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Wieso auch nicht, sagte Harbin sich. Sie haben kein Schiff mehr zum Eskortieren. Wieso sollten sie einen Kampf drei gegen zwei riskieren?

Er rief seine zwei anderen Schiffe und befahl ihnen, auf ihrer Position zu bleiben, falls die zwei Astro-Kampfschiffe doch noch zurückkehrten. Dann befahl er dem Piloten, die Samarkand näher ans Wrack des Frachters heranzubringen.

»Wir müssen ihm den Rest geben«, sagte er.

»Soll ich Verbindung zu ihm aufnehmen?«, fragte der Pilot. »Ich könnte die Kommunikations-Konsole übernehmen, Sir.«

Harbin schüttelte den Kopf. Er hatte kein Bedürfnis, mit den Überlebenden zu sprechen, falls überhaupt jemand an Bord des Frachters überlebt hatte. Sein Job bestand nun in der endgültigen Zerstörung des Schiffs — was bedeutete, dass jeder, der noch lebte, sterben würde.

»Nicht nötig, mit ihnen zu reden«, sagte er dem Piloten. Dann wandte er sich an die Waffenmeisterin: »Gehen Sie wieder auf Ihren Posten und machen die Laser scharf. Wird Zeit, diesen Auftrag zu beenden.«

Selene: Astro-Kommandozentrale

Admiral Wanamaker hätte eigentlich erwartet, dass seine Nachrichtenoffizierin aufgeregt wäre oder wenigstens beunruhigt. Stattdessen machte sie einen unheimlich ruhigen — und entschlossenen — Eindruck.

»Willie«, sagte er, »ich kann Sie nicht auf diese Mission schicken. Ich bin sicher, Sie kennenden Grund dafür.«

Tashkajian blieb vor seinem Schreibtisch stehen und schaute ihn aus dunklen Augen fest an. »Diese Mission ist meine Idee, Sir. Ich glaube nicht, dass ich von anderen erwarten sollte, Risiken einzugehen, die ich selbst nicht bereit hineinzugehen.«

»Aber ich brauche Sie hier, Willie«, sagte Wanamaker sanft, um ihren Stolz nicht zu verletzen. »Sie sind meine Nachrichtenoffizierin, und eine verdammt gute noch dazu. Ich kann es mir nicht leisten, Sie zu verlieren.«

Ihre unerschütterliche Pose geriet ins Wanken. »Aber Sir, es ist nicht richtig, dass ich hier bleibe, während die Besatzung in dieser Strahlen wölke in den Gürtel fliegt.«

Er lächelte. »Sie haben mir doch versichert, dass es völlig ungefährlich sei, Willie.«

»Ist es auch!«, platzte sie heraus. »Aber … es besteht immer ein Risiko, müssen Sie wissen …« Sie verstummte für einen Moment. »Verdammt, Sir, Sie wissen, was ich meine!«, sagte sie dann unwirsch.

»Ja, das weiß ich«, gestand er. »Aber Sie gehen trotzdem nicht. Sie haben eine Mannschaft zusammengestellt, und das Schiff ist bereit, im Schutz der Strahlenwolke zu starten und die HSS-Basis auf Vesta anzugreifen. Sie bleiben hier, wo Sie hingehören. Wo ich Sie brauche.«

»Das ist nicht fair, Sir!«

»Ich habe auch nicht die Absicht, fair zu sein. Dies ist ein Krieg, den wir ausfechten, und kein Sandkastenspiel.«

»Aber …«

»Das Schiff fliegt ohne Sie«, sagte Wanamaker so bestimmt, wie es ihm möglich war. »Das ist endgültig.«

»Willkommen in der Basis zum Leuchtenden Berg«, sagte Daniel Tsavo mit einem so strahlenden Lächeln, dass Pancho glaubte, seine Backenzähne zu sehen.

Er stand am Ende der flexiblen Röhre, die von der Basis-Luftschleuse zum Raumboot ausgefahren worden war.

Pancho verschob die Reisetasche auf der Schulter, ergriff seine ausgestreckte Hand und erwiderte sein Lächeln. Dann ließ sie den Blick schweifen. Die Ausstattung von Nairobi wirkte spartanisch und zweckmäßig. Kahle Metallwände. Eine verrippte Kuppel als Dach. Verschrammte und mit Mondstaub überzogene Zugmaschinen.

»War nett von Ihnen, mich einzuladen«, sagte Pancho, wohl wissend, dass sie sich selbst eingeladen hatte.

»Ich bin froh, dass Sie es hierher geschafft haben, bevor der Sonnensturm losbricht. Wir werden in der Sicherheit des Untergrundes sein, bevor die Strahlung das Maximum erreicht.«

»Hört sich gut an«, sagte Pancho.

Tsavo führte sie zu einer glänzenden Metall-Doppeltür. Sie glitt auf und enthüllte einen Aufzug.

