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In seiner Raserei vergaß er, dass Amanda die einzige Frau war, die er jemals geliebt hatte. Nach zwei Ehefrauen und weiß Gott wie vielen Mätressen hatte er Amanda aufrichtig geliebt. Aber sie liebte ihn nicht. Er wusste es. Sie hat immer nur diesen Bastard Fuchs geliebt und liebt ihn wahrscheinlich noch immer, sagte er sich. Sie bekommt dieses Baby nur, um mich zu besänftigen. Kochend vor Wut schwor er sich, dass, wenn sein Sohn nicht vollkommen war, er ihn töten lassen würde, ehe er den Geburtsraum noch verließ.

Und sie gleich mit, knurrte Humphries lautlos.

Er riss die Tür zur Geburtsstation auf und schreckte die Krankenschwester auf, die im Vorzimmer saß. Sie hatte die Maske abgenommen, in aller Gemütsruhe etwas von einem Palmtop-Monitor abgelesen und eine Kaffeetasse in der Hand gehalten.

Doch nun sprang sie auf und verschüttete Kaffee auf dem Teppichboden. »Mr. Humphries!«

Er stapfte an ihr vorbei.

»Ich würde nicht dort hineingehen, Sir. Es gibt nichts …«

Humphries ignorierte sie und ging durch die Tür zum Geburtsraum. Amanda lag im Bett, bewusstlos oder schlafend, schweißgebadet und bleich wie der Tod. Drei Frauen in grünen Kitteln und Masken standen an einer Seite des Bettes. Humphries sah, dass Amanda ungeschminkt war. Ihre Augen waren geschlossen, ihr blondes Haar war schweißverklebt. Und trotzdem sah sie so schön, so verletzlich aus wie Prinzessin Tausendschön aus dem Märchen. Seine Wut verrauchte.

Eine der Schwestern — eine stämmige, breitschultrige Person — kam auf ihn zu und verstellte ihm die Sicht auf seine Frau. »Sie tragen keinen Kittel!«, zischte sie hinter ihrer Maske hervor.

Zornig ging Humphries wieder ins Vorzimmer und ließ sich von der Krankenschwester einen Arztkittel und eine Maske geben. In weniger als fünf Minuten trug er Plastik-Überschuhe, eine Maske und Handschuhe und hatte sich eine alberne Kappe über die Ohren gezogen.

Er ging in den Geburtsraum zurück. Es war unheilverkündend still. Amanda hatte sich nicht bewegt. Das einzige Geräusch im Raum war das langsame Klicken eines der Monitoren, die ums Kopfende des Bettes angeordnet waren. Humphries starrte auf die Maschinen. Das Klicken schien vom Herzmonitor zu kommen, der Amandas Herzschläge zählte. Es klang quälend langsam.

»Also«, flüsterte er der Hebamme zu, »wie geht es ihr?« Die Frau sog die Luft ein und erwiderte: »Es hat ein paar Komplikationen gegeben.«

»Komplikationen?«

»Ihr Herz. Durch die Anstrengung bei der Geburt ist das Herz sehr stark belastet worden.«

»Ihr Herz?«, blaffte Humphries. Er richtete einen Finger wie eine Pistole auf die Kardiologin und fragte schroff: »Was ist mit der Hilfspumpe?«

»Sie verrichtet ihre Arbeit«, sagte die Kardiologin mit fester Stimme. »Aber es gibt Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.«

»Wird sie durchkommen? Wird sie das alles unbeschadet überstehen?«

Die Hebamme wandte den Blick ab.

Er packte sie an der Schulter. »Mein Sohn. Ist er in Ordnung?«

Sie schaute ihn wieder an, aber ihr Blick war unstet. »Dem Baby wird nichts fehlen, Mr. Humphries. Sobald wir es aus seiner Mutter herausgeholt haben.«

Plötzlich begriff Humphries. Sie wird sterben. Amanda wird sterben! Die einzige Frau, die ich in meinem Leben geliebt habe, wird bei der Geburt meines Sohns sterben.

Seine Knie gaben nach. Er wäre fast zusammengebrochen, aber dieselbe stämmige Krankenschwester, die ihn vorhin des Raums verwiesen hatte, ergriff nun mit starker Hand seinen Arm und hielt ihn auf den Füßen.

»Wir tun, was wir können«, sagte die Hebamme, während die Schwester Humphries durch die Tür führte und auf einen Stuhl im Vorzimmer setzte.

