»Und feuern Sie diesen blöden Scheißkerl, der für die Sicherheit in meinem Haus verantwortlich war!«
»Unverzüglich, Sir.«
»Sie müssen sich ausruhen, Mr. Humphries«, sagte der Arzt milde tadelnd und legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Nach dieser Tortur …«
»Fuchs!«, keifte Humphries und schüttelte die Hand des Arztes ab. »Finden Sie ihn! Töten Sie den Bastard!«
»Wird gemacht, Sir.«
Humphries zeterte und schimpfte den ganzen Weg von der Rolltreppe in die luxuriöse Suite, die die Frau von der Personalabteilung für ihn reserviert hatte. Eine opulente Mahlzeit wartete auf einem Servierwagen im Salon. Humphries erteilte schroff Anordnungen und stellte Fragen, als er in die Suite stürmte und schnurstracks zur Toilette ging. Noch während er sich der verschwitzten Kleidung entledigte und sich unter die heiße Dusche stellte, schrie er die um ihn herumwuselnden Assistenten an.
»Noch etwas«, rief er aus der Dusche. »Schicken Sie meine Schadensachverständigen zum Anwesen runter und veranlassen Sie die Erstellung einer vollständigen Inventarliste. Das gottverdammte Feuer hat alles zerstört. Alles!«
Die Assistenten machten sich auf ihren Palmtops Notizen und huschten dann davon. Der Arzt wollte Humphries eine Beruhigungsspritze geben, aber er lehnte das ab.
»Aber Sie müssen sich doch ausruhen«, sagte der Arzt und retirierte vor dem Gezeter seines Brötchengebers.
»Ich werde mich ausruhen, wenn Fuchs' Leiche auf kleiner Flamme röstet«, erwiderte Humphries hitzig und schlüpfte in den Bademantel, in den der Leiter der Public Relations-Abteilung ihm hineinhalf.
Er stürmte ins Wohnzimmer, schaute grimmig auf das eigens für ihn angerichtete Essen und ließ dann den Blick über die Schar von Bediensteten, Assistenten und Managern schweifen.
»Raus! Sie alle! Verschwinden Sie, verdammt noch mal, von hier und lassen Sie mich in Ruhe!«
Sie eilten zur Tür.
»Sie!« Er wies auf Grigor. »Ich will Fuchs. Haben Sie mich verstanden?«
»Ich verstehe, Sir. Es ist schon so gut wie erledigt. Er kommt nicht von Selene weg. Wir werden ihn finden.«
»Sein Kopf oder Ihrer«, knurrte Humphries.
Grigor nickte mit einem noch verdrießlicheren Blick als üblich und zog sich mit einer veritablen Verbeugung zur Tür zurück.
Der Arzt stand unsicher mitten im Wohnzimmer; er hielt ein Fernmessgerät in der Hand. »Ich sollte Ihren Blutdruck messen, Mr. Humphries.«
»RAUS!«
Der Arzt zog sich zurück.
Humphries ließ sich auf die breite Couch fallen und betrachtete missmutig die abgedeckten Platten auf dem Servierwagen. Eine Flasche Wein — bereits entkorkt — stand in einem Kühler.
Er schaute auf und sah, dass alle gegangen waren. Alle außer der Blondine, die ihn von der Tür aus beobachtete.
»Wollen Sie, dass ich auch gehe?«, fragte sie mit einem warmen Lächeln.
Humphries lachte. »Nein.« Er klopfte aufs Sofakissen neben sich. »Setzen Sie sich zu mir.«
Sie war schlank, elfenhaft und trug ein Gewand, das die Schenkel nur zur Hälfte bedeckte. Humphries sah eine Tätowierung auf ihrem linken Knöcheclass="underline" eine dornige Ranke mit einer roten Rose.
»Der Arzt hat gesagt, Sie sollten sich ausruhen«, sagte sie mit einem schelmischen Lächeln.
»Er sagte auch, dass ich ein Beruhigungsmittel brauche.«
»Und eine Mütze voll Schlaf.«
»Vielleicht können Sie mir dabei helfen«, sagte er.
»Ich werde mein Bestes tun.«
Er fand heraus, dass ihr Name Tatiana Oparin war, dass sie in seiner Personalabteilung arbeitete, dass sie ehrgeizig war und dass sie sich freuen würde, die verblichene Victoria Ferrer als seine persönliche Assistentin zu ersetzen. Er fand auch heraus, dass die Rose um den Knöchel nicht ihre einzige Tätowierung war.
Grigor Malenkovich — ein stiller, aber aufmerksamer Beobachter — registrierte, dass Tatiana in Humphries' Suite zurückblieb. Gut, sagte er sich. Sie erfüllt ihren Zweck. Während Humphries mit ihr zugange ist, kann ich die Suche nach Fuchs in die Wege leiten, ohne dass er mir im Nacken sitzt.
