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Gormley warf einen flüchtigen Blick aufs Radar. »Kiesel«, sagte er grinsend. »Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«

Der Sudanese entgegnete nichts, sagte sich aber, nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste, bis wir dort hineinfliegen. Er nahm sich vor, sich von diesen ›Kieselsteinen‹ fern zu halten, wohin auch immer die Beute flüchtete.

Victoria Ferrer war mit einem einteiligen Minirock-Kostüm bekleidet, dessen vorderer Reißverschluss halb offen war. In den hochhackigen Softboots hatte sie Mühe, mit Martin Humphries Schritt zu halten, der zügig den Gang zwischen dem Kinderzimmer und seinem Büro entlangschritt.

»Schicken Sie das Balg auf die Erde«, sagte er schroff. »Ich will es nicht wiedersehen.«

Ferrer konnte die Zahl seiner Besuche im Kinderzimmer an den Fingern einer Hand abzählen. Sie müsste allerdings zugeben, dass das Zimmer eher wie die Intensivstation eines Krankenhauses wirkte als wie ein übliches Kinderzimmer. Der knapp ein halbes Jahr alte kleine Van Humphries müsste noch immer in einer speziellen Hochdruckkammer liegen, um genug Luft in die kleine Lunge zu bekommen. Das Baby war dürr, kränklich, und Humphries hatte keine Geduld für einen Schwächling.

»Wäre es nicht doch besser, ihn hier zu behalten?«, fragte sie, während sie neben Humphries her eilte. »Wir haben hier alle notwendigen Einrichtungen und können alle Spezialisten anfordern, die das Baby braucht.«

Humphries warf ihr einen kalten Blick zu. »Sie lieben den Kümmerling, stimmt's?«

»Er ist doch ein hilfloses Baby.«

»Und Sie glauben, wenn Sie sich um ihn kümmern, würde das Ihre Karriere fördern? Sie glauben, Ihr Arbeitsplatz würde sicherer, wenn Sie diesen Kümmerling bemuttern?«

Sie wirkte erschüttert. »Dieser Gedanke ist mir nie gekommen!«

»Natürlich nicht.«

Ferrer blieb wie angewurzelt stehen und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Mr. Humphries, Sir. Wenn Sie glauben, ich würde Ihren Sohn zu meinem Vorteil benutzen, irren Sie sich gewaltig. So durchtrieben bin ich nun wirklich nicht.«

Er blieb ein paar Schritte weiter auf dem Gang stehen und musterte sie. Sie wirkte aufrichtig und schien richtig zornig auf ihn zu sein. Humphries lachte insgeheim über ihr Bild, die Augen in rechtschaffener Empörung funkelnd und die Fäuste in die Hüften gestemmt. Schöne Hüften, fand er. Die Art und Weise, wie sie atmet, ist auch sexy.

»Wir werden sehen, wie heißblütig Sie heute Abend sind«, sagte er, drehte sich um und ging weiter den Gang entlang. »Ich will, dass das Balg zur Erde geschickt wird. Zu meinem Familiensitz in Connecticut, oder was davon noch übrig ist. Dort ist auch sein Bruder. Ich habe genug Personal und Privatlehrer dort, um eine Universität zu gründen. Richten Sie dort ein Krankenzimmer für ihn ein und veranlassen Sie, dass die besten Ärzte der Erde sich um ihn kümmern. Sorgen Sie nur dafür, dass er mir nicht unter die Augen kommt. Ich will ihn nicht mehr sehen. Nie wieder.«

Ferrer sputete sich, um ihn einzuholen. »Angenommen, es gelingt den Ärzten, ihn zu heilen und gesund zu machen. Vielleicht mit Nanotherapie oder …«

»Falls und wenn dieser glückliche Tag eintritt, werde ich noch mal darüber nachdenken. Bis dahin halten Sie ihn aber von mir fern. Verstanden?«

Sie nickte unglücklich. »Verstanden.«

Gereizt und verärgert ging Humphries in sein Büro und schmetterte die Tür hinter sich zu. Ich schicke den Kümmerling nach Connecticut. Alex ist da unten. Mein echter Sohn. Mein Klon. Er gedeiht prächtig. Ich hätte dieses jämmerliche kleine Balg schon am ersten Tag loswerden sollen, an dem Tag, als seine Mutter starb. Ich habe schon einen Sohn; da brauche ich nicht noch diese halbe Portion.

Als er an den Schreibtisch kam, sah Humphries, dass eine Nachricht von Grigor auf ihn wartete. Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl und befahl dem Telefon, ihn mit dem Sicherheitschef zu verbinden.

Grigor erschien vor Humphries' Schreibtisch; er saß in seinem Büro, ein paar Meter den Gang entlang, und wirkte so düster und mürrisch wie eh und je.

»Was gibt's?«, fragte Humphries ohne Umschweife.

