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Muradin konzentrierte sich erneut und musterte Arthas intensiv. »Wir suchen nach einer Runenklinge namens Frostgram.«

Frostgram. Arthas spürte einen leichten Schauder. Ein merkwürdiger Name für eine legendäre Waffe. Runenklingen waren nicht unbekannt, doch sie waren extrem seltene und schreckliche Waffen. Er blickte zu dem Hammer hinüber, der gegen den Baum lehnte, wo er ihn nach der Entdeckung von Muradin hingestellt hatte. Es war eine schöne Waffe und er hatte sie in Ehren gehalten. Obwohl das Licht in letzter Zeit manchmal schwächer zu leuchten schien.

Doch eine Runenklinge…

Eine plötzliche Gewissheit durchdrang ihn, als hätte das Schicksal in sein Ohr geflüstert. Nordend war groß. Sicherlich war es kein Zufall, dass er Muradin getroffen hatte. Wenn er Frostgram besaß – konnte er damit Mal’Ganis gewiss schlagen. Die Seuche beenden. Sein Volk retten. Der Zwerg und er waren aus einem Grund zusammen. Die Vorhersehung war am Werk.

Muradin redete und Arthas richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. »Wir sind hierhergekommen, um Frostgram zu finden, doch je näher wir ihm kamen, auf desto mehr Untote sind wir gestoßen. Ich bin zu alt, um das für einen Zufall zu halten.«

Arthas lächelte sanft. Also glaubte auch Muradin nicht an einen Zufall. Die Zuversicht in ihm wuchs. »Ihr glaubt, dass Mal’Ganis uns daran hindern will, es zu finden«, murmelte Arthas.

»Ich glaube, dass er nicht besonders glücklich wäre, wenn Ihr mit so einer Waffe auf ihn einschlagt, das stimmt.«

»Es klingt, als könnten wir einander helfen«, sagte Arthas. »Wir helfen Euch und der Liga, Frostgram zu finden, und Ihr helft uns gegen Mal’Ganis.«

»Ein guter Plan«, stimmte Muradin ihm zu. Der Rauch stieg von ihm in blauschwarzen Wolken auf. »Arthas, mein Junge… habt Ihr vielleicht noch ein wenig von dem Bier?«

Die Tage vergingen. Muradin und Arthas verglichen ihre Aufzeichnungen. Sie hatten jetzt zwei Aufträge – Mal’Ganis und das Runenschwert. Schließlich beschlossen sie, dass es das Beste wäre, sich nach innen vorzuarbeiten und die Flotte nordwärts zu schicken, um dort ein neues Lager zu errichten. Sie mussten nicht nur gegen die Untoten kämpfen, sondern auch gegen ausgehungerte, bösartige Wolfsrudel, merkwürdige Wesen, die halb Marder und halb Mensch waren, und eine Trollrasse, die hier im kalten Norden beheimatet schien, so wie ihre Vetter in den dampfenden Dschungeln des Schlingendorntals.

Muradin war nicht so überrascht wie der Menschenprinz, solche Wesen hier zu finden. Offensichtlich lebten kleine Gruppen dieser »Eistrolle«, wie sie genannt wurden, nahe der Zwergenhauptstadt Eisenschmiede.

Arthas erfuhr von Muradin, dass die Untoten hier eine Basis hatten. Merkwürdige, pyramidenähnliche Gebäude pulsierten vor dunkler Magie, die zu einer älteren Rasse gehörte, welche vermutlich ausgestorben war. Denn die ehemaligen Bewohner schienen keinerlei Widerstand geleistet zu haben. Also musste man nicht nur die wandelnden Toten selbst vernichten, sondern auch deren Zufluchten.

Dennoch schien Arthas seinem Ziel nicht näher zu kommen. Es gab zwar ausreichend Spuren von Mal’Ganis’ Schergen, aber keine von dem Schreckenslord selbst.

Muradins Suche nach Frostgram war auch nicht erfolgreicher. Die Hinweise, selbst die aus magischer Quelle, engten das Suchgebiet zwar ein, aber bislang blieb die Runenklinge nur eine Legende.

An dem Tag, an dem sich die Dinge änderten, hatte Arthas schlechte Laune. Er kam aus dem provisorischen Reiselager, hungrig, müde, und ihm war kalt. Wieder war ein Streifzug erfolglos gewesen. Er war derart wütend, dass es mehrere Sekunden dauerte, bis er verstand, was geschah.

Die Wachen standen nicht auf ihren Posten. »Was zum…« Er richtete den Blick auf Muradin, der augenblicklich zu seiner Axt griff.