Ich werde im Krankenhaus anfangen, sagte er sich. Alle vier Einbrecher sind dorthin gebracht worden. Sie stehen unter Bewachung. Bei einem von ihnen handelt es sich ohne Zweifel um Fuchs. Und wenn nicht, dann weiß er zumindest, wo Fuchs ist.
Er ging schnurstracks zum Krankenhaus, nur um sich dann von Selenes Sicherheitsbeamten sagen zu lassen, dass alle Leute, die vom Brandort gerettet worden waren, sich in Sicherheitsverwahrung befanden.
»Ich will ihnen nur ein paar Fragen stellen«, sagte Grigor.
Die Frau im korallenroten Overall von Selene lächelte ihn geduldig an. »Morgen, Mr. Malenkovich. Sie dürfen dabei sein, wenn wir sie befragen.«
Grigor zögerte für einen Moment und fragte dann: »Wieso nicht gleich? Wozu noch warten?«
»Die Mediziner sagen, dass sie Nachtruhe brauchen. Einer von ihnen wurde verwundet, müssen Sie wissen, und sie alle haben ziemlich viel durchgemacht.«
»Umso besser. Befragen Sie sie, solange sie müde und erschöpft sind.«
Die Frau lächelte wieder, diesmal aber gezwungen. »Morgen, Mr. Malenkovich. Sobald die Ärzte ihre Zustimmung erteilen. Wir werden morgen mit ihnen sprechen.«
Grigor ließ sich das durch den Kopf gehen. Es hatte keinen Sinn, sich mit Selenes Sicherheitsdienst anzulegen, sagte er sich. Außerdem genießt Humphries auch eine gute Nachtruhe — oder besser gute ›Nachtaktivitäten‹ …
»Sie können doch nicht ohne Genehmigung Patienten aus dem Krankenhaus holen«, sagte der jugendliche Arzt. Er hatte einen jungenhaften dunkelbraunen Pony. Wanamaker sagte sich, dass er beim weiblichen Krankenhauspersonal sicher gut ankam.
Er setzte seinen strengsten und grimmigsten Gesichtsausdruck auf.
»Das ist eine sicherheitsrelevante Angelegenheit der Astro Corporation«, insistierte er mit leiser, aber eisenharter Stimme.
Sie standen in der Aufnahme des Krankenhauses, einem wenig mehr als hüfthohen Schalter mit einem Computerterminal. Der Arzt war vom Computer angefordert worden, der das Zentrum normalerweise ohne menschliches Eingreifen führte. Wanamaker hatte bis Mitternacht gewartet, um Fuchs und seine Leute aus dem Krankenhaus herauszuholen. Die Nachtschicht war minimal besetzt. Er hatte sechs der größten und bärbeißigen Astro-Angestellten mitgebracht, die er aufzutreiben vermochte. Zwei von ihnen arbeiteten wirklich in der Sicherheits-Abteilung. Bei den anderen vier handelte es sich um zwei Mechaniker, einen Trainer von Astros privatem Fitness-Club und eine Vorstandsköchin.
Der Arzt schaute unsicher auf den Identifizierungs-Chip, den Wanamaker ihm auf Armlänge entgegenhielt. Er hatte ihn schon durchs Computerterminal der Aufnahme geführt und die Bestätigung erhalten, dass Jacob Wanamaker der Chef der Sicherheitsabteilung der Astro Corporation war.
»Ich sollte die Sicherheitsabteilung von Selene anrufen«, sagte der Arzt.
»Bewachen sie die vier denn nicht?«, fragte Wanamaker im Kasernenhofton — obwohl er ganz genau wusste, dass sie von einem seiner Leute abgezogen worden waren, der sich in ihr EDV-System gehackt hatte.
»Nicht in dieser Schicht«, sagte der Arzt. »Sie werden morgen um null acht hundert zurückkommen.«
»In Ordnung«, sagte Wanamaker. »Ich werde das morgen mit ihnen regeln. Fürs Erste habe ich die Anweisung, die vier zum Astro-Hauptquartier zu bringen.«
Wenn dieser junge Hund nicht nachgibt, werde ich ihn außer Gefecht setzen müssen, sagte Wanamaker sich. Er wollte das aber nicht tun. Er wollte, dass die Sache reibungslos über die Bühne ging.
Das Gesicht des jungen Mannes war zu glatt, um richtig die Stirn zu runzeln, aber er verzog das Gesicht und sagte:
»Dieses Krankenhaus untersteht dem Regierungsrat von Selene und nicht Astro oder sonst einem Konzern.«
Wanamaker nickte wissend. »Also gut. Setzen Sie sich mit Ihrem Regierungsrat in Verbindung und holen Sie die Zustimmung ein.«