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Es war schon gut in der zweiten Woche, als Arthas etwas fand, was ihm Hoffnung gab. Sie hatten in verschiedenen Richtungen gesucht, nachdem die ersten Kundschafter Scharen von Untoten erspäht hatten.

Sie fanden die Untoten – in Einzelteilen, auf dem gefrorenen Boden verteilt. Bevor Arthas auch nur einen Gedanken fassen konnte, gerieten seine Männer unter Feuer.

»In Deckung!« rief Arthas und sie warfen sich hinter was sie gerade finden konnten – Bäume, Felsen, selbst Schneeverwehungen. So schnell er begonnen hatte, so schnell endete der Angriff auch, und jemand rief etwas.

»Zum Teufel noch mal! Ihr seid keine Untoten! Ihr lebt ja alle!«

Es war eine Stimme, die Arthas vertraut war und die er niemals in diesem verlassenen Land erwartet hätte. Er kannte nur eine Person, die so enthusiastisch fluchen konnte, und einen Augenblick lang vergaß er, warum er hier war, wonach er suchte, und spürte nur Freude und schöne Erinnerungen an eine lange vergangene Zeit.

»Muradin?«, rief Arthas vor Schreck und Freude. »Muradin Bronzebart, seid Ihr es?«

Der stämmige Zwerg trat hinter einer Reihe Waffen hervor und blickte sich vorsichtig um. Der finstere Blick auf seinem Gesicht wurde durch ein breites Grinsen ersetzt. »Arthas, Junge! Ich hätte nie geglaubt, dass Ihr zu unserer Rettung kommen würdet.«

Der Zwerg trat vor, sein buschiger Bart war noch dichter geworden, als Arthas sich aus seiner Jugendzeit erinnerte – wenn das überhaupt möglich war. Seine Augen waren runzliger, aber sie blitzten jetzt vor Vergnügen. Er breitete die Arme aus, ging auf Arthas zu und umarmte den Prinzen. Arthas lachte – beim Licht, es war so lange her, dass er das letzte Mal gelacht hatte – und drückte seinen alten Freund und Lehrer. Erst als sie sich voneinander lösten, erfasste Arthas die Bedeutung von Muradins Worten.

»Rettung? Muradin, ich wusste nicht mal, dass Ihr hier seid. Ich bin hier, um…« Er schloss den Mund und verschluckte die Worte. Er wusste nicht, wie Muradin reagieren würde, und deshalb lächelte er den Zwerg einfach an. »Das kann alles warten«, sagte er stattdessen. »Kommt, mein alter Freund. Wir haben ein Basislager, nicht weit von hier entfernt. Sieht so aus, als könntet Ihr und Eure Männer eine warme Mahlzeit vertragen.«

»Wenn Ihr auch Bier habt, dann sage ich gerne ja«, lächelte Muradin.

Es herrschte eine feierliche Stimmung, als Arthas, Muradin, sein Stellvertreter Baelgun und die anderen Zwerge in das Camp einmarschierten, das kaum Platz in der niemals endenden Kälte des Ortes beanspruchte. Arthas wusste, dass die Zwerge an ein solch kaltes Klima gewöhnt und ein kräftiges, starkes Volk waren. Doch ihm fielen die dankbaren und erleichterten Blicke auf, die über die bärtigen Gesichter huschten, als man ihnen Schüsseln mit dampfendem, heißem Eintopf gab. Es war sehr schwer, doch Arthas hielt sich mit Fragen zurück, die er die ganze Zeit stellen wollte, bis Muradin und seine Männer versorgt waren. Dann winkte er Muradin zu sich heran, um mit ihm ein Stück vom Zentrum des Lagers wegzugehen, wo sein eigenes Zelt aufgebaut war.

»So«, sagte er, als sein ehemaliger Lehrer das heiße Essen mit der Regelmäßigkeit einer dieser scheinbar unzerstörbaren gnomischen Maschinen in sich hineinschaufelte. »Und nun sagt: Was macht Ihr hier oben eigentlich?«

Muradin schluckte das Essen hinunter und spülte mit einem Schluck Bier nach. »Nun, Junge, das ist nicht unbedingt etwas, was wir jedem erzählen.«

Arthas nickte verstehend. Nur ein paar Mitglieder der Flotte, die er befehligte, kannten die ganze Geschichte, warum sie in Nordend waren. »Ich begrüße Euer Vertrauen in mich, Muradin.«

Der Zwerg schlug ihm auf die Schulter. »Ihr seid erwachsen geworden, Junge. Wenn Ihr den Weg in dieses verdammte Land gefunden habt, habt Ihr auch das Recht, zu erfahren, was ich und meine Männer hier machen. Ich suche nach einer Legende.« Seine Augen glitzerten, als er etwas Bier trank, sich den Mund abwischte und fortfuhr: »Meine Leute waren schon immer an seltenen Gegenständen interessiert, das wisst Ihr ja.«