»Die Astro-Flottille, die im Gürtel zusammengezogen wurde, jagt unsere Yamagata-Mannschaft — wie geplant.«

Humphries senkte den Kopf einen knappen Zentimeter. »Dann klappt das Computer-Kriegsspiel also, stimmt's?«

»Es läuft gemäß der Simulation ab. Gormley geht mit Volldampf in die Falle.«

»Gut. Rufen Sie mich an, wenn es vorüber ist.« Humphries wollte die Verbindung schon unterbrechen, fügte dann aber noch hinzu: »Schicken Sie mir die Videoaufzeichnung, sobald sie verfügbar ist.«

Grigor nickte. »Ich glaube, dass Sie es genießen werden«, sagte er freudlos.

»Sie drehen ab«, sagte Gormley, den Blick auf den Navigationsbildschirm geheftet. »Folgen Sie ihnen! Geschwindigkeit erhöhen. Lassen Sie sie nicht entkommen!«

Der sudanesische Adjutant stellte mit Erleichterung fest, dass die drei fliehenden feindlichen Schiffe sich von der Gruppe der kleinen Felsen entfernten, denen sie sich ursprünglich genähert hatten. Sie wollen sich genauso wenig der Gefahr aussetzen wie ich, sagte er sich.

»Wir sind in Schussweite«, sagte der Waffenoffizier.

»Ziele aufgefasst?«

Ohne auch nur einen Blick auf die Konsole zu werfen, sagte der weibliche Waffenoffizier: »Fünf Laser sind auf jedes der feindlichen Schiffe ausgerichtet, Sir.«

»Greifen Sie sie von hinten an«, sagte Gormley. »Auch wenn sie gepanzert sind, die Schubdüsen sind es nicht. Halten Sie auf die Düsen drauf, bis sie manövrierunfähig sind.«

Natürlich, sagte der Sudanese sich. Seine Aufmerksamkeit galt aber noch immer diesen kleinen Felsen an Steuerbord. Merkwürdig, so kleine Objekte ohne einen größeren Asteroiden in der Nähe zu sehen, von dem sie sich gelöst haben mussten. Sie sind wie ein tückisches Riff im Meer, das nur darauf wartet, dass ahnungslose Schiffe an ihm zerschellen. Für jemanden, der fernab vom Meer aufgewachsen ist, bist du ein guter Seemann geworden, sagte er sich.

Harbin hörte die Besorgnis in der Stimme seines Piloten. »Sie schießen auf uns! Sie schießen auf uns alle drei.«

»Auf diese Entfernung können sie keinen großen Schaden anrichten«, sagte er ruhig.

»Wenn sie aber unsere Schubdüsen …« Der Pilot drehte sich auf dem Sitz um und sah Harbins vorgeschobenes Kinn. »Sir«, fügte er artig hinzu.

»Alle Schiffe die Steigung um drei Grad erhöhen«, befahl er.

»Machen Sie die Felsen klar«, sagte er zu seinem Ersten Offizier.

»Sie manövrieren!«, sagte der Waffenoffizier im Singsang.

Gormley sah es auf dem Navigationsbildschirm. »Halten Sie sie im Visier. Lassen Sie sie nicht entkommen!«

Sogar der Sudanese hatte die Aufmerksamkeit von den kleinen Gesteinsbrocken abgewandt, die sich nun ziemlich weit an Steuerbord befanden, und konzentrierte sich auf die Kampfhandlungen. Die feindlichen Schiffe manövrierten synchron, was freilich unklug war. Wenn ein Verband gejagt wurde, war es ratsam, sich aufzufächern, um den Verfolgern die Zielerfassung zu erschweren.

Das Kollisionswarnradar blökte.

»Was, zum Teufel, ist das?«, schrie Gormley.

Der Navigationsschirm schaltete automatisch um und zeigte ein paar Dutzend metergroße Felsbrocken, die auf Gormleys Schiffe zurasten. Der Sudanese erkannte glühende Wolken aus Abgas-Plasma, die die Felsen auf sie zutrieben.

Wie einfach, sagte er sich. Man positioniere kleine Felsen mit Plasmaraketen und Steuerchips, locke den Feind zu ihnen hin und lasse die Felsen dann mit den feindlichen Schiffen kollidieren. So einfach. Und so tödlich.

Die Felsen bewegten sich mit hoher Geschwindigkeit, als sie die Schiffe der Astro Corporation rammten. Sie zerrissen die Schiffe wie Hochgeschwindigkeitsgeschosse, die auf Blechbüchsen abgefeuert wurden. Einer krachte in die Brücke der Antares, durchschlug den behelmten Kopf des Piloten und trat an der anderen Seite der Brücke wieder aus, während der enthauptete Körper der Frau überall Blut verspritzte. Entsetzensschreie ertönten im Helmkopfhörer des Sudanesen. Mit einem wüsten Fluch schaltete er das Anzugsfunkgerät ab, als sein Sitz aus der Verankerung auf dem Schiffsdeck gerissen wurde, und flog durch das klaffende Loch in der Brücke, wo der Felsbrocken eingeschlagen hatte. Er spürte, wie der linke Arm brach, und wurde von einer stechenden Schmerzwelle betäubt, die ihm über den Rücken lief. Dann fühlte und hörte er nichts mehr.