Es lagen keine Leichen herum. Wenn die Untoten in ihrer Abwesenheit angegriffen hätten, wären die Leichen wiederauferstanden als die grausamste Methode einer Rekrutierung, die die Welt kannte. Doch es hätte Blut zu sehen sein müssen, hätte Spuren eines Kampfes geben müssen… doch da war nichts.

Vorsichtig bewegten sie sich vorwärts. Das Lager war verlassen – abbruchbereit, bis auf eine Handvoll Männer. Sie blickten auf, als Arthas ankam, und grüßten ihn. Als Antwort auf seine ungestellte Frage sagte ein Hauptmann namens Luc Valonfort: »Euer Vater, Milord, hat unsere Truppen auf Lord Uthers Anweisung zurückgerufen. Die Expedition ist abgesagt.«

Ein Muskel zuckte unter Arthas’ linkem Auge. »Mein Vater – hat meine Truppen zurückgerufen? Weil Uther es ihm nahelegte?«

Der Hauptmann wirkte nervös und blickte zu Muradin, dann antwortete er: »Aye, Sire. Wir wollten auf Euch warten, doch der Bote bestand auf sofortigen Vollzug. Alle Männer sind nach Nordwesten gezogen, um sich dort mit der Flotte zu treffen. Unser Kundschafter hat uns darüber informiert, dass die Straßen von den Untoten gehalten werden, deshalb bahnen sie sich einen Weg durch die Wälder. Ich bin mir sicher, Ihr werdet sie schnell einholen, Sire.«

»Natürlich«, sagte Arthas und zwang sich zu lächeln. Innerlich kochte er jedoch vor Wut. »Entschuldigt mich einen Moment.« Er legte eine Hand auf Muradins Schulter und lenkte den Zwerg etwas abseits, wo sie in Ruhe sprechen konnten.

»Ähm, es tut mir leid. Es ist frustrierend, dass wir einpacken müssen…«

»Nein.«

Muradin blinzelte. »Wie bitte?«

»Ich gehe nicht zurück. Muradin. Wenn meine Krieger mich verlassen, werde ich Mal’Ganis nie besiegen! Diese Seuche wird niemals aufhören!« Obwohl er sich bemühte, erhob sich seine Stimme bei dem letzten Wort und ein paar neugierige Blicke wurden in ihre Richtung geworfen.

»Junge, es ist Euer Vater. Der König. Ihr könnt seinen Befehl nicht widerrufen. Das wäre Hochverrat.«

Arthas schnaubte. Vielleicht wird mein Vater ja zum Verräter an seinem eigenen Volk, dachte er, sagte es aber nicht.

»Ich habe Uther seines Ranges enthoben. Ich habe den Orden aufgelöst. Er hat kein Recht, das zu tun. Vater wurde betrogen.«

»Nun, dann müsst Ihr das klären, wenn Ihr wieder zurück seid. Erklärt es ihm, wenn alles so ist, wie Ihr sagt. Aber Ihr könnt den Befehl nicht verweigern.«

Arthas warf seinem Gegenüber einen harschen Blick zu. Wenn alles so ist, wie ich es sage? Unterstellte ihm der verdammte Zwerg, dass er log?

»Mit einer Sache habt Ihr recht«, sagte er. »Meine Männer folgen treu der Befehlskette. Sie würden sich niemals weigern, abzurücken, wenn sie einen direkten Befehl hätten.« Er rieb sich gedankenvoll das Kinn und lächelte, als die Idee Gestalt annahm. »Das ist es! Wir nehmen ihnen einfach die Möglichkeit, nach Hause zu fahren. Dann verweigern sie den Befehl nicht – sie können ihn einfach nicht befolgen.«

Muradins buschige Augenbrauen zogen sich runzelnd zusammen. »Wie meint Ihr das?«

Als Antwort warf ihm Arthas ein wölfisches Lächeln zu und verriet ihm den Plan.

Muradin schien schockiert. »Ist das nicht ein bisschen viel, Junge?« Sein Tonfall verriet, dass er das tatsächlich glaubte.

Arthas ignorierte ihn. Muradin hatte nicht gesehen, was er gesehen hatte. Und war nicht gezwungen gewesen zu tun, was er getan hatte. Er würde es verstehen, noch früh genug. Wenn sie schließlich Mal’Ganis gegenübertraten.

Arthas wusste, dass er den Schreckenslord besiegen würde. Er musste es einfach. Er würde die Seuche beenden, die Bedrohung für sein Volk. Denn die Zerstörung der Schiffe wäre nicht mehr als eine Unannehmlichkeit – ein vergleichsweise geringer Preis, wenn man ihn mit dem Überleben der Bürger von Lordaeron verglich.

»Ich weiß, es klingt dramatisch, doch es muss so sein. Es muss.«

Ein paar Stunden später stand Arthas am Vergessenen Strand und beobachtete, wie die gesamte Flotte ein Raub der Flammen wurde.