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Einen Moment im ewigen Erlöschen, Einen Moment darfst du das Leben kosten.

»Wir sind vom Suchradar erfasst worden«, meldete der Pilot.

Harbin nickte. »Sie wissen, dass wir hier sind.«

»Sie nähern sich uns aber nicht.«

»Nein«, erwiderte Harbin. »Zwei Begleitschiffe werden nicht drei von uns angreifen. Sie werden sich in der Nähe des Frachters halten und darauf warten, dass wir den ersten Zug machen.«

»Welchen Zug sollen wir denn machen, Sir?«

»Behalten Sie nur den parallelen Kurs in dieser Entfernung bei.« Harbin drehte sich zur Funktechnikerin um, die neben dem Piloten saß, und fügte hinzu: »Achten Sie darauf, dass unsere beiden anderen Schiffe uns dichtauf folgen.«

Wie sollen wir diese zwei Begleitschiffe vom Frachter trennen, fragte Harbin sich, als die Funktechnikerin die Anweisungen weitergab. Wenn wir sie angreifen, fliegen wir in ihr massiertes Feuer. Ich muss einen Weg finden, sie zu isolieren.

Für lange, Nerven zerreißende Minuten flogen die zwei kleinen Formationen parallel zueinander — zu weit entfernt voneinander, als dass sie Energie für Laserschüsse hätten vergeuden wollen, die nur von den Schutzschirmen aus Asteroidengeröll absorbiert worden wären. Die Astro-Schiffe verließen eilig den Gürtel in Richtung Erde, um die große Erzladung des Frachters zu den Märkten zu bringen.

»Wir werden in fünfundvierzig Minuten Treibstoff-Bingo erreichen, Sir«, meldete der Pilot.

Harbin quittierte die Warnung mit einem Kopfnicken. ›Treibstoff-Bingo‹ bedeutete den Wendepunkt. Der maximale Aktionsradius der Samarkand und ihrer zwei Begleitschiffe von der Versorgungs-Basis auf Vesta.

Wie isoliere ich diese Begleitschiffe vom Frachter, fragte Harbin sich von neuem. Er ging im Geiste einen Plan nach dem anderen durch und stöberte in den vorprogrammierten Plänen des taktischen Computers. Nichts, mit dem er etwas anfangen konnte. Jedoch stellte er zufrieden fest, dass die Datenbank des Computers auch seine eigene Taktik gegen Gormley enthielt.

Und da kam ihm die zündende Idee.

»Sie beide«, sagte er und wies mit dem Finger auf die Funktechnikerin und die Waffenmeisterin. »Gehen Sie zur Haupt-Luftschleuse und legen Sie Raumanzüge an. Sofort!«

Sie lösten die Sicherheitsgurte und gingen zur Luke der Brücke. Als sie meldeten, dass sie die Raumanzüge angelegt hätten, ging Harbin ebenfalls zur Luftschleuse und sagte ihnen, was sie zu tun hatten. Keiner von ihnen gefiel die Vorstellung, nach draußen zu gehen — er sah das sogar durch die dicken Helmvisiere an ihren Gesichtern. Das war Harbin jedoch egal. Es gab keine andere Möglichkeit, seinen Plan in die Praxis umzusetzen.

Er ging zur Brücke zurück und bezog wieder Position auf dem Kommandantensitz. Der Erste Offizier beobachtete die beiden Technikerinnen, wie sie die Luftschleuse verließen und Harbins Befehle ausführten. Nach einer halben Stunde meldeten sie, dass sie das elektrostatische Feld erfolgreich entladen hatten, das die Felsbrocken der Panzerung dicht um die Schiffshülle hielt.

»Ein paar Felsen bewegen sich nun«, meldete die Waffenmeisterin mit belegter Stimme. »Die meisten behalten aber ihre Position an der Hülle bei.«

»Gut«, sagte Harbin gepresst. »Kommen Sie wieder an Bord.«

»Jawohl, Sir.« Er hörte förmlich die Erleichterung in ihren Stimmen. Sie waren Techniker, keine ausgebildeten Astronauten. Weltraumspaziergänge waren bestimmt nicht ihr Metier.

Während sie sich in der Luftschleuse aus den Raumanzügen schälten, befahl Harbin dem Piloten, zu wenden und die Astro-Schiffe mit hoher Geschwindigkeit abzufangen. Die anderen zwei HSS-Schiffe sollten ihren Kurs beibehalten.

Die zwei Technikerinnen kehrten mit Mühe an ihre Plätze zurück, als die Fusionstriebwerke der Samarkand das Schiff mit einem vollen Ge und noch mehr beschleunigten. Harbin hörte Metall stöhnen und ächzen, während das Trio der Astro-Schiffe auf dem Hauptbildschirm sichtlich größer wurde.