Humphries sackte auf den Stuhl und hörte kaum die Worte, die im Flüsterton zwischen den Krankenschwestern gewechselt wurden. Die Krankenschwester drückte ihm eine Tasse dampfenden Kaffees in die Hand. Er goss ihn demonstrativ auf den Teppich. Sie schaute überrascht, wich dann zurück und blieb an der Tür zum Geburtsraum stehen. Wie Humphries dort saß, wurden seine Gedanken mit jedem Moment düsterer.

Fuchs. Er ist der Quell allen Übels. Das ist alles nur seine Schuld. Sie liebt ihn noch immer. Sie bekommt dieses Baby nur, um mich zufrieden zu stellen und seinen stinkenden Arsch zu retten. Wenn sie nun stirbt, dann sind alle meine Versprechungen hinfällig. Ich werde diesen Hurensohn finden und ihn töten. Ich werde Harbin und jedes Schiff, das ich da draußen im Gürtel habe, auf ihn ansetzen. Und selbst wenn ich tausend Schiffe brauchte, ich werde ihn zu Tode hetzen. Ich werde ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen. Ich werde seine Eier auf kleiner Flamme rösten lassen.

Ich …

Der erste Schrei eines Babys, das das Licht der Welt erblickte, unterbrach seine Litanei der Wut.

Humphries sprang auf. Die Krankenschwester stand noch vor der Tür, die sich langsam öffnete. Die Hebamme kam heraus und zog sich die Maske vom Gesicht. Sie sah müde aus.

»Mein Sohn?«, wollte Humphries wissen.

»Der Junge ist wohlauf«, sagte die Frau ohne ein Lächeln. »Morgen oder übermorgen werden wir die üblichen Tests mit ihm machen, aber er scheint soweit normal entwickelt zu sein. Ein wenig mager, aber das ist nicht ungewöhnlich für ein Frühchen.«

Mager, sagte Humphries sich. Aber er ist in Ordnung. Er wird wachsen. Ich werde einen gesunden Sohn haben.

»Ihre Frau …«, murmelte die Hebamme.

»Ist sie in Ordnung?«

Die Ärztin schüttelte den Kopf.

»Amanda?«

»Sie hat es leider nicht geschafft, Sir. Ihr Herz blieb stehen, und wir vermochten sie nicht wiederzubeleben.«

Humphries starrte die Frau mit offenem Mund an. »Sie ist tot? Amanda ist tot?«

»Es tut mir sehr Leid, Mr. Humphries«, sagte die Hebamme und wich seinem Blick aus. »Wir haben alles Menschenmögliche getan.«

»Er hat sie umgebracht«, murmelte Humphries. »Der Bastard hat sie umgebracht.«

»Es ist aber nicht die Schuld des Babys«, sagte die Hebamme und blickte ihn erschrocken an.

»Er hat sie umgebracht«, schrie Humphries.

Habitat Chrysallis

Pancho ließ alles stehen und liegen und flog mit Vollschub nach Ceres, wobei sie den Flug von Selene in knapp unter dreißig Stunden bewältigte.

Als ihr Fusionsschiff das Habitat im Orbit um Ceres erreichte und an einer der Luftschleusen andockte, empfand Pancho es als wohltuend, wieder eine Gravitation von einem Sechstel Ge zu verspüren. Habe mich schon so lang in der Mondgravitation aufgehalten, dass es mir inzwischen ganz normal vorkommt, sagte sie sich. Sie marschierte durch den Hauptgang der miteinander verbundenen Raumschiffe und steuerte Big Georges Unterkunft an.

Als er seinerzeit zum Verwaltungschef der Felsenratten gewählt worden war, hatte George bekräftigt, dass er sich weder ein protziges Büro einrichten noch unnötig viel Personal einstellen würde. Im Lauf der Jahre hatte er sich auch an diese Vorgaben gehalten — in gewisser Weise. Das Büro befand sich noch in Georges Unterkunft; nur dass sein Quartier langsam, aber stetig sich ausgebreitet hatte, bis es die ganze Länge eines der Raumschiffsmodule einnahm, aus denen Chrysallis bestand.

»Nur eine Seite des Durchgangs«, rechtfertigte George sich grollend, als Pancho ihn deshalb aufzog. »Und ich habe keinen einzigen Mitarbeiter angestellt, den ich nicht wirklich gebraucht hätte.«

Georges »Büro« war noch immer das Wohnzimmer seines Quartiers. Er hatte keinen Schreibtisch, nur bequeme Möbel, die aus verschrotteten Raumschiffen stammten. Nun saß er auf einem Liegesitz, der einmal eine Pilotenliege gewesen war. Pancho hatte sich quer auf einen ähnlichen Sitz gesetzt und ließ die langen Beine über die Armlehne baumeln.