte. »Du bist nicht…? Ich dachte -«

Schuld überkam ihn. Sie hatte ihn das in der Nacht gefragt, als sie Liebende geworden waren. »Bist du bereit dafür?«, hatte sie geflüstert. »Ich bin es, wenn du es bist«, hatte er geantwortet und es auch so gemeint. Er hatte es wirklich geglaubt…

Arthas umfasste ihre Hände und versuchte verzweifelt, die Gefühle auszudrücken, die ihn durchströmten. »Ich muss noch so viel lernen. So viel Ausbildung absolvieren. Und Vater braucht mich. Uther muss mir noch so vieles beibringen, und Jaina, wir sind immer Freunde gewesen. Wir haben uns immer so gut verstanden. Kannst du mich jetzt verstehen? Können wir immer noch Freunde sein?«

Ihre blutleeren Lippen öffneten sich, doch kein Wort drang zunächst daraus hervor. Ihre Hände lagen schlaff in seinen. Fast verzweifelt drückte er sie.