»Der größte Teil der Basis ist natürlich unterirdisch«, sagte er und bedeutete ihr, den Fahrstuhl zu betreten.

»Wie Selene.«

»Wie Selene«, pflichtete er ihr bei, als die Türen sich schlossen und der Fahrstuhl so schnell in die Tiefe glitt, dass Pancho sich schier der Magen umstülpte.

Wanamaker war strikt gegen diesen Besuch gewesen. Als Pancho ihm gesagt hatte, dass sie in Kürze eine Besichtigung der Nairobi-Basis plante, hatte sein holografisches Gesicht sich versteinert.

»Pancho, die Vorstandsvorsitzende des Konzerns sollte sich nicht ganz allein in einen potenziell feindlichen Stützpunkt begeben.«

»Feindlich?« Panchos Brauen waren emporgeschnellt. »Nairobi ist doch nicht unser Feind.«

»Woher wollen Sie das denn wissen?«, hatte Wanamaker mit Nachdruck gefragt. »Sie sind im Krieg, Pancho, und jeder, der kein Verbündeter ist, ist ein potenzieller Feind.«

Pancho glaubte es nicht.

»Nehmen Sie wenigstens ein Sicherheitsteam mit«, verlangte Wanamaker.

»Ich kann auf mich selbst aufpassen.«

Während Tsavo sie durch die Tunnels der Nairobi-Basis führte, fragte Pancho sich aber doch, ob sie nicht ein zu großes Risiko eingegangen war. Die Anlage war größer, als sie erwartet hatte — viel größer. Es schien von Bautrupps in dunkelblauen Overalls nur so zu wimmeln: Sie bohrten, gruben und transportierten Ausrüstung auf elektrisch angetriebenen Minischleppern, wobei sie sich gegenseitig anbrüllten und jede Menge Radau machten. Der Lärm war unglaublich und unaufhörlich. Tsavo musste schreien, um sich verständlich zu machen. Und alles roch brandneu: Der Geruch nach frischer Farbe, Betonstaub, Sprüh-Schmierstoffen und Dichtungsmitteln lag in der Luft.

Pancho lächelte und nickte, während Tsavo sich heiser schrie, um ihr zu erklären, was hier ablief. Wohnquartiere sollten dort entstehen, Büros auf der anderen Seite des Korridors, Laboratorien, Lagerräume, ein großer Konferenzraum, den man auch in ein Theater verwandeln konnte, und das Basis-Kontrollzentrum: alles noch unfertig, Beton und Mondgestein und Pläne für die Zukunft.

Viele der Arbeiter waren Asiaten, wie Pancho sah.

»Leiharbeiter«, erklärte Tsavo, dessen Stimme mit jedem Wort rauer wurde. »Sie haben die erforderlichen Erfahrungen und Kenntnisse und kommen uns günstiger als die Ausbildung unserer eigenen Leute.«

Über Rampen mit der Beschriftung VORLÄUFIGER ZUGANG und durch Tunnels, deren Wände noch aus nacktem Fels bestanden, drangen sie immer tiefer in die Basis ein.

Meine Güte, sagte Pancho sich, dieser Ort ist riesig. Sie bauen hier eine richtige Stadt.

Sie wusste, dass die Miniboje, die ihre Nachrichtenleute ihr in der linken Hüfte unter die Haut gepflanzt hatten, imstande wäre, ein codiertes Signal durch den Fels zu senden. Jake hat sechs Satelliten im polaren Orbit stationiert, um mich im Auge zu behalten, erinnerte sie sich; sie sind nah genug, um mein Signal die ganze Zeit aufzufangen. Mir wird schon nichts passieren. Sie wissen genau, wo ich bin.

Und doch dachte sie zum ersten Mal seit Jahren wieder an Elly. Pancho hatte sich immer sicher gefühlt, wenn Elly um ihren Knöchel gewickelt war. Der gentechnisch gezüchtete Miniatur-Krait war ihr treuer Leibwächter gewesen. Niemand belästigte sie mehr, sobald er wusste, dass sie von einer tödlichen Giftschlange beschützt wurde. Auch wenn Ellys Gift durch ein starkes Beruhigungsmittel ersetzt worden war. Die wenigsten Menschen hatten die Nerven, es darauf anzulegen, dass die Schlange zubiss. Klein Elly war nun schon seit über zehn Jahren tot, und Pancho hatte sich bisher nicht dazu durchgerungen, sich wieder einen solchen Begleiter zuzulegen. Dummes Schaf, schalt sie sich. Sentimental wegen einer Schlange, um Himmels willen.

Sie zupfte am Asteroiden-Saphir, der am linken Ohrläppchen hing. Wie Panchos übriger Schmuck hielten auch die Ohrringe Überraschungen bereit — Waffen, mit denen sie sich notfalls verteidigen konnte. Verdammt, sagte sie sich, hier unten gibt es aber eine kleine Armee. Es würde mir nie gelingen, mich durch all diese Menschen zu kämpfen.