»Allerdings.« Arthas erinnerte sich daran, etwas gehört zu haben, dass Muradin bei der Gründung einer Gesellschaft geholfen hatte, die sich Forscherliga nannte. Ihre Basis lag in Eisenschmiede und die Mitglieder reisten um die Welt, um Wissen und archäologische Schätze zu sammeln. »Also wart Ihr wegen der Liga hier?«

»Aye, genau. Ich bin schon viele Male hier gewesen. Merkwürdiges, fesselndes Land. Gibt seine Geheimnisse nicht leicht preis… und das macht es so spannend.« Er beendete seine Mahlzeit und holte ein ledergebundenes Tagebuch hervor, das schon bessere Zeiten erlebt hatte. Mit einem Grunzen gab er es Arthas. Der Prinz nahm es und begann, mit dem Daumen durch die Seiten zu blättern. Es enthielt Zeichnungen von Tieren, Landschaftsmerkmalen und Ruinen, Hunderte davon. »Hier gibt es mehr, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.«

Arthas schaute auf die Bilder und war gezwungen zuzustimmen. »Die meiste Zeit ist es nur Forschung«, fuhr Muradin fort. »Lernen.«

Arthas schloss das Buch und gab es Muradin zurück. »Als Ihr von uns überrascht wurdet, also herausgefunden habt, dass wir keine Untoten sind, wie lange wart Ihr da schon hier – und was habt ihr herausgefunden?«

Muradin kratzte den letzten Rest Eintopf aus der Schüssel, wischte sie mit einem Kanten Brot sauber und aß auch den auf. Er seufzte ein wenig. »Ah, ich vermisse die Kekse von Eurem Palastbäcker.« Er fingerte nach seiner Pfeife. »Und um auf Eure Frage zu antworten, lange genug, um zu wissen, dass hier etwas nicht stimmt. Da wächst… eine Kraft. Sie ist böse und sie wird immer böser. Ich habe mit Eurem Vater darüber gesprochen. Ich glaube, dass diese Kraft nicht lange nur in Nordend bleiben wird.«

Auf einmal kämpfte Arthas gegen Besorgnis und Aufregung an und versuchte, gefasst zu wirken. »Glaubt Ihr, sie könnte eine Gefahr für meine Leute sein?«

Muradin lehnte sich zurück und entzündete die Pfeife. Der Geruch seines Lieblingstabaks, seine Vertrautheit, war tröstend in diesem fremden Land und reizte Arthas’ Nase. »Aye, das glaube ich. Ich denke, es hat mit der Erschaffung dieser lästigen Untoten zu tun.«

Arthas beschloss, dass es an der Zeit war, sein Wissen zu teilen. Er redete schnell, aber ruhig, erzählte Muradin von dem verseuchten Korn. Er berichtete von Kel’Thuzad und dem Kult der Verdammten und seiner eigenen ersten schrecklichen Begegnung mit den veränderten Bauern. Er erzählte darüber, wie er von Mal’Ganis erfahren hatte, einem waschechten Schreckenslord, der hinter der Seuche steckte, und unterrichtete Muradin von dessen spöttischer Einladung hierher nach Nordend.

Er erwähnte Stratholme nur indirekt. »Die Seuche war selbst bis dorthin vorgedrungen«, sagte er. »Ich habe sichergestellt, dass Mal’Ganis keine weiteren Leichen mehr bekommen hat für seine kranken Zwecke.« Das war genug. Es war alles wahr, doch er war sich nicht sicher, ob Muradin die schreckliche Notwendigkeit verstehen würde. Jaina und Uther hatten es nicht, dabei hatten sie immerhin mit angesehen, wogegen Arthas antrat.

Muradin grunzte. »Üble Sache das. Vielleicht kann ja das Artefakt, nach dem ich suche, von Nutzen im Kampf gegen den Schreckenslord sein. Selbst unter den magischen Gegenständen nimmt es eine besondere Stellung ein. Die Informationen darüber sind erst vor Kurzem aufgetaucht, doch seitdem wir davon erfahren haben – nun, wir haben lange und hart danach gesucht. Haben ein paar besondere magische Gegenstände eingesetzt, um es aufzuspüren, aber bislang hatten wir noch kein Glück.« Er löste seinen Blick von Arthas und sah an dem Prinzen vorbei in die Wildnis. Einen Augenblick lang wurde das Leuchten in den Augen schwächer, wurde von einer Düsterkeit ersetzt, die dem jüngeren Arthas nie aufgefallen war.

Arthas wartete, brannte vor Neugierde, wollte aber nicht wie das ungeduldige Kind wirken, an das sich Muradin zweifelsfrei noch erinnern konnte.