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Arthas spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Der Meister des Schreckenslords… sprach zu ihm durch Frostgram? Aber… wie konnte das sein? War das ein letzter Trick? War er getäuscht worden und direkt in Mal’Ganis Klauenhände gelaufen?

»Was sagt er, junger Mensch?« Das Lächeln erschien erneut. Es war der Gesichtsausdruck von jemandem, der etwas wusste, wovon der andere nichts ahnte. Der Schreckenslord freute sich. »Was sagt der Dunkle Lord der Toten dir jetzt?«

Das Flüstern kam wieder, doch diesmal war es Arthas, der lächelte. Auf seinem Gesicht lag derselbe Ausdruck, den der Schreckenslord trug. Jetzt wusste er etwas, von dem Mal’Ganis nichts ahnte.

Arthas wirbelte Frostgram über seinen Kopf, die riesige Klinge lag leicht und anmutig in seiner Hand. Dann nahm er die Angriffshaltung ein. »Er sagt mir, dass die Zeit für meine Rache gekommen ist.«

Die grünen, leuchtenden Augen weiteten sich. »Was? Er kann doch unmöglich meinen…«

Arthas griff an.

Die mächtige Runenklinge hob und senkte sich. Der Schreckenslord wurde überrascht. Doch die Überraschung währte nur eine Sekunde lang. Gerade noch rechtzeitig erhob er seinen Stab, um den Schlag abzuwehren. Er sprang zur Seite. Die großen Fledermausflügel erzeugten einen Windstoß, der Arthas’ blondes Haar verwirbelte.

Doch der Prinz verlor weder das Gleichgewicht noch wurde er langsamer. Er griff immer wieder an, kühl und kontrolliert, doch gleichzeitig schnell und tödlich wie eine Viper. Die Klinge leuchtete vor Verlangen. Ein Gedanke drängte sich ihm in den Sinn: Frostgram giert…

Und ein Teil vom ihm erwiderte mit einem Schauder der Angst: Giert wonach?

Das war egal. Er, Arthas, gierte nach Rache und er würde sie bekommen. Jedes Mal, wenn Mal’Ganis einen Zauber zu wirken versuchte, war Frostgram da und schlug den Schreckenslord, schlitzte sein Fleisch auf, bis der Augenblick kam, da es den Todesstoß ausführen konnte.

Arthas spürte Frostgrams Vorfreude, sein Verlangen, und er brüllte auf, als er mit der Runenklinge in einem leuchtenden blauen Bogen eine saubere Furche über Mal’Ganis Körper zog.

Dunkles Blut spritzte in hohem Bogen heraus, verteilte sich auf dem Schnee, als der Schreckenslord fiel. Erstaunen lag auf seinem Gesicht. Er hatte nicht geglaubt, dass er besiegt werden könnte.

Einen Moment lang stand Arthas da, der Wind und der Schnee wirbelten um ihn herum, das Leuchten von Frostgrams Klinge, die teilweise vom dunklen Dämonenblut bedeckt war, erhellte die herrliche Szenerie.

»Es ist vollbracht«, sagte er leise.

Nur dieser Teil der Reise, junger Prinz, wisperte Frostgram – oder war es wirklich der Dunkle Lord, von dem Mal’Ganis gesprochen hatte? Arthas wusste es nicht und es war ihm auch egal. Vorsichtig beugte er sich hinab und wischte die Klinge im Schnee ab. Doch da ist noch mehr. So viel mehr. Du könntest so viel Macht haben. So viel Wissen und Kontrolle.

Arthas erinnerte sich daran, wie Muradin die Inschrift gelesen hatte. Seine Hand wanderte zu seinem Herzen, ohne dass er es sofort merkte. Die Klinge war jetzt ein Teil von ihm und er war ein Teil von ihr.

Der Schneesturm wurde schlimmer. Überrascht erkannte Arthas, dass er überhaupt keine Kälte mehr spürte. Er straffte sich, hielt Frostgram fest und sah sich um. Der Dämon lag steif zu seinen Füßen. Die Stimme – entweder die Frostgrams oder des mysteriösen Dunklen Lords – hatte recht.

Da gab es mehr. So viel mehr.

Und der Winter würde es ihn lehren.

Arthas Menethil blickte in den Schneesturm und konnte es kaum erwarten.

Arthas wusste, dass er sich sein ganzes Leben lang an die Glocken erinnern würde. Sie wurden nur zu Staatsanlässen geläutet – bei einer königlichen Hochzeit, der Geburt eines Erben, der Beerdigung eines Königs… all den Dingen eben, die für ein Königreich wichtig waren. Doch heute wurden sie zur Feier seines Tages geläutet.

Er, Arthas Menethil, war heimgekehrt.