Die gelösten Steine des Trümmer-Schilds wurden durch die Masse des beschleunigenden Schiffs mechanisch mitgeschleppt, wurden aber nicht mehr vom elektrostatischen Feld an der Hülle festgehalten. Harbin hörte dumpfe Schläge, als ein paar Brocken sich vom Schiff lösten, doch folgten die meisten schön den Newton'schen Gesetzen und blieben am Rumpf des Schiffs hängen.

Harbin sah, dass die Astro-Kriegsschiffe sich zur Abwehr seines Angriffs formierten. Er spürte, wie ihm kalter Schweiß an den Rippen herunterrieselte. Sobald wir die Steine losgeschickt haben, sind wir nicht mehr vor ihren Lasern geschützt, sagte er sich. Aber sie werden zu sehr mit der Abwehr beschäftigt sein, als auf uns zu schießen. Hoffte er jedenfalls.

»Gegenschub«, befahl er. »Mit einem halben Ge abbremsen.«

Der Pilot versuchte, das Schiff sanft zu verzögern, doch Harbin hatte noch immer das Gefühl, als ob ihm die Eingeweide aus dem Leib gerissen würden. Die Fernmeldetechnikerin stöhnte wie ein waidwundes Tier, und das ganze Schiff schien zu knarren und mit metallischem Kreischen zu protestieren.

Während das Schiff verzögerte, bewegten die paar tausend Steine des Geröllschilds — faustgroß und kleiner — sich in einer geraden Linie fort und rasten durch ihre Masseträgheit unbeirrbar auf die Astro-Schiffe zu.

»Um hundertachtzig Grad wenden«, blaffte Harbin.

Die abrupte schlingernde Wende war nun doch zu viel für die Fernmeldetechnikerin; sie erbrach und krümmte sich über die Armlehne ihres Sitzes. Die Samarkand war schließlich keine Rennjacht. Das Schiff drehte sich wie in Zeitlupe nach rechts. Ein paar der verbliebenen Gesteinsbrocken prallten mit einem dumpfen Poltern gegen die Hülle, bei dem sogar der Pilot mit angstgeweiteten Augen aufschaute.

Harbin indes konzentrierte sich nur auf den Hauptschirm.

Die Astro-Schiffe befanden sich genau auf dem Kurs der dahinrasenden Gerölllawine, die vor kurzem noch der Schutzschirm der Samarkand gewesen war. Die Kollision stand unmittelbar bevor.

»Halten Sie die Gesteinsbrocken zwischen uns und ihnen«, sagte Harbin zum Piloten. »Wir können sie noch immer als Schutzschild nutzen.«

Der Bildschirm wurde nun vom Geröll ausgefüllt. Harbin sah ein kurzes Aufblitzen von Laserlicht, als eins der Astro-Kampfschiffe in die sich nähernde Lawine feuerte. Mit der Armlehnen-Tastatur vergrößerte er das Blickfeld der Anzeige.

Die Astro-Kapitäne wussten, was Gormley widerfahren war. Für ein paar Sekunden behielten sie ihre Formation bei, doch dann verloren sie die Nerven. Die aus zwei Kampfschiffen bestehende Eskorte teilte sich auf und ließ den schwerfälligeren Frachter auf dem Kurs der sich nähernden Steine im Stich.

Der Frachter versuchte noch, der Lawine auszuweichen, doch er war zu langsam und träge, um das Manöver noch rechtzeitig auszuführen. Immerhin gelang es dem Kapitän, das Schiff so weit zu drehen, dass die Asteroidenerzladung die größte Wucht des Aufpralls abfing.

Harbin verfolgte fasziniert, wie der Gesteinshagel den Frachter traf. Die meisten Brocken prallten gegen die schwere Erzladung, die das Schiff in den Auslegerbügeln trug. Harbin sah Funken und Staubwolken, als die Steine in der Lautlosigkeit des Raums aufeinander prallten.

»Ich möchte nicht auf diesem Schießstand sein«, murmelte der Erste Offizier.

Harbin wandte für einen Moment den Blick vom Bildschirm ab und sah, dass die Waffenmeisterin sich um die Nachrichten-Technikerin kümmerte, die benommen auf ihrem Sitz saß.

Die Steine prasselten weiter auf den Frachter. Harbin sah flüchtig glitzernden Dampf wabern, der sich schnell verzog. Muss das Besatzungsmodul getroffen haben, sagte er sich. Das war entweichende Luft.

»Wo sind die beiden Begleitschiffe?«, fragte er laut.

Der Pilot gluckste. »Auf dem Rückweg nach Selene, wie es aussieht.«