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Harbin schaute flüchtig auf die Datenleiste, die am unteren Bildschirmrand durchlief. Etwas über zwölfhundert Kilometer entfernt. Das Objekt rotierte langsam und drehte sich alle paar Sekunden um die Längsachse.

»Größenschätzung«, blaffte er.

Zwei blinkende Cursors erschienen an beiden Enden des rotierenden Objekts. Eine blinkende alphanumerische Zeichenkette meldete 1,9 METER.

»Es ist zu klein für ein Schiff«, sagte der Pilot.

»Ein robotisches Fluggerät?«, fragte die Waffenmeisterin. »Vielleicht eine Art Mine?«

Harbin schüttelte den Kopf. Er wusste, worum es sich handelte. »Schalten Sie das Bild aus.«

»Aber was ist es?«, fragte die Nachrichtentechnikerin.

»Ausschalten!«

Der Bildschirm wurde dunkel. Alle vier Offiziere drehten sich mit fragenden Blicken zu ihm um.

»Es ist ein Mann«, sagte Harbin. »Oder eine Frau. Eine Person in einem Raumanzug. Eine Leiche. Im Kampf gefallen, wahrscheinlich schon vor Monaten.«

»Sollen wir …«

»Ignorieren Sie es«, blaffte er. »Es stellt keine Gefahr für uns dar, und es gibt auch nichts, was wir tun könnten. Ignorieren Sie es einfach.«

Die Offiziere schauten sich flüchtig an.

»Ein Opfer des Krieges«, sagte Harbin grimmig und erhob sich vom Kommandantensitz. »Vergessen Sie es. Ich werde wieder in mein Quartier gehen. Belästigen Sie mich nicht noch einmal mit Gespenstern.«

Er ging zu seiner Kabine zurück, entledigte sich der verschwitzten Uniform und streckte sich auf der Koje aus. Ich freue mich schon auf die Rückkehr nach Vesta, sagte er sich. Das Schiff braucht eine Überholung. Ich auch.

Der Krieg kann nicht mehr lang dauern, sagte er sich. Wir haben die meisten Astro-Schiffe aus dem Gürtel vertrieben. Sie werden wohl mit mehr zurückkommen, oder wir werden sie zerstören. Wir werden immer mehr von ihnen zerstören, bis sie schließlich aufgeben. Und was dann? Soll ich mich auf die Erde zurückziehen? Oder soll ich weiterarbeiten? Für einen Söldner gibt es immer Verdienstmöglichkeiten. Es gibt immer jemanden, der für den Tod von irgendjemand anders zu zahlen bereit ist.

Er schloss die Augen, um zu schlafen, doch stattdessen sah er eine Gestalt im Raumanzug langsam durch die mit Sternen gesprenkelte Leere taumeln, unablässig sich drehen, für alle Ewigkeit allein in der kalten, dunklen Leere — für immer allein.

Er riss die Augen auf. Harbin spielte mit dem Gedanken, sich einen Schuss zu setzen, der ihn würde schlafen lassen, aber er wollte nicht träumen. Also lag er stundenlang in der Koje wach und starrte auf das kahle Metall der Decke.

»Ich wünschte, ich könnte meine Leute anrufen und ihnen sagen, dass ich die Nacht hier verbringe«, sagte Pancho. »Wann steht diese Laserverbindung endlich?«

Daniel Tsavo — mit der Flasche in der Hand — schien sich plötzlich unbehaglich zu fühlen.

»Man wird schon wissen, dass Sie hier unten sicher sind«, sagte er mit einem etwas gezwungenen Lächeln. »Trinken wir ein Glas und hören wir auf, uns Sorgen zu machen.«

Pancho erwiderte sein Lächeln genauso gezwungen. »Sicher, wieso nicht? Sie machen die Flasche auf, während ich mich ein wenig frisch mache.«

Sie ging zur Toilette und schloss die Tür ab. Beim Blick auf die Armbanduhr sah sie, dass die Verbindung mit den Satelliten, die sie überwachen sollten, tot war. Sie versuchte die Telefonfunktion. Die funktionierte auch nicht.

Pancho lehnte sich gegen das Waschbecken. Ihre Gedanken jagten sich. Ich bin von der Außenwelt abgeschnitten. Er will, dass ich hier übernachte. Spaß und Spiele? Vielleicht, aber es steckt noch mehr dahinter als lustige Bettspiele. Diese Anlage ist riesig. Nairobi gibt mehr Geld für ihren Bau aus, als sie in den Büchern haben. Viel mehr. Sie haben einen potenten Sponsor.

Und dann kam ihr die Erleuchtung. Die Basis am Leuchtenden Berg! So bezeichnen die Japaner doch diesen Gebirgszug: die Leuchtenden Berge. Und dieses Zubringerschiff draußen trägt das Blau der Yamagata Corporation.