Er hatte die Nachricht von seinem Sieg vorausgeschickt. Hatte berichtet, dass er entdeckt hatte, wer hinter der Seuche steckte. Erklärt, wie er den Verursacher gesucht und besiegt hatte. Und er hatte diesen Tag seiner glorreichen Rückkehr zu seinem Geburtsort angekündigt.

Als er zu Fuß über die Straße zur Hauptstadt schritt, wurde er von Jubel und Applaus empfangen – dem Dank einer ganzen Nation, die von ihrem geliebten Prinzen vor einer Katastrophe bewahrt worden war. Er nahm ihre Huldigungen an, doch vor allem wollte er seinen Vater nach so langer Zeit wiedersehen.

»Ich möchte allein mit dir sprechen, Vater, und dir wichtige Dinge berichten, die ich erfahren und erlebt habe«, hatte er in dem Brief geschrieben, der ein paar Tage zuvor mit einem berittenen Boten gekommen war. »Du hast sicherlich mit Jaina und Uther gesprochen. Ich kann mir gut vorstellen, was sie dir erzählt haben – sie haben versucht, dich gegen mich einzunehmen. Ich versichere dir, ich habe nur getan, was dem höheren Wohl der Bürger von Lordaeron dient. Am Ende habe ich den Verursacher dieser Seuche vernichtet und ich kehre siegreich heim, bereit, eine neue Ära für das Königreich einzuläuten.«

Seine Männer hinter ihm waren so still wie er, sie hielten ihre Gesichter bedeckt. Die Menge schien deren Anteilnahme an seiner Heimkehrfeier nicht zu brauchen. Die mächtige Zugbrücke wurde gesenkt und Arthas schritt darüber. Die jubelnde Menge war auch hier. Es waren nicht nur einfache Menschen, sondern auch Diplomaten und niedere Adelige. Aber auch Würdenträger der Elfen, Zwerge und Gnome, die hier zu Besuch waren. Sie standen nicht im Hof, sondern auf den darüber thronenden Zuschauerbalkonen. Rosenblätter, rosa, weiß und rot, sanken auf den heimkehrenden Helden des Landes herab.

Arthas erinnerte sich daran, wie er einst geglaubt hatte, dass Jaina an ihrem Hochzeitstag von diesen Blüten umgeben sein würde. Wie sie auf ihr Gesicht fielen, das von einem Lächeln erhellt war, ihm zugewandt, bereit, ihn zu küssen.

Jaina…

Bewegt von dem Bild fing er eins der Blütenblätter mit seiner gepanzerten Hand auf. Er ergriff es gedankenverloren, dann runzelte er die Stirn, als ein Fleck darauf erschien. Der Makel wuchs vor seinen Augen an, trocknete das Blütenblatt aus und zerstörte es, bis es eher braun als rot auf seiner Handfläche lag. Wie beiläufig warf er das tote Blatt weg und ging weiter.

Er öffnete die großen Tore zum Thronsaal, den er so gut kannte, trat vor und sah seinen Vater mit einem Lächeln an, das zum größten Teil durch die Kapuze verborgen war. Arthas kniete huldigend nieder, hielt Frostgram vor sich gerichtet. Seine Spitze berührte das Siegel, das in den Boden gearbeitet war.

»Ah, mein Sohn. Ich bin froh, dass du wohlbehalten wieder zu Hause bist«, sagte Terenas und erhob sich ein wenig unsicher.

Er sah schlecht aus, fand Arthas. Die Ereignisse der letzten Monate hatten den Monarchen altern lassen. Sein Haar war jetzt grauer, seine Augen wirkten müde.

Aber alles würde in Ordnung kommen.

Du musst dich nicht länger für dein Volk aufopfern. Du musst nicht mehr länger die Last der Krone tragen. Ich habe mich um alles gekümmert.

Arthas erhob sich, seine Rüstung klapperte bei jeder Bewegung. Er hob eine Hand, schlug die Kapuze zurück und beobachtete die Reaktion seines Vaters. Terenas’ Augen weiteten sich, als er die Veränderung an seinem einzigen Sohn bemerkte.

Arthas’ Haare, einst so blond wie der Weizen, von dem das Volk lebte, waren nun weiß wie ein Knochen. Er wusste, dass sein Gesicht so bleich war, als hätte man das Blut daraus entfernt.

Es ist an der Zeit, flüsterte Frostgram in seinem Geist. Arthas ging auf seinen Vater zu, der auf der Empore stehen geblieben war und unsicher schaute. Mehrere Wachen waren im Raum postiert, doch sie waren keine Gegner für ihn, Frostgram und die beiden Männer, die ihn begleiteten. Arthas ging direkt zu den mit Teppich bedeckten Stufen und fasste seinen Vater am Arm.