Yamagata steht hinter all dem, wurde Pancho schlagartig bewusst. Sie finanzieren Nairobi. Und nun haben sie mich hier; ich bin hier reinspaziert, und sie werden mich nicht einfach wieder gehen lassen.

Sie hörte den Knall eines Korken durch die dünne Tür der Toilette. Der gute alte Danny arbeitet also für Yamagata, sagte Pancho sich. Und ich wette, dass genug Zeug in diesem Champagner ist, dass es mir so richtig die Zunge löst.

Ich muss hier raus, sagte sie sich. Und zwar schnell.

Nobuhiko Yamagata schenkte den Verneigungen und gezischten Huldigungen seiner Untergebenen kaum Aufmerksamkeit. Er ging von der Zubringerrakete, mit der er auf dem Stützpunkt am Leuchtenden Berg gelandet war, direkt zu dem Raum, wo Pancho Lane befragt werden sollte. Es handelte sich um ein kleines Zimmer in der Krankenstation der Basis, wo sein Verhörtrupp um eine leere Rolltrage herumstand.

Vater hat Recht, sagte Nobu sich. Ich kann viel mehr von Pancho in Erfahrung bringen als diese Söldner.

Die Mannschaft war mit Kitteln und Masken bekleidet, als ob sie Ärzte darstellten. Zwei junge Frauen halfen Nobu in einen lindgrünen Chirurgenkittel. Nach ein paar Minuten war er mit einer Maske, Handschuhen und einer dieser albernen formlosen Kappen ausstaffiert, die ihm über die Ohren fiel.

Dann stellte er sich neben die Trage und wartete. Die Mitglieder des Verhörtrupps flankierten ihn stumm.

Es ist alles vorbereitet, sagte Nobuhiko sich. Alle sind hier außer Pancho.

Basis Leuchtender Berg

»Möchten Sie ein Glas Champagner?«, fragte Tsavo glatt und reichte Pancho eine der Kristallflöten, die er gefüllt hatte.

»Gern«, sagte Pancho und setzte ihr lieblichstes Lächeln für ihn auf.

Als er ihr das Glas reichte, ließ Pancho es aus den Fingern gleiten. Sie schaute mit Belustigung zu, wie das Glas in der sanften Mondschwerkraft langsam fiel und der Inhalt wie in Zeitlupe aus dem Glas schwappte. Pancho hätte das Glas noch zu ergreifen vermocht, ehe es sich entleerte, doch schaute sie stattdessen zu, wie der Champagner auf ihren Overall spritzte — und Tsavo stand mit einem Ausdruck des Entsetzens da.

»Ach, du lieber Gott«, sagte sie, als das Glas auf dem dicken Teppichboden landete. »Wie ungeschickt von mir.«

Tsavo hatte sich wieder soweit gefasst, um »Mein Fehler« zu sagen.

Pancho schaute an der mit Champagner benetzten Vorderseite des Overalls hinab und sagte: »Ich sollte das mal trocknen.« Sie ging zur Toilette zurück und hielt kurz inne, um einen ihrer Ohrringe abzunehmen und ihn auf den Nachttisch neben dem Bett zu legen.

Es gibt viele Möglichkeiten, einen Gegner unschädlich zu machen, der größer und stärker ist als man selbst, erinnerte Pancho sich, als sie die Toilettentür abschloss. Eine ist die Blendung des Hundesohns.

Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür und kniff die Augen zusammen, sah aber dennoch den Blitz hinter den geschlossenen Augenlidern. Tsavo schrie auf. Als Pancho die Toilettentür wieder geöffnet hatte, taumelte er durchs Schlafzimmer.

»Ich kann nichts mehr sehen!«, schrie er. »Ich bin blind!«

Er stieß gegen den Serviertisch, sodass die Flasche und der Kühler zu Boden fielen; dann sackte er mit einem schmerzlichen Stöhnen neben der Couch zusammen und rieb sich heftig die Augen.

»Ich bin blind! Ich bin blind!«

»'tschuldigung, Danny Boy«, sagte Pancho und schnappte sich die Reisetasche auf dem Bett. »Sie werden das Sehvermögen in ein paar Stunden oder so zurückerlangen.«

Sie verließ ihn — ein schluchzendes Häufchen Elend neben dem Sofa — und lief in den Gang hinaus.

Nun wollen wir mal sehen, wie es hier um die Sicherheit bestellt ist, sagte Pancho sich grinsend und rannte wie eine Gazelle durch den mit Teppichboden ausgelegten Korridor.

Fuchs hatte schon in Erwägung gezogen, im Hauptquartier der Astro Corporation anzurufen und mit einem von Panchos Assistenten zu sprechen, sich dann aber dagegen entschieden. Sie hätten weder die Befugnis, ihm die nötige Unterstützung zu gewähren, noch genug Verstand, um diese Notwendigkeit überhaupt zu erkennen. Fuchs wurde sich bewusst, dass er auf sich allein gestellt war, wo Pancho von der Bildfläche verschwunden war.